Ganz erkaltet war sie ja nie, aber nun ist die neu entflammt, die Liebe der Deutschen zum Betongold. Befeuert wird sie durch billige Baukredite, beinahe täglich neue Horrormeldungen um die gefährdete Stabilität des Euro und nicht zuletzt auch durch eine nicht zu unterschätzende Art Gruppendynamik, die dadurch entsteht, dass fast jeder mehr und mehr Freunde, Bekannte und Kollegen hat, die eine Immobilie gekauft haben oder kaufen möchten.
In der Folge steigen die Preise vor allem in den Metropolen inzwischen heftig; manche Viertel sind nahezu ausverkauft; andere, vor allem die bislang noch – relativ - günstigen so genannten 1B-Lagen von München (Laim, Giesing, Au…), Hamburg (Altona, Eimsbüttel, Eilbek…) und Berlin (Pankow oder Neukölln) legen die Preise im Vergleich zu vor zwölf Monaten gar um 30 Prozent und mehr zu. Auch einige Mittelstädte im Süden, wie Regensburg oder Freiburg, verzeichnen Preissteigerungen von 25 Prozent in einem Jahr.
Wer nicht kauft oder baut, der renoviert. Die Baumärkte sind voll wie nie, die Auftragsbücher der Handwerker auch. Selten genossen Handwerker aus baunahen Gewerken wie Installateure, Elektriker, Fensterbauer oder Dachdecker eine so gute Auftragslage (so lange sie nicht vorwiegend für die oft klamme öffentliche Hand bauen). Vor allem die Umsätze im Geschäft mit den Privatleuten hätten dabei 2011 und in den ersten Monaten 2012 überproportional zugenommen, berichten die Handwerkskammern und -verbände.
Der unglaubliche Boom
Der neue deutsche Immobilienboom begann vor etwa drei Jahren unter Wohlhabenden; diese fingen plötzlich an, ihr Geld wieder vermehrt in vermietete Immobilien zur Kapitalanlage anzulegen - eine Anlageform, die in Deutschland – auch unter dem Eindruck der gefährlichen Immobilienblasen, die sich rund herum in Süd- und Westeuropa aufgepumpt hatten – ein Schattendasein gefristet hatte.
Vermögensverwalter und -berater der Wohlhabenden registrierten ab etwa 2009 eine „vermehrte Bereitschaft, wieder Immobilien ins Portfolio zu nehmen; dahinter steckte in über 90 Prozent der Fälle eine mehr oder weniger diffuse Angst um die Stabilität des Geldes, speziell des Euro“, sagt der Münchner Vermögensverwalter Joachim Paul Schäfer von der PSM Vermögensverwaltung, der Privatkunden mit einem liquiden Vermögen von mehr als einer Million betreut.
Inzwischen hat der Immobilien-Boom „breite Bevölkerungsschichten erreicht", beobachtet der Stuttgarter Vermögensverwalter Max Schott, „das Spektrum reicht von der fünfköpfigen Familie, die sich die Raten fürs kleine Reihenhäuschen buchstäblich vom Munde abspart, bis zum mehrfachen Millionär, der sich die 10. oder 20. Immobilie zur Kapitalanlage zulegen will."
Also auch Menschen, die gar kein Geld durch Euro-Zerstörung und Inflation zu verlieren hätten, sind also vom Bau- und Wohnungskauf-Trend inzwischen angesteckt.
Die zehn häufigsten Fehler bei der Baufinanzierung
Vielen Bauherren wird zum Verhängnis, dass sie zu wenig eigenes Kapital für den Immobilienkauf angespart haben. 20 bis 30 Prozent Eigenkapital in der Baufinanzierung sollten es mindestens sein. Wer vermieteten Wohnraum kauft, sollte sich nicht von Finanzberatern überreden lassen, möglichst viel über Kredit zu finanzieren, um Steuern zu sparen. Das ist unsinnig, denn das Finanzamt zahlt maximal die Hälfte der Zinsen zurück.
Baugeld über 15 Jahre kostet derzeit etwa 3,0 Prozent pro Jahr. Wer baut oder kauft, sollte die Niedrigzinsen nutzen, um mehr zu tilgen. Ein Beispiel: Ein Bauherr nimmt 200.000 Euro zu 3,0 Prozent über 15 Jahre auf. Nach Ende der Zinsbindung steigt der Zins auf 5,0 Prozent. Tilgt er 2,0 Prozent pro Jahr ist er nach 28 Jahren und zehn Monaten schuldenfrei. Bei einer Tilgung von 1,0 Prozent pro Jahr dauert es 40 Jahre und acht Monate. Je länger die Baufinanzierung läuft, desto mehr Zinsen zahlt der Kreditnehmer.
Nicht alle Kosten, die die Bank für einen Baukredit berechnet, sind im effektiven Jahreszins enthalten. Einige Banken berechnen beispielsweise Bereitstellungszinsen, wenn das Darlehen bewilligt ist, aber nicht abgerufen wird, andere verzichten darauf. Diese Nebenkosten verteuern den Kredit. Wer diese Extras übersieht, schließt möglicherweise ein schlechteres Angebot ab.
Wer ein Haus baut oder eine gekaufte Immobilie saniert, muss immer mit bösen Überraschungen rechnen. Meist liegen die Baukosten höher als ursprünglich veranschlagt. Wenn das Ersparte und der Kredit nicht ausreichen, steht das Projekt auf der Kippe. Baufinanzierer sollten daher Mehrkosten von zehn bis 15 Prozent einplanen.
Viele Bauherren wollen selbst anpacken, um Geld zu sparen. Sie überschätzen oft ihre Fähigkeiten oder ihr Zeitbudget. Wenn dann doch Handwerker ranmüssen, stimmt die Kalkulation nicht mehr. Besser ist es, den Wert der Eigenleistung konservativ anzusetzen.
Baufinanzierungen laufen über 30, 35 Jahre. In dieser Zeit fallen weitere Kosten für die Instandhaltung und Sanierung der Immobilie an. Wer nach Zins und Tilgung sein Budget ausgeschöpft hat, kann die Substanz seiner Immobilie nicht erhalten. Immobilieneigentümer sollten daher pro Jahr mindestens ein Prozent des Immobilienwerts als Rücklage ansparen.
Eine Baufinanzierung ist ein Projekt mit vielen Unbekannten. Schicksalsschläge lassen sich weder einplanen noch vermeiden. Tod oder Berufsunfähigkeit des Hauptverdieners können die Angehörigen in finanzielle Not bringen. Ohne ausreichenden Versicherungsschutz, muss die Immobilie unter Umständen zwangsversteigert werden. Sinnvoll sind Risikolebensversicherungen und Berufsunfähigkeitsversicherungen.
Banken haben kein Interesse daran, bei sinkenden Marktzinsen, ihre eigenen Konditionen nach unten anzupassen. Wer nicht rechtzeitig umschuldet, zahlt für die Anschlussfinanzierung wahrscheinlich zu hohe Zinsen. Baufinanzierer sollten sich spätestens sechs Monate vor Auslaufen der Zinsbindung nach einer Anschlussfinanzierung umschauen. Dabei sollten sie auch Angebote von anderen Banken als nur von der Hausbank einholen.
Viele Kinder bekommen schon bei der Geburt einen Bausparvertrag. Sie sollen sich damit später ein eigenes Heim finanzieren. Wer allein auf Bausparen setzt, zahlt jedoch am Ende zu viel für seine Baufinanzierung. Meist sind Bankkredite günstiger. Das liegt an der ungünstigen Kombination aus unattraktivem Sparzins und niedrigem Bauzins. Besser ist es, in Eigenregie anzusparen und damit den Eigenkapitalanteil erhöhen.
Wer eine Immobilie finanziert, kann neben der klassischen Finanzierung über Bankkredit oder Bauspardarlehen auch eine Lebensversicherung zur Tilgung einsetzen. Der Bauherr spart dabei in eine Lebensversicherung und zahlt Zinsen für das Baudarlehen. Später tilgt das Guthaben aus der Lebensversicherung den Kredit. Risiko: Oft ist das Guthaben aus der Police zu klein. Es bleibt eine Restschuld, die der Immobilieneigentümer abstottern muss. Besser ist es, auf tilgungsfreie Darlehen ganz zu verzichten.
Neue Leidenschaft für Liegenschaft
Umfragen zufolge wünschen sich mehr als 75 Prozent der Deutschen die eigenen vier Wände, knapp 65 Prozent halten zudem Immobilien für eine gute Wertanlage in Zeiten des wackligen Euros und vermeintlich oder tatsächlich anziehender Inflation.
Folge: Die Deutschen im bau- und kauffähigen Alter (der durchschnittliche Immobilienkäufer ist 38) - noch vor wenigen Jahren ein Volk von modernen Nomaden mit befristeten Arbeits- und teuren Mietverträgen - stürzen sich plötzlich auf Häuser und Wohnungen, als gäbe es bald keine mehr.
Die meisten kaufen auf Kredit, im Schnitt finanzieren die Deutschen rund 70 Prozent der Kaufsummen fremd.
Die Hypotheken-Plattform Europace vermittelte in den ersten drei Monaten 2012 so viele Baukredite wie noch nie; mit 5,73 Milliarden Euro lag das Volumen der Immobilien-Kredite um 65 Prozent höher als im ersten Quartal 2011.