Unmittelbar vor der Pressekonferenz sprachen Trump und Merkel mit Unternehmensbossen aus den USA wie aus Deutschland über die Aus- und Weiterbildung von Arbeitnehmern. Dabei lobte der US-Präsident Deutschland als „Vorbild“ für die Lehre, auf Englisch: apprenticeship. „Ein schönes Wort.“ Amerika wolle sicherstellen, dass die Arbeitnehmer fit für die Herausforderungen der Zukunft sind.
Vor den Pressevertretern betont der US-Präsident, er sei kein „Isolationist“. Er sei für Freihandel. Wenn dieser denn fair sei. Das sei derzeit nicht der Fall, führt Trump aus – auch und vor allem nicht mit Blick auf Deutschland.
Wie wichtig die USA für die deutsche Wirtschaft sind
2015 wurden die USA der wichtigste Exportkunde der deutschen Unternehmen, nachdem über mehr als sechs Jahrzehnte Frankreich diese Position innehielt. 2016 behaupteten die Vereinigten Staaten ihre Spitzenposition: Waren im Wert von rund 107 Milliarden Euro wurden damals dorthin verkauft - vor allem Fahrzeuge, Maschinen und chemische Produkte. Das entspricht einem Anteil von etwa zehn Prozent an den gesamten Ausfuhren. Umgekehrt importierte Deutschland Waren im Wert von knapp 58 Milliarden Euro aus den USA, was sechs Prozent aller deutschen Einfuhren entspricht.
Mehr als eine Million Jobs in Deutschland hängen direkt oder indirekt von den Exporten in die USA ab. Weitere 630.000 Arbeitsplätze gibt es in Betrieben, die von US-Firmen kontrolliert werden. Allein McDonald's Deutschland zählt etwa 58.000 Mitarbeiter, der Personaldienstleister Manpower 27.000 und die Ford-Werke gut 25.000.
Umgekehrt schaffen deutsche Unternehmen in den USA ebenfalls Hunderttausende Stellen. Zu den größten deutschen Arbeitgebern dort gehören die Deutsche-Post-Tochter DHL mit rund 77.000 Beschäftigten, Siemens (50.000) und Volkswagen (60.000).
Die deutschen Unternehmen haben mehr als 271 Milliarden Euro an Direktinvestitionen in den USA - etwa Fabriken und Immobilien. Mehr als 3700 Unternehmen sind in den Vereinigten Staaten tätig. Allein die 50 größten deutschen Firmen dort kommen auf einen Jahresumsatz von 400 Milliarden Dollar.
Auch US-Unternehmen haben erhebliche Beträge in Deutschland investiert: Der Bestand summiert sich auf rund 27 Milliarden Euro. 2015 wurden 252 neue Projekte hierzulande von US-Firmen gestartet, von Neuansiedlungen auf der grünen Wiese über Erweiterungen bis hin zu Standortwechseln. Nur chinesische Unternehmen waren aktiver. Die 50 größten US-Unternehmen kommen in Deutschland auf einen Jahresumsatz von rund 170 Milliarden Euro.
Die USA importieren deutlich mehr deutsche Waren, als sie exportieren. Seit Jahren steigt das Handelsbilanzdefizit der Wirtschaftsmacht mit Europa im Allgemeinen und mit Deutschland im Speziellen. „Die deutsche Seite hat besser verhandelt als wir“, sagt Trump. Das erkenne er an. Bleiben könne das aber nicht so. „Vielleicht können wir das zumindest ausgleichen.“
Details über die geplanten Neuverhandlungen bleibt der US-Präsident schuldig. Kein Wort zu Strafzöllen, kein Wort zu dem Wunsch, die Deutschen mögen doch bitte mehr US-Produkte kaufen.
Für Angela Merkel gibt es ohnehin wenig zu besprechen und nachzuverhandeln. Und so betont sie, dass Freihandel in ihren Augen immer eine „win-win-Situation“ ist. Und überhaupt: Deutschland habe seine Befugnisse im Außenhandel an die Europäische Union abgetreten. Bilateral gäbe es also nichts zu verhandeln. Gleichwohl wünsche sie sich, dass die begonnenen Gespräche über ein transatlantisches Freihandelsabkommen wieder aufgenommen werden. „Ich hoffe, dass wir zurück an den Verhandlungstisch kehren“, sagt Merkel. Zuversichtlich klingt sie gleichwohl nicht.
Vor der versammelten Presse vermeidet die Kanzlerin dennoch weitere Provokationen. Sie spricht von einem „guten und sehr offenen ersten Austausch“. Konfliktfrei, das gibt Merkel zu, seien die Gespräche nicht gewesen. Dennoch gelte es Lösungen zu finden „die für beide gut sind“. Es müsse schließlich fair sein. Wie diese aussehen können, ist derzeit völlig offen.