Euro-Krise Europas Aufschwung ist mehr Schein als Sein

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Italien: Das Land leidet an chronischer Wachstumsschwäche

Wenn Europa wählt...
1053 Kandidaten für EuropaBei der Europawahl am 25. Mai 2014 bewerben sich insgesamt 1053 Kandidatinnen und Kandidaten um die der Bundesrepublik Deutschland zugewiesenen 96 Parlamentssitze. Einer von ihnen und gleichzeitig Spitzenkandidat für die CDU ist er ehemalige niedersächsische Ministerpräsident David McAllister. Quelle: dpa
327 FrauenNicht mal ein Drittel von diesen 1053 Kandidaten, nämlich 327, sind Frauen. Eine von ihnen ist Ulrike Müller, Kandidatin für die Freien Wähler. Vor drei Wochen hat die Partei ihr Europawahlprogramm verabschiedet. Quelle: dpa
Appell des BundeswahlleitersDer Bundeswahlleiter Roderich Egeler rief alle Bürgerinnen und Bürger auf, an der Europawahl am 25. Mai 2014 teilzunehmen. Er betonte die besondere Bedeutung der Europawahl für die Einflussnahme der Bürgerinnen und Bürger auf politische Entscheidungen in der Europäischen Union. Quelle: dpa
24 Parteien treten anDie Wahl erfolgt als Verhältniswahl, das heißt, die Zahl der in Deutschland zu vergebenden Sitze wird ausschließlich aufgrund der auf die Listen der Parteien und sonstigen politischen Vereinigungen entfallenden Stimmanteile ermittelt. Bei der Europawahl 2014 treten insgesamt 25 Parteien (hier SPD-Spitzenkandidat Martin Schulz) und sonstige politische Vereinigungen mit gemeinsamen Listen für alle Bundesländer beziehungsweise mit Listen für einzelne Länder an. Die Stimmzettel enthalten in jedem Bundesland 24 Wahlvorschläge. Quelle: dpa
Knackpunkt Wahlbeteiligung Bei der jüngsten Europawahl 2009 lag die Wahlbeteiligung in Deutschland bei 43,3 Prozent und damit ganz knapp über dem EU-Durchschnitt (43,0 Prozent). Die niedrigste Wahlbeteiligung verzeichneten die Wahlen in der Slowakei mit nur 19,6 Prozent. Auf mehr Interesse war die Wahl dagegen in Dänemark gestoßen: 2009 wählten mit 59,5 Prozent sogar 11,7 Prozent mehr als bei der vorangegangenen Wahl. Nicht zuletzt deswegen setzen die Parteien auf bekannte Gesichter und länderübergreifend gemeinsame Kandidaten: Hier beglückwünscht Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) den Spitzenkandidaten der konservativen Parteien in Europa, Jean-Claude Juncker. Quelle: dpa
430 DolmetscherAlle wollen ins Europaparlament, hier der Kampagnenplan für Martin Schulz. Im EU-Parlament kommen 24 Amtssprachen zum Einsatz. Jeder Abgeordnete kann sich aussuchen, in welcher der Amtssprachen er sich äußern möchte. Die parlamentarischen Unterlagen werden in allen Amtssprachen veröffentlicht. 430 verbeamtete Dolmetscher arbeiten beim EP, hinzu kommt eine Reserve von etwa 2500 externen Dolmetschern. Quelle: dpa
Wahlleiter wirbt für Info-BroschüreNähere Informationen zu den zugelassenen Wahlvorschlägen und den zur Wahl stehenden Bewerbern und deren Ersatzbewerbern gibt es in dem vom Wahlleiter präsentierten Sonderheft „Die Wahlbewerber für die Wahl zum Europäischen Parlament aus der Bundesrepublik Deutschland 2014“ (kostenloser Download ). Es beinhaltet unter anderem ein Namensverzeichnis sowie zusammenfassende Übersichten, etwa zum Frauenanteil, zum Alter und zu den Berufsgruppen der Kandidaten (hier der Grünen-Spitzenkandidat Sven Giegold). Quelle: dpa

Seit Italien vor drei Jahren in den Sog des Krisenstrudels geraten ist, wechselten sich in Rom vier Regierungen ab. Silvio Berlusconi, Mario Monti, Enrico Letta – und nun Matteo Renzi. Trotz der unterschiedlichen Politikansätze hielten sie an einem Grundsatz fest: Italien muss sich allein aus seiner Notlage befreien – ohne Euro-Rettungsschirm. Die Regierung brachte sogar 43 Milliarden Euro für die Rettung der anderen Krisenländer auf. Das Haushaltsdefizit konnte Italien auf die Marke von drei Prozent vom BIP drücken. Neben Deutschland ist es somit das einzige große Euro-Land, das die Defizitvorgabe des Maastrichter Vertrages erfüllt. Bei nahezu allen anderen ökonomischen Indikatoren sieht es jedoch trübe aus für Bella Italia. Die Wirtschaft wächst kaum, die Schuldenquote beträgt 135 Prozent vom BIP, und in den vergangenen fünf Jahren sind 1,6 Millionen Stellen verloren gegangen. Die Produktivität ist schwach, die Unternehmen verlieren wegen der ungebremst steigenden Lohnstückkosten weiter an Wettbewerbsfähigkeit. Nun droht das Land in puncto Wachstum sogar hinter Spanien, Portugal und Irland zurückzufallen.

Italien auf dem Holzweg Quelle: EU-Kommission

Um die Wirtschaft zu beleben, benötigt Italien Reformen: am Arbeitsmarkt, bei der Bürokratie, im Steuersystem, bei der Justiz. Die Hoffnungen ruhen auf Renzi, dem neuen Regierungschef in Rom. Er hat versprochen, das Land aus der Reform-Lethargie zu befreien. „Die Finanzmärkte setzen auf den Erfolg Renzis“, sagt US-Investor George Soros. Doch ob Renzi liefern wird, steht in den Sternen. Seine Vorgänger sind mit ihren Reformplänen fast immer an der übermächtigen Bürokratie gescheitert. Wie viel politischen Spielraum Renzi, der ohne Wählermandat an die Macht kam, besitzt, um Italien auf Reformkurs zu bringen, könnte sich bei der Europawahl entscheiden. Bleibt ein klarer Sieg seiner Mittelinks-Partei PD aus, wird er sich kaum gegen die Reformwiderstände im eigenen Land durchsetzen können.

Portugal: De Finanzmärkte honorieren die Reformbereitschaft

Am vergangenen Samstag lief das dreijährige EU-Hilfsprogramm für Portugal aus, im Rahmen dessen das Land mit Reformauflagen verbundene Kredite von 78 Milliarden Euro erhielt. Die konservative Regierungskoalition in Lissabon hat seit 2011 weitreichende Reformen auf dem Arbeits- und Gütermarkt sowie ein umfangreiches Privatisierungsprogramm umgesetzt. Erfolgreich waren die Portugiesen auch bei der Haushaltssanierung. Die Neuverschuldung sank Ende 2013 auf 4,9 Prozent und damit deutlich unter das von der Troika gesetzte Ziel von 5,5 Prozent des BIPs. Das sollte es Portugal relativ leicht machen, das diesjährige Ziel von vier Prozent zu erreichen, zumal die Regierung ein Wirtschaftswachstum von 1,2 Prozent erwartet.

Dank verbesserter Wettbewerbsfähigkeit legten die Exporte 2013 um mehr als sechs Prozent zu, schneller als in allen anderen Euro-Ländern. Der Anteil der Ausfuhren am BIP stieg im Zuge der Krise von 29 auf 41 Prozent. Portugal erreichte erstmals seit 1993 einen leichten Überschuss von 0,5 Prozent in der Leistungsbilanz, der in diesem Jahr etwa ein Prozent erreichen dürfte.

Die Märkte honorieren die Fortschritte. Die Renditen für zehnjährige Staatsanleihen befinden sich auf Talfahrt und lagen zuletzt bei nur noch bei rund 3,5 Prozent. „Zwar ist die Schuldenquote mit 129 Prozent vom BIP extrem hoch. Aber die Kombination eines Wirtschaftswachstums um die zwei Prozent mit einem strukturellen Primärüberschuss von 1,5 bis 2,0 Prozent ist ausreichend, um die Schuldenquote zu stabilisieren“, meint Christian Schulz von der Berenberg Bank.

Risiken birgt indes die Rechtsprechung des Verfassungsgerichts, das in der Vergangenheit mehrfach Sparmaßnahmen der Regierung blockierte. Zudem ist die Lage der Banken nach wie vor labil. Die Analysten von Barclays Capital erwarten, dass die Institute dieses Jahr erneut Verluste schreiben und nach den Bilanzchecks der Europäischen Zentralbank neues Kapital benötigen. „Allerdings werden die 6,4 Milliarden Euro, die noch aus dem Troika-Programm für die Bankensanierung zur Verfügung stehen, mehr als ausreichen, um etwaige staatliche Kapitalspritzen zu finanzieren“, meint Antonio Garcia Pascual, Analyst bei Barclays Capital.

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