Knauß kontert

Wahre Konservative müssen echte Grüne sein

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Wie Linke die Grüne Partei kaperten

An der Wiege der ökologischen Bewegung und auch der Grünen Partei standen Konservative. Einer von ihnen war der CDU-Abgeordnete Herbert Gruhl, der mit seinem Manifest „Ein Planet wird geplündert“ 1975 einen Bestseller veröffentlichte, den Naturschutz erfolgreich zum Wahlkampfthema machte – und zum Dank dafür vom Wirtschaftsflügel der Union aus der Partei gedrängt wurde. Helmut Kohl erkannte darin später einen seiner größten Fehler.

Gruhl gründete dann 1978 die „Grüne Aktion Zukunft“, die sich 1979 mit der ebenfalls konservativen „Aktion unabhängiger Deutscher“ (AUD) und kleineren Gruppen zur „Sonstigen politischen Vereinigung Die Grünen“ zusammenschloss – die Keimzelle einer neuen Partei, die als „Die Grünen“ 1980 erstmals zu Bundestagswahlen antrat. Dass diese neue Partei einmal eine linke Partei würde, war damals längst nicht klar. „Nicht rechts, nicht links, sondern vorn“ war ein Motto der Partei, die zunächst konservativ-bürgerlich zu sein schien.  

Die linken 68er haben, als sie merkten, dass sie weder mit Pflastersteinen und Mao-Bibeln, noch mit Hilfe ihre K-Gruppen zu den Schaltzentralen der Macht gelangen würden, die ökologische Bewegung gekapert. Denn die Ökologie lieferte, was revolutionäre Parolen nicht erreichten: Anschlussfähigkeit und Mobilisierungspotenzial in weiten Teilen der Gesellschaft. Die Zerstörung der Natur aufzuhalten war ein Ziel, mit dem sich das deutsche Bürgertum überzeugen ließ.  

Dass Herbert Gruhl keine charismatische Führungsfigur war, sondern ein Sonderling, und AUD-Chef August Haußleiter während des Krieges als Offizier an Propagandaschriften beteiligt war, erleichterte den K-Gruppen-Kadern die schnelle Aussonderung der konservativen Gründungsväter der Grünen. Gruhl und rund ein Drittel der Mitglieder verließen die Partei schon 1981, also vor dem Einzug in den Bundestag.

Dieser doppelte Rauswurf Gruhls veranschaulicht bis heute das Drama der Naturschutz-Bewegung. Die CDU unter Kohl hat in den 1970er und 1980er Jahren die historische Chance verpasst, sie dort zu verankern, wo sie ihrer eigenen Herkunft nach hingehört: im eigenen konservativen politischen Lager. Stattdessen wurde sie ins linke, progressive Lager verbannt, wo sie bis heute nur schwer tiefe Wurzeln schlagen kann.

Für Scruton liegt in dieser Linksverschiebung der Ökologie die Ursache dafür, dass sie trotz aller politischen Erfolge der Grünen letztlich schwach blieb. Machthungrigen Altlinken wie Jürgen Trittin und Joschka Fischer war der ökologische Gedanke immer fremd. Der Schutz der Natur war ihnen ein Mittel zur emotionalen Mobilisierung bürgerlicher Wähler – kein zentrales Politikziel.

Wem es ernst ist mit einem neuen, zeitgemäßen Konservatismus, der müsste sich bemühen, dieses schwere Versäumnis der konservativen Parteien – in Thatchers Großbritannien und anderen westlichen Ländern lief es ähnlich wie in Deutschland – zu korrigieren. Wer ein wahrer Konservativer sein will, muss ein echter Grüner sein.

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