Immobilien Die wahren Ursachen der neuen Wohnungsnot

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Keiner beachtet die Ursachen

Die Parteien kümmern sich derweil um die Symptome des Ungleichgewichts. Im Wahljahr knöpfen sie sich die Mietpreise vor, nicht die Ursachen. Besonders die CSU setzte sich in der schwarz-gelben Koalition für die Einführung einer Kappungsgrenze in die Mietrechtsnovelle ein, die sich eigentlich vorrangig mit den Belastungen energetischer Sanierungen beschäftigen sollte. Statt 20 Prozent dürfte die Miete bei bestehenden Verträgen dann innerhalb von drei Jahren nur noch um 15 Prozent erhöht werden. Entscheiden sollen das die Kommunen vor Ort.

Ein Schelm, wer dabei an den bayrischen Wahlkampf denkt: München ist das teuerste Pflaster Deutschlands, die CSU muss sich dort eines populären SPD-Spitzenkandidaten, des Münchner Oberbürgermeisters Christian Ude erwehren. Und überhaupt lassen sich die Christsozialen von den Roten nur unter Schmerzen auf der Sozialspur überholen.

SPD fordert massive Eingriffe

Schließlich geht auch die Konkurrenz die Sache mit ordentlichem Pathos an: "Städte sind mehr als Stein und Beton. Sie sind Heimat. Sie geben Halt und Hoffnung", heißt es in einem aktuellen Positionspapier der SPD, das Kanzlerkandidat Peer Steinbrück mitverfasst hat. Konkret schlägt die SPD vor, dass Maklergebühren künftig von den Wohnungseigentümern bezahlt werden sollen. Die Mittel für Städtebau sollen erhöht, Kommunen gestärkt, Genossenschaften gefördert werden. Vor allem aber verschreibt sich die Partei einer plakativen Forderung: der Mietpreisbremse. "Bei Neuvermietungen darf die Miete nicht mehr als zehn Prozent über der örtlichen Vergleichsmiete liegen. Bei Bestandsmieten wollen wir Mieterhöhungen auf maximal 15 Prozent in vier Jahren begrenzen", heißt es in dem Papier.

Die Sozialdemokraten gehen damit noch ein gehöriges Stück weiter als die Regierung. Mancher SPD-Wirtschaftsexperte muss bei dem Gedanken an derartig harsche Markteingriffe etwas kräftiger schlucken. Er halte das Instrument für "verhältnismäßig vernünftig", urteilt etwa SPD-Fraktionsvize Hubertus Heil. Ausufernde Begeisterung klingt anders.

Ein Thema für Wähler

Aber der Kanzlerkandidat glaubt, hier endlich ein Thema gefunden zu haben, das beim Wähler ankommt. Ein Erlebnis in Hamburg, kurz nach seiner Nominierung, bestärkt Steinbrück in dieser Ansicht. Im Taxi blieb er in einer Demo stecken. Steinbrück stieg aus und fragte: "Was ist hier eigentlich los?" Die jungen Leute auf der Straße erzählten, dass sie für bezahlbaren Wohnraum demonstrierten, dass ihre Mieten viel zu teuer seien und dass es in Hamburg mehr frei stehende Gewerbeflächen als Wohnungen gäbe. Steinbrücks Fazit: "Das brennt vielen Menschen unter den Nägeln."

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