Auswirkungen des ESM Mit Aktien und Gold gegen die Enteignung

Das Verfassungsgericht hat zwar den ESM gebilligt, lässt aber eine Breitseite los gegen die Machenschaften der EZB. Um die schleichende Enteignung durch Notenpresse und Fiskus zumindest abzumildern, führt für Anleger und Sparer an Gold und Aktien als liquide Sachwertanlage wohl kein Weg mehr vorbei. Welche Aktien sich dafür eignen und mit welchen Fallstricken Goldkäufer in Zukunft rechnen sollten

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Bargeld Quelle: Sebastian_Wolf
Goldbarren und -münzenDas Edelmetall ist die Notfallreserve außerhalb des Finanzsystems schlechthin. Wer mit dem Schlimmsten rechnet, hofft, dass er kleinere Goldmünzen gegen Lebensmittel oder Medikamente tauschen kann, wenn Banken ihn nicht mehr mit Bargeld versorgen. Verwahren Anleger ihr Gold allerdings im Bankschließfach, kann es nach einer Bankpleite dauern, bis sie Zugriff bekommen. In Krisenzeiten fällt der Goldpreis mitunter. Großanleger wie Hedgefonds müssen ihren Goldbestand verkaufen, um flüchtende Anleger auszuzahlen. Da in Panikphasen andere Anlagen wie Aktien oder Anleihen stark an Wert verlieren oder illiquide werden, ist Gold dann eine der wenigen Anlagen, die sie noch zu Geld machen können. Quelle: dpa
Spareinlagen: Sparkassen/VolksbankenIhren Kunden versprechen Sparkassen, Landesbanken sowie Genossenschaftsbanken, dass sie Pleiten der zu ihrer jeweiligen Gruppe gehörenden Institute im Vorfeld verhindern. Meist geschieht das über Fusionen von schwachen mit stärkeren Mitgliedern. Kommt es zu keiner Pleite, muss auch kein Geld gerettet werden. Dadurch sollen auch Zertifikate und Anleihen vor einem Totalverlust sicher sein. Das ist ein Unterschied zu anderen Einlagensicherungssystemen. Die Solidarität funktionierte bislang, könnte aber bei der Schieflage großer Institute überstrapaziert werden. Quelle: dpa
Fresenius Quelle: Pressebild
Deutsche Börse Quelle: dapd
Investmentfonds Quelle: Wolfgang - S - Fotolia
Sparschwein Quelle: Edel Rodriguez

Immer mehr Bundesbürgern wird bewusst, dass in Berlin an ihren Interessen vorbei regiert wird. Die letzten Hoffnungen der Mehrheit der Deutschen, den auf lange Sicht ökonomisch und gesellschaftlich destabilisierenden Eurokurs von Regierung und Opposition zu stoppen, ruhten – nachdem die Deutsche Bundesbank von Mario Draghi, dem Präsidenten der Europäischen Zentralbank (EZB) in dreister Manier kalt gestellt wurde – auf dem Bundesverfassungsgericht. Die Institution, die neben der Bundesbank in der deutschen Bevölkerung das größte Vertrauen genießt, hat den Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) erwartungsgemäß – gegen den Willen der Mehrheit der Deutschen – gebilligt, aber in der Urteilsbegründung einen deutlichen Weckruf für Sparer und Anleger eingebaut.

Experten warnen vor schleichender Enteignung

Aufhorchen lässt vor allem die Breitseite der Karlsruher Richter gegen die Machenschaften der EZB. Der ESM dürfe nicht zum „Vehikel einer verfassungswidrigen Staatsfinanzierung durch die EZB“ werden. Auch die Ankäufe von Staatsanleihen am Sekundärmarkt durch die Notenbank wären eine „Umgehung des Verbotes monetärer Haushaltsfinanzierung“, also illegal. Die Richter ahnen, dass der Zorn in Deutschland mit den Zinsen steigen könnte. Wenn diese in Richtung vier Prozent gehen sollten, wäre der Fluchtweg in Immobilien für viele Sparer versperrt. Und sobald der Liter Benzin über zwei Euro kostet, dürfte auch der letzte Euro-Kredit bei den Bürgern verbraucht sein.

Namhafte Finanzexperten warnen Sparer und Anleger schon seit länger Zeit vor einer schleichenden Enteignung. Der Begriff der „Finanziellen Repression“ macht die Runde. Um die Staatsfinanzen zu sanieren, werden Notenbanken und Regierungen versuchen, die Zinsen durch direkte und indirekte Markteingriffe unter die Inflationsrate zu drücken und für einen längeren Zeitraum ein höheres Inflationsniveau anzustreben. Das sorgt im Ergebnis für negative Realzinsen und zu einer realen Entwertung der Staatsschulden. Damit Sparer, die man so melken will, nicht flüchten, könnten die Daumenschrauben angezogen werden, etwa in Form von Kapitalverkehrskontrollen , Zwangsabgaben und Strafsteuern.

Erweiterte Zugriffsrechte auf Privatvermögen

Goldschätze der Staaten
Alle Länder gemeinsam halten Goldreserven im Volumen von 881,1 Millionen Unzen, oder umgerechnet 27.405,1 Tonnen. Auf der Basis eines Goldpreises von 1600 Dollar je Feinunze entspricht das einem Gegenwert von knapp 1410 Milliarden Dollar. Damit haben die Goldreserven an den weltweiten Währungsreserven von 11714 Milliarden Dollar einen Anteil von durchschnittlich 12 Prozent. Aber die Goldbestände in den Staatstresoren sind ungleich in der Welt verteilt. Auch internationale Institutionen halten Gold, der Internationale Währungsfonds IWF allein im Wert von knapp 145 Milliarden Dollar, die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) im Wert von 6,1 Milliarden Dollar. Welche Staaten darüber hinaus die größten Währungsreserven halten und wie viel davon durch Gold gedeckt ist. Berechnungen auf Basis eines Goldpreises von 1600 Dollar je Feinunze Quellen: Bloomberg, World Gold Council, eigene Berechnungen Stand: 6. Oktober 2011 Quelle: dpa
AlgerienDer nordafrikanische Staat hütet einen Goldschatz von 5,6 Millionen Unzen, das sind 173,6 Tonnen Gold zu einem Marktwert von 8,9 Milliarden Dollar. An den gesamten Währungsreserven Algerien hat der Goldbestand einen Anteil von 4,9 Prozent. Im Bild: die republikanische Garde in Algerien. Quelle: AP
ThailandThailand verfügt über Goldbestände von 4,1 Millionen Feinunzen, bzw. 127,5 Tonnen, die einen Wert von 6,6 Milliarden Dollar haben. Hinzu kommen Währungsreserven im Volumen von 178,1 Milliarden Dollar. Damit hat Gold einen Anteil an den Reserven Thailands von 3,6 Prozent. Im Bild: Ein Mönch steht gegenüber von goldenen Buddhas im Dhammakaya Tempel bei der thailändischen Hauptstadt Bangkok. Quelle: REUTERS
LibyenDas Land in Nordafrika verfügt über eine Goldreserve von 4,6 Millionen Feinunzen, bzw. 143,8 Tonnen. Der Gesamtwert der Reserven liegt bei 7,6 Milliarden Dollar. Das entspricht einem Anteil an den Währungsreserven von 6,9 Prozent. Im Bild: Demonstranten auf dem Platz der Freiheit in Misrata. Quelle: dpa
Saudi-ArabienDas größte Erdölförderland der Welt hält Goldreserven in Höhe von 10,4 Millionen Feinunzen. Das entspricht einem Gewicht von 322,9 Tonnen und einem Wert von 16,6 Milliarden Dollar. Der Anteil an den Währungsreserven des Goldes liegt bei 3,2 Prozent. Im Bild: Die Pilgerstadt Mekka empfängt im Hadj-Pilgermonat Pilgerer aus der ganzen Welt. Quelle: dpa/dpaweb
Taiwan Der chinesische Inselstaat verfügt über Goldreserven in Höhe von 13,6 Millionen Feinunzen, was einem Goldgewicht von 423,6 Tonnen entspricht. Taiwan hält damit Reserven im Wert von 21,8 Milliarden Dollar – etwa 5,3 Prozent der gesamten Währungsreserven. Im Bild: Das Hochhaus Taipei 101 in der Hauptstadt von Taiwan. Quelle: AP
IndienDer Subkontinent verfügt über 17,9 Millionen Unzen. Das sind 557,7 Tonnen. Der Wert dieser Reserven, die etwa 9,4 Prozent der gesamten Währungsreserven entsprechen, liegt bei 305,1 Milliarden Dollar. Im Bild: der Goldene Tempel der Sikhs in Amritsar, Indien. Quelle: dpa

Während liquides Vermögen das Weite sucht – noch bevor der Kapitalverkehr eingeschränkt wäre, hätte der Staat vor allem die Besitzer von Renditeimmobilien am Haken, die mit ihren Immobilien ja schlecht weglaufen können. Das Eigenheim wird vielleicht geschont werden, sollte es noch nicht abbezahlt sein. Der schuldenfreie Hausbesitzer aber sollte darauf besser nicht vertrauen. Denn auch ihn könnte der Fiskus ins Visier nehmen, wenn die Ideen aus dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) umgesetzt würden. Dazu müsste sich die Bundesregierung vom Bundestag nur erweiterte Zugriffsrechte auf die Privatvermögen der Bundesbürger einräumen lassen.

Das DIW schlägt die Einführung von Zwangsanleihen und einmalige Vermögensabgaben auf Privatvermögen vor. Rund 230 Milliarden Euro kämen in Deutschland zusammen, wenn der Staat zehn Prozent des Wertes, der einem individuellen Nettovermögen von 250.000 Euro übersteigt, abzapfte. Das haben die mit Steuergeldern entlohnten Berliner Enteignungsforscher berechnet.

Warum nicht gleich die Progression?

Der Vorschlag hat Charme – für den Finanzminister, weniger für Rentner, die bereits mit einer halbwegs normalen Erwerbsbiografie erneut in Reichweite des Fiskus gerieten. Zudem ist der Vorschlag ausbaufähig. Bei Bedarf ließen sich weite Teile der deutschen Vermögen beseitigen, wenn auch noch die Renten- und Pensionsansprüche berücksichtigt würden. Warum nicht gleich eine Progression einführen? Der Einfachheit halber käme von einer Nettovermögen von über einer halben Million Euro die Progressionssense zum Einsatz, etwa der von der Einkommensteuer bekannte Spitzensteuersatz. Handwerker, kleine Selbstständige mit privater Altersvorsorge, aber auch Beamte im mittleren Dienst wären mit knapp der Hälfte ihres Vermögens an der Eurorettung beteiligt. Solidarität muss sein.

Die Maßnahmen der Notenbanken gegen die Krise

Doch dazu muss es nicht kommen, weil ja die EZB unbedingt einen Teil der Wohlstandsvernichtung in Deutschland übernehmen will. Mit frisch gedrucktem Geld und neuen Anleihekäufen will sie Länder wie Spanien und Italien vor Reformen schützen. Die Endrechnung wird dadurch zwar für Deutschland noch teurer, kurz- bis mittelfristig hat aber auch dieser Vorschlag Charme, weil sich hässliche Streitereien im Bundestag vermeiden ließen. Ganz elegant und für den Steuerzahler zunächst schmerzfrei, nimmt das erst einmal die Bundesbank durch ihre Mithaftung für die EZB auf ihre Rechnung – ob sie will oder nicht.

Um die schleichende Enteignung durch Notenpresse und Fiskus zumindest abzumildern, führt für Anleger und Sparer an Gold und Aktien als liquide Sachwertanlage wohl kein Weg mehr vorbei. Der in Papierwährungen ausgedrückte Preis für Gold wird weiter steigen, wenn die Papiergeldmengen mit noch höherer Geschwindigkeit erhöht werden. Dabei liegt die eigentliche Bedeutung von Gold weniger in seinem Preis als in seinem Besitz. Der Barren verschwindet ja nicht einfach und sagt: „Ich zahle nicht.“ Gold trägt kein Kreditrisiko. Gold geht nie pleite. Für jeden Anleger bietet Gold, auf das er direkten Zugriff hat, eine Liquiditätsreserve außerhalb des Finanzsystems.

Die Fallstricke für Goldkäufer

Notenbanken im Kaufrausch
Ben Bernanke Quelle: dpa
Bank of London Quelle: REUTERS
Yen-Schein Quelle: REUTERS
Eine Ein-Euro-Münze und ein Schweizer Franken Quelle: dpa

Mit dem verstärkten Einsatz der Notenpresse nehmen in den Notenbankbilanzen die Forderungen, die von privaten Investoren längst nicht mehr als erstklassig eingestuft werden, stark zu im Verhältnis zu den ausfallsicheren Goldbeständen. In der EZB-Bilanz etwa stehen inzwischen 3085 Milliarden Euro Forderungen nur 85,8 Milliarden Euro an Eigenkapital und Rücklagen gegenüber. Dies entspricht einem Hebel von rund 36. Das dürfte EZB-Präsident Mario Draghi noch als moderat bezeichnen.

Schließlich war der Italiener einst Mitarbeiter bei der weltweit erfolgreichsten Hebelwerkstatt Goldman Sachs. Theoretisch ließe sich Bilanzqualität einer Notenbank verbessern, wenn privater Goldbesitz in Staatsbesitz gelangte. Die Frage wäre: Würde für privates Gold ein fairer Marktpreis bezahlt und passierte der Übergang freiwillig? Gut, zu einem Goldbesitzverbot muss es nicht kommen. Mit ein paar Fallstricken sollten Goldkäufer in Zukunft aber schon rechnen können. Denkbar wäre eine von Brüssel aus betriebene Einführung einer europaweiten Mehrwertsteuer und Abgeltungssteuer für physisches Gold. Edelmetallhändler und Banken könnten zu Dokumentationspflichten über Edelmetallkäufer, etwa unter dem Vorwand der Geldwäsche, verpflichtet werden. Wer einen Teil seines Geldes auf lange Sicht in Gold anlegen will, sollte es physisch besitzen und möglichst dort aufbewahren, wo es am wenigsten wahrscheinlich ist, dass es einem weggenommen wird.

Viele schwören auf Blue Chips

Wie Gold eignen sich prinzipiell auch Aktien zum Vermögensschutz bei hoher Papiergeldentwertung. Doch es gibt große Unterschiede, denn längst nicht jede Aktie taugt als Inflationsschutz. Das zeigt ein Blick auf die höchst unterschiedliche Entwicklung der im US-Aktienindex S&P 500 enthaltenen Branchen im Verlauf des Inflationsjahrzehnts der Siebzigerjahre. Damals schafften Anleger nur mit wenigen Branchen reale Vermögensgewinne. Am besten schnitten Titel aus den Sektoren Ölservice und Goldbergbau ab. Dagegen haben Anleger etwa mit Konsumwerten aller Art viel Kaufkraft verloren.

Heute schwören immer mehr Anleger auf Blue Chips globaler Konzerne mit großer Preismacht, einer soliden Bilanz und sicheren Dividenden. Großkonzerne mit starken Marktstellungen und Produktionsanlagen in allen Ländern dieser Welt sollten sich tatsächlich besser behaupten können. Der Besitz solcher Aktien ist keine schlechte Idee, schützt aber nicht vor zwischenzeitlichen Kursverlusten. Doch mit ihnen besitzen Anleger immerhin langfristig einen Bestand an unternehmerischer Substanz, die auch in einer allfällig neuen Währung ihren Wert nicht verliert. Sicher ist nichts, außer, dass es eines Tages Währungsreformen geben wird.

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