Kapitalismuskritik Der Sozialstaat schafft Ungleichheit

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Auf Wachstum angewiesen

Die Geschichte der freien Marktwirtschaft
Metamorphose IIn der Frühphase des Kapitalismus werden aus Landarbeitern Handwerker: Webstuhl im 19. Jahrhundert in England. Quelle: imago / united archives international
Metamorphose IIMit der Industrialisierung werden aus Handwerkern Arbeiter: Produktion bei Krupp in Essen, 1914. Quelle: dpa
Metamorphose IIIIm Wissenskapitalismus werden Arbeiter zu Angestellten und Proletarier zu Konsumenten: Produktion von Solarzellen in Sachsen. Quelle: dpa
Ort der VerteilungsgerechtigkeitDen reibungslosen Tausch und die Abwesenheit von Betrug – das alles musste der Staat am Markt anfangs durchsetzen. Quelle: Gemeinfrei
Ort der KapitalkonzentrationDer Börsenticker rattert, die Märkte schnurren, solange der Staat ein wachsames Auge auf sie wirft Quelle: Library of Congress/ Thomas J. O'Halloran
Ort der WachstumsillusionWenn Staaten Banken kapitalisieren, sind das Banken, die Staaten kapitalisieren, um Banken zu kapitalisieren... Quelle: AP
Karl MarxFür ihn war der Unternehmer ein roher Kapitalist, ein Ausbeuter, der Arbeiter ihrer Freiheit beraubt. Quelle: dpa

Da eine Netto-Tilgung der Staatsschuld ausbleibt, entsteht mit der Zeit eine Situation, in der der Staat aufgrund seiner umfangreichen Zahlungsverpflichtungen zwingend auf Wachstum angewiesen ist. Denn nur so entstehen die Steuereinnahmen, die die Zahlungsfähigkeit des Staates gewährleisten.

Eine der wichtigsten Institutionen, die Wachstum und Steueraufkommen fördert, ist die Zentralbank. Selbst wenn sie sich gemäß ihres Mandats lediglich an der Teuerungsrate der Konsumentenpreise orientiert, so arbeitet sie doch auf eine Stabilisierung des Wachstums hin. Sobald die Wirtschaft in einen Abschwung gerät, wird umgehend das Zinsniveau gesenkt, um den Preisverfall zu stoppen. Gleichzeitig werden so aber auch Wachstum und Steueraufkommen stimuliert.

Geschöpftes Geld verteilt sich nur langsam

Aus volkswirtschaftlicher Sicht ist in diesem Zusammenhang zu beachten, dass mit dem Absenken des Zinsniveaus immer eine Geldmengenausweitung einhergeht. Wenn die Zinsen niedrig sind, erscheinen viele Investitionsprojekte profitabel und es entsteht die entsprechende privatwirtschaftliche Geldnachfrage. Umgekehrt geht die Geldmenge bei einer Anhebung des Zinssatzes jedoch nicht zurück. Es wird dann nur weniger neues Geld in Umlauf gebracht.

Dies lässt sich empirisch eindeutig belegen. Verteilungsökonomisch entscheidend ist dabei, dass Geldmengenausweitung niemals ein gleichförmiges Phänomen ist. Geld tritt stets punktuell in den Geldkreislauf ein. Es fließt bestimmten Personen oder Gesellschaften zu und diese nutzen es für bestimmte Zwecke. Geschöpftes Geld verteilt sich also erst allmählich in der Volkswirtschaft.

Aus diesem Ausbreitungsprozess gehen zwei Gruppen als Gewinner hervor. Zum einen profitieren diejenigen Akteure, die relativ früh an Kredite gelangen, denn sie können sich mit dem geschöpften Geld Güter kaufen bevor sich das Preisniveau an die neue Geldmenge angepasst hat. Der kreditwürdigste Teil der Bevölkerung ist im Allgemeinen der Teil, der die meisten Sicherheiten stellen kann. So gesehen bringt die Geldmengenausweitung bereits eine Umverteilung von unten nach oben mit sich.

Vor allem aber profitiert bei einer Geldmengenausweitung der Finanzsektor. Denn fast jede Transaktion, die zur Ausbreitung des Geldes beiträgt, wird von einem Akteur des Finanzsektors begleitet. Wenn beispielsweise ein Unternehmen einen Kredit nutzt, um ein anderes Unternehmen zu kaufen, dann fließt das geschöpfte Geld einerseits zu den Eigentümern des zu kaufenden Unternehmens und andererseits zu der Investmentbank, den Brokern und den Anwälten, die diese Transaktion begleiten. Die ehemaligen Eigner des nun verkauften Unternehmens nutzen ihre Einkünfte in der Regel, um wiederum selbst zu investieren. Dabei gehen sie erneut über den Finanzsektor.

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