Wirtschaftspolitik Bosse gegen Schwarz-Gelb

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Im Frust über Schwarz-Gelb werden jetzt sehr viele Enttäuschungen zusammengerührt, große wie kleine. Am größten ist die Enttäuschung über den Kurswechsel in der Atompolitik. Hatte Merkel nicht im selbst ausgerufenen "Herbst der Entscheidungen" vor allem die Laufzeitverlängerung der Atommeiler in den Mittelpunkt ihrer Politik gestellt? War nicht Versorgungssicherheit das zentrale Argument? Hieß es nicht, dass im Falle des vorschnellen Atomausstiegs die Strompreise steigen würden?

Die Wirtschaft hasst steigende Preise. Und sie hasst Unklarheit. Die Deutsche Bahn etwa, der größte Stromverbraucher des Landes, gerät durch die Abschaltung des Atomkraftwerks Neckarwestheim 1 unter Druck. Bahnstrom hat eine andere Frequenz als der übliche Strom, und Neckarwestheim 1 und 2 sind die einzigen Meiler, in denen Atomenergie in Bahnstrom umgewandelt werden kann. Nun sucht die Bahn nach Alternativen.

Vielen Wirtschaftsbossen stieß das Atom-Moratorium sauer auf. Das erklärt auch die Protokollaffäre der vergangenen Woche: In einer Sitzung beim Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) hatte Wirtschaftsminister Rainer Brüderle das Aussetzen der Laufzeitverlängerung – laut BDI-internem Protokoll – mit den Wahlen erklärt. Viele Entscheidungen seien "daher nicht immer rational". Als das Protokoll öffentlich wurde, war die Atomwende der Regierung als taktisches Manöver entlarvt. In Unternehmerkreisen heißt es, das Protokoll sei gezielt durchgestochen worden – aus Ärger über Merkels Koalition, die ihre Politik prinzipienlos der Stimmungslage anpasse. In der Sitzung saßen rund 40 Wirtschaftsführer, darunter auch Chefs von Kernkraftbetreibern. Das Protokoll öffentlich zu machen sei der Versuch gewesen, Union und FDP "noch einen mitzugeben."

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