Werden das Virus und seine Mutationen denn kontinuierlich untersucht – so ähnlich wie bei Grippe- oder SARS-Viren?
Zum Teil. Als Koordinator eines europäischen Konsortiums haben wir im März als erste vor Ort in Guinea ein Untersuchungslabor aufgebaut. Aber dort werden Patientenproben lediglich daraufhin untersucht, ob die Menschen sich mit Ebola infiziert haben oder nicht. Dieses und die inzwischen dazu gekommenen Labors sind technisch nicht dafür ausgerüstet, das Genom der Viren aufzuklären. Wir haben die ersten drei Erbgut-Sequenzen des Ausbruchs im April veröffentlicht, und uns dann der Arbeit in Afrika gewidmet. Wir haben inzwischen aber zahlreiche Proben mit nach Hamburg gebracht und wollen jetzt zusammen mit anderen europäischen und afrikanischen Forschungsreinrichtungen anfangen, diese auf ihre Mutationen hin zu untersuchen. Eine große Zahl von Virussequenzen aus Sierra Leone wurde kürzlich von einer amerikanischen Gruppe veröffentlicht.
Könnte das auch hilfreich sein, um eine wirksame Impfung oder Therapie gegen Ebola zu entwickeln?
Leider nicht. Zusammen mit den Informationen, wie es den betroffenen Patienten ergangen ist, können solche Analysen uns lediglich Auskunft darüber geben, ob und welche genetischen Veränderungen auch Auswirkungen auf den Krankheitsverlauf haben. Die meisten Mutationen bei Viren haben nämlich keinerlei erkennbare Effekte. Wir können außerdem im Labor prüfen, ob sich der Krankheitsverlauf in Tieren ändert oder ob die Antikörper, die für eine experimentelle Therapie zur Verfügung stehen, noch wirksam sind.
Sie kommen gerade aus Westafrika zurück. Was müsste aus Ihrer Sicht geschehen, um die Seuche einzudämmen?
Meine Kernkompetenz ist die Viren-Diagnostik, da müssten Sie eigentlich bei der Weltgesundheitsorganisation nachfragen. Aber aus all dem, was ich von den Ärzten und Helfern vor Ort höre, müssen wir die Menschen in den betroffenen Ländern noch stärker davon überzeugen, dass sie sich und ihre Familien vor dem Tod schützen, wenn sie ihre an Ebola erkrankten Angehörigen zu den Quarantänestationen bringen, anstatt sie zu Hause zu pflegen. Sonst wird die Ansteckungswelle nie unterbrochen. Dazu gehört aber auch, dass wir den Menschen in diesen Stationen auch wirklich medizinisch helfen.
Passiert das bisher denn nicht?
Nein, dazu fehlt es an geschultem medizinischem Personal und an technischer Ausstattung. Denn um einem Patienten beispielsweise die richtigen Medikamente zu geben, um seinen Körper zu stabilisieren, müssen Blutanalysen gemacht werden, um etwa den Kalium- oder Laktat-Gehalt festzustellen. Deshalb werden hierzulande auf einer Intensivstation mehrmals am Tag viele verschiedene Blutparameter gemessen. Wir planen gerade, unser Labor wenigstens mit einigen solcher Diagnose-Möglichkeiten aufzurüsten. Denn nur wenn viele Menschen die Quarantänestationen lebend verlassen, werden die Menschen auch freiwillig dorthin kommen.
Noch einmal kurz zurück zur globalen Bedrohung: Angenommen, Ebola bleibt weiterhin nur von Mensch zu Mensch als Schmierinfektion übertragbar. Wie groß ist aus Ihrer Sicht dann die Gefahr, dass die Seuche trotzdem von Afrika auf Europa oder USA übergreift?
Gleich Null. Natürlich kann man nicht ausschließen, das ein Infizierter einreist und es Kontakte gibt. Aber anders als in Westafrika, wo sie tage- und wochenlang nach den Kontaktpersonen suchen müssen, rechnen wir hier damit, dass sich Kontaktpersonen und Erkrankte melden und medizinisch betreuen lassen. Dann lässt sich die Ausbreitung der Krankheit zügig stoppen.