Ehemalige Aktionäre fordern von Daimler deshalb Schadensersatz. Sie seien geschädigt, weil sie Aktien im Mai oder Juni verkauft hätten. Als Schrempps Abgang publik wurde, stieg der Aktienkurs kräftig: zwischen 26. Juli und 10. August um rund 16 Prozent.
Urteil zum Anlegerschutz
Börsennotierte Unternehmen müssen auch Zwischenschritte melden, die zu einer wichtigen Entscheidung führen, beschloss der Europäische Gerichtshof (C-19/11). Nach diesem Urteil hätte Daimler den Abgang des damaligen Vorstandschefs Jürgen Schrempp nicht erst am 28. Juli 2005 melden müssen, als der Aufsichtsrat die Personalie beschloss. Viel mehr hätte Daimler schon am 17. Mai 2005, als Schrempp erstmals mit dem Aufsichtsratsvorsitzenden über seinen Abschied gesprochen hatte, eine Ad-hoc-Meldung rausschicken müssen. Zu diesem Zeitpunkt sei es absehbar gewesen, dass Schrempp seinen Chefposten aufgeben könnte, so die Richter. Wie wahrscheinlich Schrempps Abgang im Mai tatsächlich war und wie stark sich dies auf den Kurs der Daimler-Aktie ausgewirkt hätte, sei irrelevant. Nun muss der Bundesgerichtshof entscheiden, ob und wie Aktionäre von Daimler entschädigt werden müssen.
Im Mai wollten sich Daimler und die Aktionäre einigen. Noch sei ein Prozessende nicht abzusehen, sagt der Münchner Anwalt Klaus Rotter, der rund 90 Daimler-Aktionäre vertritt.
Während sich Daimler 2005 noch im gesetzlichen Graubereich bewegte, schließt das vom 3. Juli an geltende, neue EU-Recht das Zurückhalten von Informationen aus. Folgende Punkte ändern sich:
- Auch Zwischenschritte bis zu einer kursrelevanten Entscheidung des Unternehmens müssen gemeldet werden.
- Bei Verstößen gegen die Informationspflichten gilt eine Geldstrafe von bis zu einer Million Euro für einzelne Personen, etwa Vorstände. Bei Unternehmen kann die Strafe bis zu 15 Prozent des Umsatzes betragen.
Verschärfte Insiderregeln
Belege für illegale Insidergeschäfte im Fall Daimler hatte das Aufsichtsamt BaFin nicht gefunden. Die BaFin verhängte 2007 nur ein Bußgeld von 200 000 Euro wegen des zu spät gemeldeten Rücktritts von Schrempp.
Um illegale Insidergeschäfte einzudämmen, hat die EU die Regeln für Aktiendeals von Managern verschärft:
- Manager dürfen in den 30 Tagen vor Bekanntgabe von Jahres- oder Quartalszahlen nicht mit Unternehmensaktien handeln.
- Auch Unternehmen, die im Freiverkehr gehandelt werden, müssen künftig Aktiengeschäfte ihrer Manager melden und ein Insiderverzeichnis führen. Zu den Insidern zählen auch Wirtschaftsprüfer, Rechtsanwälte und Steuerberater, die im Auftrag des Unternehmens arbeiten.
- Ein unzulässiges Insidergeschäft besteht schon darin, wenn ein Insider eine Order wegen einer unveröffentlichten Information storniert oder ändert.
- Künftig ist auch der Versuch der Marktmanipulation strafbar. Es ist nicht entscheidend, ob der Kurs durch Manipulation bewegt wurde und ein Schaden entstanden ist.
Das klingt anlegerfreundlich. In der Praxis ist es jedoch schwer, Marktmanipulation nachzuweisen. Erst kürzlich wurden der frühere Porsche-Chef Wendelin Wiedeking und sein damaliger Finanzvorstand Holger Härter freigesprochen. Aktionäre meinten, die beiden Manager hätten ihre Absicht, Volkswagen zu übernehmen, früher melden müssen. Die Richter schmetterten die Klage jedoch wegen fehlender Beweise ab.
Auch nach neuer Rechtslage müssen Aktionäre Managern nachweisen, dass sie sich oder ihre Vertrauten durch einen Informationsvorsprung bereichert haben.
Im Fall Deutsche Bank geht es bisher um eine Ordnungswidrigkeit. Ob sich daraus Schadensersatz ableiten lässt, bleibt offen.