Bei den Superlativen setzt Apple auf Tradition. „Das iPhone 5 ist das beste Telefon, das wir je hergestellt haben“, prahlte Phil Schiller vollmundig bei der Präsentation der lange erwarteten Neuauflage von Apples Bestseller am Mittwochmittag in San Francisco. Doch die Spitzenleistung bemüht Apples Marketingchef bei nahezu jeder neuen Produktvorstellung. Das iPhone 5 – die sechste Generation - hat ein größeres Display, ist 1,7 Millimeter dünner, 28 Gramm leichter als das Vorgängermodell iPhone 4s. Sein – von Samsung gefertigter A6-Prozessor – soll die neueste Generation angeblich doppelt so schnell machen und trotzdem akkusparender sein. Und Apple hat die Datenfunktechnik LTE so integriert, dass sie – entsprechendes Netz vorausgesetzt – global funktioniert.
Doch diesmal – und das ist ungewöhnlich für den erfolgsverwöhnten kalifornischen Konzern – ist er nicht in der Pole Position. Apple fährt im Smartphone-Geschäft hinterher. Die Konkurrenz, vor allem Samsung, bietet schon seit Monaten Telefone an, die Apples iPhone 4s in puncto Hardware abhängen. Vor allem aber wirkt Samsungs Angebot überraschender und frischer, vermutlich einer der Gründe, warum Apple seinen Wettbewerber so vehement mit Patentklagen verfolgt.
Samsung ist Apple auf der Spur
Zwar stritt Apple ab, dass das am Mittwoch vorgestellte Modell eigentlich schon im vergangenen Jahr das Licht der Welt erblicken sollte und wegen Problemen mit dem Touchscreen vorübergehend zurückgestellt wurde. Stattdessen offerierten die Produktstrategen aus Cupertino mit dem iPhone 4s eine leicht verbesserte Variante des Vorgängermodells, die sich dank des exklusiv reservierten Sprachassistenten Siri auch besser als erwartet verkaufte.
Doch wegen des lange erwarteten iPhone 5 und den deshalb aufgeschobenen Käufen hat sich der Abstand zu Handy-Weltmarktführer Samsung im Smartphone-Geschäft vergrößert. Im zweiten Quartal 2012 erreichte der koreanische Konzern nach Berechnungen des US-Marktforschungsunternehmens IDC einen weltweiten Marktanteil von 32,6 Prozent. Apple kam auf 16,9 Prozent – auch weil 26 Prozent weniger iPhones als im ersten Quartal verkauft wurden.
Vom Erfolg des neuen Modells hängt viel ab für Apple. Denn die vor fünf Jahren gestartete iPhone-Franchise ist die mit Abstand wichtigste des Konzerns, steuert 46 Prozent des Umsatzes bei und das Gros des Profits.
Apple steckt im Dilemma
Das erklärt auch, warum das iPhone 5 so konservativ daherkommt. Mit der Ausnahme des etwas größeren Displays vielleicht muss man schon genauer hinschauen, um Unterschiede zum Vorgänger festzustellen. Richtig innovative Sachen sind zumindest beim Antlitz nicht drin. Denn radikale Veränderungen im Design, wie sie Apple-Chefdesigner Jonathan Ive (45) früher mit dem iMac pflegte, sind mit einem so umsatzstarken und gut eingeführten Produkt nicht machbar. Das ist Apples Dilemma.
Fakten rund um LTE
LTE (Long Term Evolution) ist ein Mobilfunknetz und der Nachfolger von UMTS. LTE bietet mit bis zu 100 Megabit pro Sekunde deutlich schnellere Downloadraten.
,LTE läuft je nach Region über unterschiedliche Frequenzen (Nordamerika: 700 MHz und 2100 MHz, Westeuropa, Mittlerer Osten und Afrika: 800 MHz 1800 MHz, 2000 MHz und 2600 MHz, Osteuropa: 800 MHz, 1800 MHz, 2300 MHz und 2600 MHz, Asia-Pazifik: 1800 MHz und 2100 MHz). Apples "neues iPad" beispielsweise unterstützt nur LTE in den Frequenzbereichen 700 und 2100 MHz und ist daher in Europa bisher nur ohne LTE-Funktion erhältlich.
Von April bis Mai 2010 versteigerte die Bundesnetzagentur LTE-Frequenzen für den drahtlosen Netzzugang an Telekommunikationsdienste. Über den Tisch gingen die Frequenzen 800 MHz, 1800 MHz (bis dahin vor allem von der Bundeswehr genutzt), 2000 MHz (die ehemaligen Quam- und Mobilcom-Lizenzen für UMTS) und 2600 MHz. Die Bereiche 800 MHz und 2600 MHz werden von den vier deutschen Mobilfunkanbietern (Telekom, Vodafone, E-Plus und O2) für LTE genutzt. Die Deutsche Telekom verwendet zusätzlich 1800 MHz.
Vodafone bietet seit März 2012 mit dem HTC Velocity 4G das erste LTE-Smartphone Deutschlands an. Das Gerät wurde für die Frequenzbereiche 800 bis 2600 MHz auf den Markt gebracht. Da damit die von der Telekom unterstützten Bereiche im Stadtgebiet mit einer Frequenz von 1800 MHz nicht genutzt werden konnten, folgte im Juni das HTC One XL, das auch auf den Frequenzen 1800 MHz und 2600 MHz funktioniert.
LTE wurde ursprünglich ausgebaut, um die Breitbandversorgung auf dem Land zu sichern. Seit 2011 ist LTE auch in den ersten Großstädten gestartet. Anfangs standen weiter Gebiete ohne DSL-Breitbandanbindung im Fokus. Doch seit 2012 werden sukzessive immer mehr Städte mit LTE versorgt. Inzwischen wird das Netz in folgenden Städten angeboten: Aachen, Augsburg, Berlin, Bochum, Bonn, Bremen, Darmstadt, Dortmund, Dresden, Düsseldorf, Duisburg, Erfurt, Frankfurt, Hannover, Hamburg, Köln, Karlsruhe, München, Rostock, Leipzig, Münster und Stuttgart.
LTE übernimmt im wesentlichen die Infrastrukturen der UMTS-Technologie. Die Technik wurde lediglich erweitert, um so zügig vom 3G- zum 4G-Standard zu gelangen. Dadurch sollen die Smartphones und Tablets permanent mit dem Internet verbunden sein können. Vor allem für die mobile Kommunikation, wie Video-Telefonie, wäre das ein riesiger Fortschritt. Branchenkenner vermuten, dass die bestehenden Netze innerhalb der nächsten zehn Jahre auf LTE umgerüstet sein könnten.
Zu groß ist die Gefahr, die bestehende Klientel zu verschrecken. Die ist wichtig für Apple. Denn das obere Segment des Smartphone-Geschäfts hat sich vom Wachstums- zum Verdrängungsgeschäft verändert. Bei dem es für die Mobiltelefongesellschaften, die jedes iPhone vorfinanzieren, darauf ankommt, die umsatzstarke Klientel regelmäßig mit einem neuen Modell vom Wechsel zur Konkurrenz abzuhalten und vor allem vor einem zu genauen Vergleich der Tarife.
Vor allem der amerikanische Telekommunikationskonzern AT&T, lange Jahre ein Exklusivpartner von Apple, hat bereits Milliarden in seine iPhone-Klientel gesteckt, ganz zu schweigen vom beschleunigten Netzausbau für die Datenschleudern.
Apple-Jünger als Erfolgsgaranten
Aber trotz der erfolgreichen Attacken von Samsung mit seinen Android-Telefonen und der für den Herbst erwarteten Premiere der Nokia Windows 8 Telefone, wird das neue iPhone zum Beststeller werden.
Das hängt nicht nur an der unverbrüchlichen Treue eingefleischter Apple-Anhängern, bei denen der Preis nur eine untergeordnete Rolle spielt. Und die sich auch nicht beklagen, dass sie wegen eines neuen Anschlusses schon wieder neue Kabel oder zumindest einen Adapter kaufen müssen.
Mittlerweile kommt es im Smartphone-Geschäft nicht mehr nur auf die Hardware an. Apple hat mit seinem App-Store ein Netz gewobenen, in dem man sich leicht verfängt. Wer schon Hunderte von Euro für Handy-Programme ausgegeben hat, wechselt nicht so ohne weiteres auf eine andere Plattform. Das wird sich erst ändern, wenn mit HTML5 die Programme wieder zurück in den Universalbrowser wandern. Doch bis dahin wird es noch ein paar Jahre dauern.
Die Aussichten für die Aktie
Apple-Aktionäre können also vorerst beruhigt sein. In diese Richtung lässt sich auch ihre Reaktion am Mittwoch im US-Handel deuten: Nach einer kurzen Korrektur, die auf die iPhone-Vorstellung folgte, zog die Apple-Aktie gegen Ende der Session noch einmal an. Mit einem Plus von 1,4 Prozent ging sie aus dem Handel. Damit hängte sie die US-Indizes Dow Jones (plus 0,07 Prozent) und Nasdaq (0,32 Prozent) deutlich ab.
Wie geht es weiter?
Dennoch stellt sich die Frage nach der weiteren Entwicklung des Papiers, das in den vergangenen Jahren eine sagenhafte Wertsteigerung zeigte: Seit der iPod im Jahr 2001 vorgestellt wurde, hat die Apple-Aktie um 7.500 Prozent zugelegt. Dass diese Performance in den nächsten elf Jahren ähnlich ausfällt, darf wohl ausgeschlossen werden. Doch einige Analysten, darunter Gene Munster von Piper Jaffay, trauen Apple noch einiges zu. Erst kürzlich hatte Munster, einer der meistzitieren Apple-Experten, der Aktie ein Kurspotenzial von 1.000 Dollar eingeräumt.
Das mag so kommen. Ob es allerdings wirklich für eine Kursteigerung von 50 Prozent vom aktuellen Kurs aus ausreicht, einfach nur regelmäßig ein neues iPhone oder ein neues iPad vorzustellen, bleibt abzuwarten. Die Aktionäre des wertvollsten Unternehmens der Welt sind immerhin verwöhnt. In der Vergangenheit hatte Apple, vor allem auch in der Person des charismatischen Steve Jobs, seine Aktionäre immer wieder mit Überraschungen verzückt. Das schaffte Tim Cook, der Nachfolger des im letzten Jahr verstorbenen Jobs auf dem Apple-Chefposten, bislang nur bedingt.
Neue Fernsehwelt
Gemeinsam im Kreis der Familie um 20 Uhr die „Tagesschau“ angucken – die Fernsehsender verlieren ihr Privileg, mit einem festen Programmschema den Alltag der Zuschauer zu bestimmen. Der Zuschauer wählt künftig selbst je nach Stimmungslage und Zeitbudget eine geeignete Sendung aus und vertraut darauf, dass Suchmaschinen wie Google ihm aus einer kaum noch überblickenden Zahl von Programmen das Gewünschte herauspicken.
Bisher entschieden die Deutsche Telekom oder Kabel Deutschland, welche TV-Programme sie in ihre Netze einspeisen. Mit der Verbreitung von superschnellen Verbindungen im Festnetz und Mobilfunk lässt sich Fernsehen auch direkt über das Internet übertragen. IT-Dienstleister sorgen mit riesigen Rechnerparks dafür, dass auch große Datenpakete wie Live-Bilder von der Fußball-Bundesliga ohne Ruckeln auf Computer- oder Fernsehschirmen ankommen.
Bisher zappen die Zuschauer mit der Fernbedienung durch die Programme. Künftig übernehmen Betriebssysteme wie Googles Android und Apples iOS auch das Kommando über den Fernseher. Die auf den Smartphones so populären Apps tauchen auch auf dem Bildschirm auf und führen die bisher strikt getrennten Computer- und TV-Welten zusammen. Statt mit der Fernbedienung steuert der Zuschauer Programme mit seiner Stimme oder durch Körperbewegungen an.
Wo bleibt "one more thing"?
Wer mit den Fundamentaldaten argumentiert, hat zwar Recht - hier ist durchaus Luft nach oben. Auch wenn das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von Apple mit 13 (auf Basis der Schätzungen für das kommende Geschäftsjahr) nicht mehr ganz so günstig ausfällt wie noch vor ein oder zwei Jahren, als es fast einstellig war - das wesentlich wichtigere PEG Ratio, mit dem das KGV in ein Verhältnis zum Wachstum gesetzt wird, liegt mit 0,7 immer noch unter dem vieler anderer Titel der Technologiebranche.
Und es ist auch keine Frage: Das neue iPhone kann für neue Verkaufsrekorde sorgen und damit auch dem Aktienkurs zu weiteren Höhenflügen verhelfen. Doch für einen Schub, der die Aktie auch in Richtung von 1.000 Dollar ziehen kann, wäre für Apple mal wieder ein richtiger Paukenschlag vonnöten. Ein Produkt, wie es früher von Steve Jobs mit dem legendären „one more thing“ angekündigt wurde.
Das Fernsehprojekt von Apple, das die Gerüchteküche seit Monaten brodeln lässt und dem die Medien schon den Namen iTV verpasst haben, würde wohl genau das Richtige sein.