Strömen weiter so viele Zuwanderer nach Deutschland, würden insgesamt noch mehr Wohnungen benötigt als die bisher prognostizierten 200.000 bis 250.000 pro Jahr. Selbst diese werden aber noch nicht gebaut: 2011 wurden nur 183 000 Wohnungen fertiggestellt. Immerhin: Das sind knapp 15 Prozent mehr als 2010. Der Markt reagiert also auf die gestiegene Nachfrage. Der Trend dürfte anhalten: 2012 haben Bauherren für über 240 000 neue Wohnungen eine Baugenehmigung bekommen.
Dass ein Überangebot die Preise drücken könnte, ist nicht absehbar. Neben der Zuwanderung sorgt dafür auch die steigende Zahl der Ein- und Zweipersonenhaushalte für Nachfrage. „In Hamburg, München oder Berlin sind deutlich weniger Wohnungen fertiggestellt worden, als zusätzliche Haushalte gebildet wurden“, sagt Just.
Immobilien sind erschwinglich
Die gute Nachricht: In den meisten Städten können sich Käufer Immobilien auch noch leisten. Die meisten von ihnen, vor allem Selbstnutzer, finanzieren ihre Immobilie zum größten Teil per Kredit und profitieren von den stark gefallenen Zinsen für Baugeld. Der Zinsrückgang habe den Preisanstieg bei Immobilien „deutlich überkompensiert“, ergab eine aktuelle Studie des Verbands deutscher Pfandbriefbanken. Es sei daher nicht schwerer, sondern leichter geworden, Wohneigentum zu bilden.
Selbst in Städten mit stark anziehenden Preisen glichen die niedrigeren Zinsen den Preisanstieg demnach aus. Da zugleich das verfügbare Haushaltseinkommen in den vergangenen Jahren gestiegen ist (allein zwischen 2007 und 2011 um neun Prozent), ist die tatsächliche Belastung der Käufer, gemessen an ihrer Kaufkraft, noch stärker gefallen.
Setzt man die Immobilienpreise und das verfügbare Einkommen ins Verhältnis und definiert den langfristigen Durchschnitt dieses Verhältnisses als Grenze zwischen Unter- und Überbewertung des Immobilienmarktes, sind die Immobilienpreise in Deutschland sogar zu niedrig. Sie könnten bis 2020 jedes Jahr um drei Prozentpunkte mehr steigen als das verfügbare Einkommen, ohne dass der langfristige Durchschnitt dieses „Erschwinglichkeits-Index“ überschritten würde, zeigt eine Studie von Deutsche Bank Research. Aktuell wäre der deutsche Markt nach diesem Maß noch „20 Prozent unterbewertet“.
Niedrigere Renditen
Für einen tragfähigen Aufschwung am Immobilienmarkt spricht auch, wenn die Mieten mit dem Preisanstieg mithalten. Dahinter steckt folgende Überlegung: Steigen die Mieten um fünf Prozent, sind Investoren bereit, fünf Prozent mehr für eine Immobilie zu zahlen – ihre Rendite bliebe unter dem Strich die gleiche.
Steigen die Kaufpreise hingegen, ohne dass die Mieten anziehen, müssen Investoren sich mit geringeren Renditen zufriedengeben. Das Risiko, dass sie verkaufen oder gar nicht erst kaufen, nimmt bei stagnierenden Mieten und steigenden Kaufpreisen also zu.
In den vergangenen Jahren der Euro- und Staatsschuldenkrise sind die Renditen risikoarmer Geldanlagen gesunken. Deutsche Staatsanleihen mit zehn Jahren Laufzeit etwa bringen nur noch 1,7 Prozent Zins pro Jahr. „Selbst wenn die Mieten in vielen Städten etwas langsamer gestiegen sind als die Preise, sind die Mietrenditen weiterhin deutlich höher als die Anleihezinsen – sogar in den Top-Lagen in München, Hamburg oder Berlin“, sagt Just. Der Renditeabstand zu Anleihen sei heute sogar höher als vor drei oder fünf Jahren. Das sichert den Markt gegen eine Verkaufswelle ab.