Mobilität 2025 In Megacities entsteht der Verkehr der Zukunft

Autos werden gemietet statt gekauft und sind intelligent vernetzt – im Jahr 2025. Trendforscher Sven Gábor Jánszky erklärt, wie sich die Unternehmen an die Mobilität der Zukunft anpassen müssen.

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Mobilität der Zukunft Quelle: Getty Images

WirtschaftsWoche: Viele Megacities wie Tokio, New York oder Rio stehen bereits heute kurz vor dem Verkehrsinfarkt. Wie kommen wir im Jahr 2025 zur Arbeit – immer noch in überfüllten Regionalzügen und den täglichen Staus?
Sven Gábor Jánszky: Fahren wir denn in Zukunft überhaupt noch in diesem Maße zur Arbeit in die Innenstädte? Wir Trendforscher glauben prognostizieren zu können, dass viele Menschen eben nicht mehr in die Innenstädte fahren werden, sondern in den Randgebieten und Speckgürteln bleiben und sich dort stunden- oder tageweise Büros mieten, um dort zu arbeiten. Das entzerrt natürlich den Stadtverkehr enorm.

Bei den Mobilitätssystemen geht der Trend ganz klar in Richtung vernetzter, abgestimmter und gesteuerter Verkehrsströme. Das heißt, dass Menschen sich nach wie vor bewegen und fahren, aber das Lenkrad nicht mehr selbst in der Hand haben. Die Gefährte bewegen sich aufeinander abgestimmt und werden so die Staus im Berufsverkehr vermindern. Die Höchstgeschwindigkeit wird sinken, die Durchschnittsgeschwindigkeit aber steigen – und man kommt so auch in Megacities ganz gut voran.

Zur Person

Das klingt ziemlich optimistisch. Wie sieht es denn im Jahr 2050 aus?
In Megacities wird sich viel ändern. Stellen Sie sich vor, die Googles dieser Welt stellen eine nennenswerte Flotte an ihren selbstfahrenden Kugeln, wie sie bereits heute gezeigt werden, in eine Stadt. Dann können Sie einfach per Handy eines dieser Autos ordern. Es fährt vor, Sie geben per Handy oder Spracherkennung die Adresse ein und los geht’s.

Sven Gábor Jánszky leitet den Thinktank

Also eine Art Carsharing?
Ich glaube, dass Google diese Autos nicht verkaufen will, das ergibt keinen Sinn. Das Angebot hat aber das Potenzial, Taxen, Busse und Bahnen in Megacities zu ersetzen.

Nur in Megacities?
Dort wird es anfangen, weil der Leidensdruck am größten ist. In kleineren Städten – wir reden hier von Berlin und kleiner – wird man zunächst weniger spüren. In den Mega-Metropolen ist es auch möglich, dass zum Beispiel eigene Trassen für E-Bikes errichtet werden – etwa als Brücke über der Straße. Das lohnt sich aber nur im ganz großen Maßstab.

Was sich 2015 ändern wird
MINDESTLOHN: Der allgemeine, flächendeckende Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde greift. Bei einer 40-Stunden-Woche entspricht das 1473 Euro brutto im Monat. Profitieren sollen rund 3,7 Millionen Beschäftigte im Niedriglohnsektor. Um Langzeitarbeitslosen den Job-Einstieg zu erleichtern, kann bei ihnen in den ersten sechs Monaten vom Mindestlohn abgewichen werden. Für Unter-18-Jährige ohne Berufsabschluss, Auszubildende und Menschen mit Pflichtpraktika oder Praktika unter drei Monaten gilt der Mindestlohn nicht. Quelle: dpa
PFLEGEMINDESTLOHN: Er steigt auf 9,40 Euro pro Stunde im Westen und 8,65 Euro im Osten. Bis 2017 soll er weiter wachsen. Quelle: dpa
NUMMERNSCHILDER: Autobesitzer dürfen ihr Kennzeichen bei Umzügen in ganz Deutschland mitnehmen. Die Pflicht zur „Umkennzeichnung“ für den neuen Zulassungsbezirk entfällt. Innerhalb einiger Länder gilt dies heute schon, flächendeckend greift die Regel dann aber erst ab dem 1. Januar. Der Tarif der Kfz-Versicherung richtet sich aber weiterhin nach dem aktuellen Wohnort. Quelle: dpa
RENTE: Der Rentenbeitragssatz sinkt von aktuell 18,9 Prozent auf 18,7 Prozent. Bis 2018 soll er unverändert bleiben. Quelle: dpa
HARTZ IV: Die Regelsätze für Empfänger von Hartz-IV-Leistungen steigen um gut zwei Prozent. Alleinstehende erhalten somit nun einen Betrag von 399 Euro und damit acht Euro mehr als bisher. Quelle: dpa
BERUFSKRANKHEITEN: Als solche werden nun auch Formen des „weißen Hautkrebses“ und andere Krankheiten anerkannt. Betroffene haben Anspruch auf Behandlung aus der gesetzlichen Unfallversicherung. Quelle: dpa
KRANKENKASSEN: Die gesetzlichen Krankenkassen können wieder über einen Teil der Beiträge selbst bestimmen. Dazu wird der bisherige Beitrag um 0,9 Punkte auf 14,6 Prozent gesenkt. Auf diesem Niveau ist es den Kassen möglich, einen Zusatzbeitrag zu erheben. Der dürfte im ersten Jahr im Durchschnitt 0,9 Prozentpunkte betragen, einzelne Kassen dürften aber deutlich darunter liegen. Erwartet wird allerdings, dass der Beitrag in den Folgejahren steigt. Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) verspricht sich mehr Wettbewerb unter den Kassen. Quelle: dpa

Wird sich der demografische Wandel in unserem Mobilitätsverhalten niederschlagen? Steigen ältere Menschen irgendwann in die öffentlichen Verkehrsmittel um oder bleiben sie dank selbstfahrender Autos mobil?
Es gibt in diesem Fall kein Schwarz und Weiß, aber ich halte das selbstfahrende Auto für den stärkeren Trend – auch wegen der Demografie. Ein selbstfahrendes Auto kann auch Menschen, die wegen ihres Alters kein Lenkrad mehr in die Hand nehmen sollten, sicher ans Ziel bringen. Ähnliches gilt in der demografischen Frage auch für das gerade genannte E-Bike: Menschen, die aufgrund ihrer körperlichen Konstitution kaum noch Fahrrad fahren können, fliegen plötzlich die Berge hoch. Das sind starke Treiber für die Vernetzung und die Elektromobilisierung.

In Ihrem Buch „2025 – So arbeiten wir in der Zukunft“ haben Sie sich mit dem Arbeitsmarkt auseinandergesetzt. Können Sie das Szenario kurz umreißen?
Im deutschsprachigen Raum führt die demografische Entwicklung in eine Situation, in der wir in den kommenden zehn Jahren rund 6,5 Millionen Menschen weniger im Arbeitsmarkt haben werden als heute. Der Grund ist einfach: Die Babyboomer gehen in Rente, die geburtenschwachen Jahrgänge kommen von unten nach. Das ist reine Statistik, dazu braucht man keinen Trendforscher.

Was bringt das Wirtschaftsjahr 2015?
MindestlohnVom 1. Januar an gilt in Deutschland ein allgemeiner, flächendeckender Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde, mit einer Übergangszeit bis 2017. Fest steht: manches wird teurer - Taxifahren zum Beispiel, oder der Gang zum Friseur. Quelle: dpa
TarifrundenWieviel Geld viele Arbeitnehmer im Portemonnaie haben, werden auch die Tarifverhandlungen 2015 zeigen. Allen voran für die rund 3,7 Millionen Beschäftigten der deutschen Metall- und Elektroindustrie. Die Gewerkschaft IG Metall fordert 5,5 Prozent mehr Geld, die Verhandlungen beginnen Mitte Januar. Bereits 2014 hatte es für Beschäftigte in vielen Branchen ein Plus auf dem Gehaltszettel gegeben. Quelle: dpa
EuroraumAm 1.1.2015 bekommt die Euro-Familie Nachwuchs: Litauen führt die Gemeinschaftswährung ein - der baltische Staat wird damit das 19. Euro-Mitgliedsland. In der Euro-Schuldenkrise hat es zuletzt wieder mehr Sorgen über Griechenland gegeben. Quelle: dpa
KonjunkturDie Risiken für die Wirtschaftsentwicklung bleiben bestehen. Vor allem der Konflikt mit Russland hänge wie ein „Damoklesschwert“ über der europäischen Wirtschaft, sagt EY-Experte Thomas Harms. DIW-Chef Marcel Fratzscher sieht sogar „enorme Risiken“ für die Konjunktur. Hauptgrund: die Euro-Schuldenkrise. Nachdem Wirtschaftsexperten ihre Wachstumsprognosen eingedampft hatten, verbreiteten sie zuletzt aber wieder mehr Optimismus. Das hängt vor allem mit dem fallenden Ölpreis zusammen. Das entlastet private Haushalte und kurbelt den Konsum an. Quelle: dpa
TTIPEs könnte ein Kürzel des Jahres werden: „TTIP“. Mit dem geplanten Handelsabkommen zwischen Europa und den USA sollen durch gemeinsame Standards und den Wegfall von Zöllen viele neue Jobs entstehen - so die Befürworter. Kritiker dagegen befürchten, europäische Standards könnten fallen und etwa Hormonfleisch nach Europa gelangen. Heftig umstritten ist auch der Investorenschutz: Schiedsgerichte, vor denen Konzerne Schadenersatz von Staaten einklagen könnten. Die Verhandlungen sollen bis Ende 2015 abgeschlossen werden. Quelle: dpa
EnergiepreiseEine gute Nachricht bekamen Millionen Kunden schon vor Weihnachten: nach Jahren steigender Stromrechnungen senken viele deutsche Stromversorger Anfang 2015 erstmals wieder die Preise. Vor dem Beginn der Heizperiode konnten sich die Verbraucher außerdem über stabile oder sinkende Preise für Gas und Heizöl freuen. Und das voraussichtlich weiterhin billige Öl freut die Verbraucher: Tanken und Heizen werden wohl auf absehbare Zeit günstig bleiben. Quelle: dpa
Schriftzug CarSharing Quelle: dpa

Wozu führt das?
40 Prozent aller Berufstätigen werden sogenannte Projektarbeiter sein. Sie sind keine Freiberufler, sondern fest bei Unternehmen angestellt – allerdings nicht auf Lebenszeit, sondern für die Dauer eines Projekts. Das können ein, zwei aber auch drei Jahre sein. Danach wechseln Sie zum nächsten Projekt – wahrscheinlich zu einem anderen Arbeitgeber.

Warum die Unternehmen sich ändern müssen

Welche Auswirkungen hat das auf unsere Mobilität, wenn immer weniger Menschen einen 9-to-5-Bürojob haben?
Aus meiner Sicht werden genau diese Projektarbeiter den Unterschied zwischen der Situation in 2015 und 2025 machen. Diese Menschen werden sich nicht an feste Besitztümer wie ein Haus oder ein Auto ketten. Sie werden beides sehr wohl benutzen, aber nicht mehr besitzen. Wir nennen das das „adaptive Modell“, in dem sich die Nutzung eines Gegenstands an den Menschen und dessen Situation anpasst.

Bedeutet das adaptive Modell, dass das Carsharing einen Boom erleben wird?
Diese Menschen sorgen dafür, dass die Chancen der Vernetzung, die uns bereits heute gepriesen werden, überhaupt möglich werden. In einer Welt, in der jeder sein eigenes Auto kauft und besitzt, ist diese Vernetzung hochkompliziert.

Wenn aber 30 bis 40 Prozent der Menschen kein Auto besitzen, aber dauernd ein von zentraler Stelle organisiertes Auto nutzen, lassen sich diese Flottenfahrzeuge deutlich besser vernetzen und Vorteile daraus ziehen. Für mich als Trendforscher ist diese zentrale Stelle – das muss nicht der Staat sein, das können auch ein oder mehrere Unternehmen sein –, welche die Vernetzung fördert und so die Mobilität verändert, der wichtigste Innovationstreiber.

Hat dieser Wandel die Macht, die Autobauer als Unternehmen zu verändern – quasi vom Industriekonzern zum Mobilitätsdienstleister?
Die Macht, sich zu verändern, haben letztlich nur die Unternehmen selbst. Ich gehe aber ganz stark davon aus, dass sie es machen müssen. Ich kann mir aber auch vorstellen, dass sich eine der heutigen großen Marken nicht verändern will und künftig zu einem Übernahmekandidaten werden kann.

Die grundlegende Logik ist – und daran führt kein Weg vorbei –, dass sich zwischen die Hardware-Hersteller und die Endkunden eine Software-Schicht legt. Beispiele sind etwa Uber und AirBnB, die die Nutzung der Hardware durch den Endkunden vermitteln – und das auf eine sehr bequeme Art und Weise. Wer diese Software besitzt, definiert die Regeln, wie die Hardware genutzt wird – in unserem Fall eben das Auto. Ob dahinter ein Amateurfahrer oder ein Taxi-Profi sitzt, der Kunde eine Limousine oder ein SUV will, ist dabei vollkommen egal.

Eine mögliche Liste mit Daten aus dem Auto

In einigen Städten und Ländern wurden die angesprochenen Anbieter aber bereits wieder verboten.
Solche Kämpfe gibt es bei jeder technologischen Innovation. In der Konsequenz glauben wir Trendforscher, dass genau diese Logik in zehn Jahren große Teile der Mobilität prägen wird.

Müssen die Unternehmen – egal ob Autobauer oder IT-Unternehmen – also diese Software-Schicht beherrschen?
Ob sich die Googles, Facebooks oder Apples dieser Welt gegen Daimler, BMW und VW durchsetzen, kann ich nicht sagen. Die Chancen haben aber alle. Auch die ÖPNV-Anbieter, die Bahn oder sogar die Lufthansa, die heute nur einzelne Teile der Mobilitätskette abbilden. Die Frage, wer es tun wird, ist aber noch nicht entschieden. Wie ich das sehe, sind die großen Autofirmen dabei aber nicht an vorderster Front, diese Software-Schicht zu entwickeln. Wenn sie nicht damit anfangen, werden von anderen Fakten geschaffen, die nur schwer einholbar sind.

„IT-Konzerne sind besser aufgestellt als Autobauer“

Daimler hat mit seiner Tochter „Moovel“ und der Beteiligung an MyTaxi bereits heute solche Apps im Angebot. Ist das ein Vorteil gegenüber der Konkurrenz?
Ja und Nein! Ja, sie sind im Vorteil gegenüber anderen klassischen Automobilkonzernen, also der etablierten „Hardware-Welt“. Nein, sie sind weit im Rückstand zu den weltweit skalierenden Uber & Co., also den neuen Angreifern aus der „Software-Welt“. Der Nachteil der Automobilkonzerne ist, dass sie in ihrer klassischen Strategie denken, dass ihre bestehende Markenwelt nun auch noch mit einer App oder einem Sharing-Angebot ergänzt werden muss.

Die Angreifer hingegen ergänzen nichts, sondern brechen markenübergreifend die bisherigen Regeln der Mobilität und treiben neue Regeln in den Markt. Automobilkonzerne müssen schnellstens auch zu Rulebreakern werden. Sie müssen ihre eigenen Geschäftsmodelle angreifen.

Was die neuen Cockpits können
Tesla Der Elektroautobauer Tesla hat schon bei seinen ersten Fahrzeugen großen Wert auf das Infotainment gelegt - also die gute Bedienbarkeit von Musik-Diensten, Navigationsgerät, Kommunikation und Serviceinformationen zum Fahrzeug. Nun ist dem Unternehmen in den USA ein neuer Coup gelungen. In Kooperation mit dem Mobilfunkanbieter AT&T sollen die Elektroautos mit einem Zugang zum Highspeed-Internet ausgestattet werden. Damit wäre nicht nur ruckelfreies Webradio und Surfen im Internet möglich. Auch Verkehrsinformationen für das Navigationssystem ließen sich in Echtzeit abrufen. Und bliebe der Wagen stehen, könnte eine Service-Hotline per Netz eine Ferndiagnose des Motors durchführen. Quelle: REUTERS
Kia UvoDas Infotainmentsystem von Kia lässt sich per Sprachsteuerung und Touch steuern. Die erste Variante des Systems entwickelten die Koreaner gemeinsam mit Microsoft. Die aktuelle Version setzt auch auf mobile Dienste und baut auf Googles Betriebssystem Android auf. Dadurch kann das System zum Beispiel auf die Karten und Informationen der Plattformen Google-Maps und Google-Places zugreifen. Steuern lässt es sich sich zusätzlich über Android- und Apple-Smartphones. Quelle: Presse
Audi TabletWie sehr die Welt der mobilen Rechner in die der Automobilbranche übergreift, zeigt ein neues Produkt aus dem Hause Audi. Erst kürzlich stellte der Autobauer auf der Elektronik-Messe CES in Las Vegas ein eigenes Tablet vor. Unter dem Titel "Audi Smart Display" soll das Gerät die Bedienung der Infotainment-Angebote im Auto erleichtern. Denn während Nutzer Tablets intuitiv bedienen können, tun sich viele mit den umfassenden Möglichkeiten von Infotainmentprogrammen im Auto noch schwer. Das Tablet hat einen 10 Zoll großen Display, der sich ganz einfach mit dem Infotainment in neuen Audi-Modellen verbinden lässt. Außerdem bietet es einen direkten Zugriff auf Googles Playstore und damit auf alle Android-Apps für Tablets. Quelle: Presse
Audi und GoogleGleichzeitig haben Google und Audi erst kürzlich auf der CES in Las Vegas bekannt gegeben, künftig miteinander kooperieren zu wollen. Damit sollen alle Audi-Bordsysteme auf dem Betriebssystem Google Android basieren. Auch in den neuen Modellen von General Motors, Honda und Hyundai wird künftig Android als Infotainmentplattform verbaut.  Quelle: AP
Infiniti InTouch Das neue Infotainment-System der Luxusmarke wurde auf der Elektronik-Messe CES vorgestellt. Das System macht es möglich das Smartphone mit dem Bordcomputer zu verbinden. Somit kann der Fahrer über das Programm auch im Fahrzeug direkt auf seine Kontakte, E-Mails und einige Apps zugreifen. Nachrichten liest einem das Programm auf Wunsch laut vor. Musik kann auch per Sprachsteuerung ausgewählt werden. Besonders praktisch: Auf der Infiniti-Plattform lassen sich sogar die Sitz- und Spiegeleinstellungen von bis zu vier Fahrern speichern. Quelle: REUTERS
Nokias KartendienstAuch Nokia versucht sich einen Platz im Auto zu sichern. Seit Jahren bieten die Finnen Kartendienste für den Verkehr an. Im Sommer hat der einstige Handy-Riese hunderte Millionen Euro in die Hand genommen, um die Dienste zu erweitern. Bisher ist die Plattform "Here" so ausgelegt, dass sie neben der Kartendienste auch eine Integration von Musik und Internetangeboten vorsieht, wie zum Beispiel der ortsbezogene Dienst Foursquare. Eingebunden ist außerdem eine "Auto-Cloud", über die der Fahrer aktuelle Informationen zu Spritpreisen oder freien Parkplätzen abrufen kann. Die Autobauer können für ihre Produkte selbst entscheiden, welche Serviceangebote von Nokia sie einbinden wollen. Quelle: dpa
BMW i3Das Infotainmentsystem des deutschen Elektroautos lässt sich sogar per Smartwatch Samsung Galaxy Gear steuern. Damit hat der Autofahrer Informationen wie den Kilometerstand, den Batteriestand oder den Parkstandort auf der Uhr gespeichert und so immer dabei. Auch ob Fenster geöffnet oder geschlossen sind, lässt sich mit einem Blick aufs Handgelenk überprüfen. Besonders praktisch: Per Spracherkennung lassen sich Klimaanlage und Heizung auch aus der Entfernung steuern. Somit ist der Wagen im Winter schon vorgeheizt und die gefrorene Scheibe getaut, noch ehe der Fahrer das Auto überhaupt aufgeschlossen hat. Quelle: dpa

Seit Jahren kommt mehr und kompliziertere Technik in die Autos – auch ohne Selbstfahr-Technik. Die Neuwagenkäufer werden aber immer älter und wollen sich zum Teil gar nicht mehr auf diese Technologien einlassen. Wie können die Autobauer den technologischen Wandel an die Nutzerbedürfnisse anpassen?
Die Frage ist, wie die Autobauer an dieses Thema herangehen. Als Ansammlung von klassischen Automobil-Ingenieuren werden einige versuchen, möglichst viele Tasten und Hebel logisch und gut erreichbar anzuordnen, damit der Mensch jedes dieser unzähligen Systeme kontrollieren kann. Oder sie wählen einen anderen Ansatz, dass das Auto sowieso alles besser kann und schneller entscheiden kann als der Mensch.

Also nehmen Sie dem Menschen schlichtweg die Macht ab, indem es keine Knöpfe und kein Lenkrad mehr gibt. Das ist die Komplexitätsreduktion auf ein Minimum – und die werden wir meiner Meinung nach immer mehr im Markt sehen.

Wenn der Ansatz des klassischen Auto-Ingenieurs der falsche ist, haben die IT-Firmen dann größere Chancen als die Autobauer, bei denen erst ein Umdenken stattfinden muss?
Vermutlich wird das eher durch die Apples und Googles dieser Welt in den Markt getrieben. Sie haben in den letzten Jahren viele Erfahrungen gesammelt, wie man Komplexität für den Kunden reduziert und wie man damit Geschäfte macht. Die Automobilkonzerne verdienen derzeit aber ihr Geld damit, die Komplexität zu erhöhen, dass es für den einzelnen nicht mehr beherrschbar ist und er in die Werkstatt laufen muss. Ich vermute, dass die Software-Unternehmen besser auf die Situation, die uns erwartet, eingestellt sind.

Wo Netzwerke es Hackern leicht machen
GoPro CamDie Action-Kamera Go Pro Hero 3 lässt sich am Helm, der Kleidung oder am Surfbrett befestigen. So entstehen spektakuläre Sport-Aufnahmen. Diese lassen sich mit ein paar wenige Knopfdrücken auf Facebook oder anderen sozialen Netzwerken teilen. Dafür ist die Kamera internettauglich. Und genau hier liegt die Schwäche der Kamera. Hacker haben herausgefunden, dass sich die Kamera knacken lässt. Danach kann man sie ganz einfach mit einer Fernbedienung steuern. Besonders gefährlich ist das, weil die Kamera auch vom Militär und Sicherheitskräften genutzt wird. Quelle: dapd
Empfindliche HerzschrittmacherÜber 75.000 Menschen in Deutschland haben einen elektronischen Herzschrittmacher implementiert. Diese Geräte lassen sich heutzutage drahtlos nachstellen sowie die darauf erfassten Daten herunterladen. Über die kabellose Schnittstelle wird das Gerät aber auch anfällig. Der Hacker Barnaby Jack hat gezeigt, dass sich der Herzschrittmacher aus bis zu neun Metern Entfernung manipulieren lässt. Quelle: AP
Hacker wissen, so Sie sindJe 60 Euro kosten die Sensoren, die der Hacker Brendan O'Conner zu Testzwecken in der Nachbarschaft verteilt hat. Diese sammeln Signale von Tablets oder Smartphones ein, die dann wiederum in einer Karte angezeigt werden können. Daraus lassen sich komplette Bewegungsprofile der jeweiligen Geräte erstellen. Dass das technisch möglich ist, zeigte auch schon eine Visualisierung von Handy-Daten des Grünen-Politikers Malte Spitz. Er stellte schon vor Jahren seine Smartphone-Daten zur Verfügung, die genau zeigen, wo er sich zu welchem Zeitpunkt aufgehalten hat. Quelle: REUTERS
Anfällige KraftwerkeEin Team von drei Hackern hat eine Sicherheitslücke in einem Funksystem gefunden, das oft auch in Kraftwerken eingesetzt wird. Dadurch könnten Angreifer in einem Umkreis von 65 Kilometern, Daten auslesen. Sogar die Abschaltung des Kraftwerks wäre auf diesem Weg möglich. Quelle: dpa
Mobilfunkverbindungen ausspionierenBesonders anfällig für Hackerangriffe sind die sogenannten Femtozellen. Damit lassen sich Mobilfunknetze verstärken, zum Beispiel um den Empfang in Häusern zu verbessern. Sobald sich Smartphone, Handy, Tablet und Co mit der Zelle verbinden, laufen alle Daten, Informationen und Gespräche darüber. Wurde eine GSM- oder CDMA-Femtozelle gehackt, lassen sich also zum Beispiel Telefonate abhören. Nutzer haben kaum eine Möglichkeit sich dagegen zu wehren. Vor allem, da sich viele mobile Endgeräte automatisch und ohne Rückfrage mit einer Zelle verbinden. Quelle: dpa
Smart-TV Die Geräte im Haushalt werden immer stärker mit einander vernetzt. Smart-TV, ferngesteuerte Heizungsanlagen oder Waschmaschinen bieten Hackern so ganz neue Angriffsflächen. Erst kürzlich ist es gelungen, die Funktionen eines Internet-Fernsehers auszunutzen und die Person vor dem Fernseher per Webcam und Mikrofon auszuspionieren. Auch die Heizung lässt sich ungefragt hochstellen oder Lampen anstellen und Türen öffnen. Im August ist es Hackern in Japan gelungen, hochautomatisierte Luxustoiletten zu manipulieren. Quelle: dpa
Auto-CockpitDie Armarturen in Autos werden immer mehr zu regelrechten Cockpits. Die elektronischen Hilfen im Fahrzeug werden von Jahr zu Jahr mehr. Doch auch zentrale Funktionen wie die Bremsen oder der Motor werden über einen regelrechten Bordcomputer gesteuert. Der Hacker Chris Valasek hat gezeigt, wie sich diese Technik austricksen lässt, um zum Beispiel das Lenkrad wild rotieren zu lassen oder einen vollen Tank vorzugaukeln. Quelle: dpa

Sie haben auf Ihren Vorträgen auch Kontakt zur Autobranche, werden oft von den Unternehmen gebucht. Wie ist das Feedback der Branche auf solche Thesen?
Ich bekomme von den Autobauern oft gesagt, dass das so nicht gehen wird. In jeder Branche um sie herum geht es aber. Der einzige Grund ist, dass sie es nicht wollen. Wenn andere kräftige Player in den Markt herein kommen, dann werden sie es einfach müssen.

Die größte Schwierigkeit dabei ist keine technische, sondern eine mentale. Ingenieure die 20 oder 30 Jahre lang an bestimmte Grundregeln geglaubt haben, sollen plötzlich die alten Regeln vergessen und neue erfinden. Schwer! Nicht umsonst will die Branche von uns Innovationsberatern als erstes keine neuen Produktideen, sondern „Learn to unlearn“-Programme für ihre Führungskräfte. Und dann geht es auch irgendwann.

„Infrastruktur so wichtig wie Bildung“

Gerade bei jüngeren Menschen gelten viele Automarken als uncool, Apple und Facebook hingegen sind in. Haben die IT-Unternehmen so auch einen großen Marketing-Vorteil?
Das könnte sein. Was „in“ ist oder nicht, ist aber keine dauerhafte Erscheinung. Wenn wir eine Automarke gründen und sie zum Beispiel Tesla nennen, können wir auch innerhalb weniger Jahre als Innovationsführer, der Coolste und Hippste am Markt erscheinen.

Diese Möglichkeit hätten auch die großen Autohersteller. Sie müssen ihr altes Geschäftsmodell hinter sich lassen. Sie müssen ihr altes Geschäftsmodell selbst angreifen und so ein neues aufbauen. Durch die Weiterentwicklung des Alten entsteht nichts Neues.

Leichter gesagt als getan.
Das ist die große Schwierigkeit, die die Autobauer mit sich herumtragen. Ich kann das nachvollziehen, dass man sich auf den Abverkauf des „Alten“ in Asien konzentriert und damit einen Rekordgewinn nach dem anderen einfährt. Die Gefahr daran ist, dass man für die jungen Zielgruppen in Europa und Nordamerika die Innovationsführerschaft kampflos an die Softwareunternehmen abgibt.

Bei der Zukunft der Mobilität spielt auch der Staat eine entscheidende Rolle, er stellt die Straßen und die Infrastruktur zur Verfügung, auf der die Unternehmen – egal ob klassischer Autobauer oder moderner IT-Konzern – Geld verdienen wollen. Worauf müssen sich Bund, Länder und Kommunen einstellen?
Die Infrastruktur ist neben der Bildung der wichtigste Punkt, an dem der Staat investieren muss. Es lässt sich mit Zahlen belegen, dass es genau hier aber einen Investitionsstau gibt. Es ist aber nicht so, dass der Staat nichts tut. Die Automobilbranche im Speziellen ist für den deutschen Staat ein Kind, das man immer gefördert hat.

Wo liegt dann das Problem?
Es wird an der falschen Stelle gefördert. Das Problem ist aus meiner Sicht, dass der Staat noch nicht antizipiert hat, welche Veränderungen am Arbeitsmarkt auf uns zukommen. Die Begründung all dieser Hilfestellungen – sei es die Abwrackprämie oder die Diskussion über Subventionen für Elektroautos – ist immer, dass Arbeitsplätze in Gefahr seien. Die Grundangst der deutschen Politik ist die wachsende Zahl an Arbeitslosen. In unserer Prognose haben wir in zehn Jahren aber kein Problem mit Arbeitslosen, wir haben sogar zu wenig Berufstätige.

Nach meiner Prognose versteht die Politik irgendwann, dass sie die Arbeitslosigkeit nicht bekämpfen muss, weil es künftig keine Arbeitslosigkeit mehr gibt. Die Subventionen, die heute in Richtung Arbeitsplätze fließen, könnten in die Infrastruktur, in Straßen, in Hochbrücken, in Schienen fließen. Und am wichtigsten: In die Infrastrukturen für zukunftssichere IT-Systeme. Denn diese bilden im Jahr 2025 das Betriebssystem unseres Lebens.

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