Wohlstand Chinas Mittelschicht entdeckt den Konsum

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Die westliche Verlockung

Eine Fabrik hat Yang Zhizhi nie von innen gesehen. Der studierte Chemiker aus Shanghai wirkt etwas verloren in seiner mit technischem Gerät vollgestellten Wohnung, die er mit seinen Schwiegereltern teilt. Der 28-Jährige hat vor einigen Monaten seinen Job gekündigt, um sich mit seiner Frau auf der Internet-Plattform Taobao, einer Mischung aus Amazon und Ebay, selbstständig zu machen. Sie verkaufen Backutensilien an andere chinesische Mittelschichtsfamilien. „Backen liegt im Trend“, sagt seine Frau Lingming. „Einerseits haben die Leute Angst vor all den Lebensmittelskandalen in China, auf der anderen Seite fühlen sie sich von westlichen Produkten angezogen.“ Rund 2.500 Euro verdienen die beiden damit im Monat. Ihr Kühlschrank ist von Bosch, der Fernseher von Sony, das Handy von Apple.

Die größten deutschen Arbeitgeber in China
Knorr-Bremse Quelle: Screenshot
Heraeus Quelle: Foto: Heraeus
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Bertelsmann Quelle: dapd
Schenker Quelle: dapd
Freudenberg Quelle: Pressebild

Christ kennt nur Wohlstand

Es gibt sie schon jetzt, die Erfolgsgeschichten westlicher Unternehmen in China, die ihre Produkte an Wang Wentao oder Yang Zhizhi verkaufen. Die Fast-Food-Kette Kentucky Fried Chicken hat gefühlt an jeder dritten Kreuzung in Shanghai eine Filiale. In jeder Provinzhauptstadt leuchten in bester Lage die Blingbling-Marken Gucci und Louis Vuitton. Und natürlich richten sich deutsche Autobauer seit Jahren an wohlhabendere Chinesen. Für Volkswagen ist China bereits der wichtigste Markt, mit mehr als 50.000 Mitarbeitern zählt VW zu den größten internationalen Unternehmen des Landes. Im September vergangenen Jahres eröffnete der Konzern eine neue Produktion im Binnenland, in Chengdu. Im April dieses Jahres gab das Unternehmen bekannt, ein Werk in Urumqi, in der westlichsten chinesischen Provinz Xinjiang, zu planen.

In der kleinen Wohnung der Familie Luo in Chengdu leben drei Generationen unter einem Dach. Der Großvater, 83, war Soldat der Volksarmee, bevor er in einem staatlichen Stahlwerk Arbeit fand. Sein Enkel Chris ist 13 Jahre alt, er kennt nichts anderes als Wohlstand. Wochenlang hat er seinen Vater bearbeitet, dass er unbedingt ein iPad brauche. Schließlich gab der Vater nach. Jetzt hat Chris zwar kein eigenes, aber immerhin ein Familien-iPad. Seitdem nutzt er täglich den Internet-Dienst „Weibo“, eine Mischung aus Facebook und Twitter und zudem das einzig quasi-offene Forum des Landes. „Meistens poste ich, was ich gerade mache oder lade Bilder hoch, was ich heute gegessen habe.“ Er gehört zu einer neuen Generation, für die das Leben im Netz etwas Selbstverständliches ist.

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