Werbung Krise lässt viele Werbeagenturen in die Knie gehen

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Mitunter haben sich die Werber die Schieflage aber selbst zuzuschreiben: So verschafften sich viele jahrelang ein Zubrot über Kickbacks von Druckereien oder anderen Dienstleistern. Sie stellten Unternehmen Rechnungen mit überhöhten Beträgen etwa für Drucksachen aus. Das versteckte Plus kassierten sie dann, indem sie der Druckerei weniger überwiesen als auf der Rechnung stand. Ende der Achtzigerjahre, erinnert sich ein Werber, zahlte manche Agentur etwa ihrem Reinzeichner, der eine reproduktionsfähige Vorlage für den Druck erstellte, umgerechnet gut 30 Euro pro Stunde. Die Unternehmen mussten der Werbeagentur dafür 60 bis 80 Euro zahlen.

Zurück zum Kern

Die Zeiten sind vorbei: Je kostenbewusster die Kunden, desto mehr verlangen sie Transparenz. Sie vergleichen Preise – und drücken sie. Für Full-Service-Agenturen verschärft sich die Lage noch, weil Unternehmen bei der Auswahl etwa der Druckereien heute mehr Alternativen haben. Denn auch diese leiden unter Überkapazitäten und sinkenden Preisen.

Einige wie das Mediahaus Biering in München oder Evers Druck im schleswig-holsteinischen Meldorf haben längst ihr Angebot um Datenmanagement, Direktmarketing und einfache Kreativleistungen wie die Herstellung von Druckanzeigen erweitert. Zu neuen Konkurrenten sind auch Verlage und TV-Sender geworden: Sie bieten Anzeigenherstellung und Spot-Produktion an. „Vor allem die großen Agenturgebilde haben sich einen teuren Speckgürtel angefressen“, sagt der Kreative Zilligen, „dadurch geraten sie in Konkurrenzumfelder, in denen sie kaum eine Chance haben.“ Diese Art der Wertschöpfung „funktioniert heute nicht mehr“, sagt Tobias Albrecht, geschäftsführender Gesellschafter von Albrecht-Q, der Unternehmen bei Werbeproduktion und -logistik berät.

Flexible Teams statt starre Agenturen

Vor dem Hintergrund predigt Amir Kassaei: „Agenturen müssen ihr Geschäftsmodell in Richtung von Unternehmensberatungen weiterentwickeln“, so der Kreativkopf der Werbeagentur DDB. Dazu müssten sie schon bei der Entwicklung eines Produkts mit im Boot sitzen.

Für entlassene Werber hingegen sieht Cherrypicker-Chef Klein eine ganz andere Zukunft. Er rechnet mit einer Gründungswelle neuer, kleiner Agenturen, die sich wie Gewerke für Projekte zusammenfinden, gesteuert durch einen „Kommunikationsarchitekten“. Schlovsky-Chef Zilligen sieht das ähnlich: Er führt kein starres Agenturgebilde, sondern stellt Teams für Projekte zusammen: „Die Zeit der Generalisten ist vorbei – Werber sind Spezialisten für Ideenfindung und Strategie, und zu diesem Kern müssen wir zurück.“    

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