Der US-Elektroauto-Pionier Tesla will seine Geschäftsfelder stark erweitern und unter anderem die Produktlinie der Elektroautos auf alle wichtigen Segmente ausweiten. Künftig sollen auch elektrisch angetriebene Busse und Lastwagen gebaut werden.
Die Modelle seien „im frühen Stadium der Entwicklung“ und könnten frühestens 2017 präsentiert werden, gab Unternehmenschef Elon Musk am Mittwoch bei der Vorstellung eines mit Spannung erwarteten „Masterplans“ bekannt. Wann die Fahrzeuge auf die Straße kommen könnten, blieb unklar.
Ein „Tesla-Semi“, wie Musk den Lastwagen bezeichnete, könne die Transportkosten deutlich senken und gleichzeitig die Sicherheit erhöhen. Auch für den Bus schwebt dem Visionär Musk Großes vor – etwa eine neue Sitzanordnung und ein Verkehrskonzept, das klassische Haltestellen überflüssig macht.
Das ist der neue Tesla-Masterplan
Ein integriertes System aus Solarzellen und Hausbatterien soll die Energieversorgung revolutionieren.
Weitere Elektro-Modelle sollen neue Fahrzeugsegmente erschließen, damit alle Kunden zufrieden gestellt werden können.
Die Selbstfahr-Fähigkeit soll dank den Erfahrungen aus der Tesla-Flotte zehnmal sicherer werden als ein menschlicher Fahrer.
Das Auto soll dazu fähig sein, als Teil einer Carsharing-Flotte Geld zu verdienen, wenn der Fahrer es gerade nicht braucht.
Die bestehende Flotte solle außerdem um einen kompakten Geländewagen und ein neues Kleintransporter-Modell, das Musk vollmundig als „neue Art von Pickup-Truck“ ankündigte, ergänzt werden.
Trotz der Debatte um die Sicherheit der selbstfahrenden Autos nach einem Todesfall kündigte Musk an, das Konzept des autonomen Fahrens vorantreiben zu wollen. Alle künftigen Tesla-Modelle würden vollständige Selbstfahrfähigkeiten haben, auch die Busse und Lastwagen, sagte er.
Autopilot-Funktion in der Kritik
Musks Gedankengang: Wer seinen Tesla auch anderen gegen eine Miete zur Verfügung stellt, kann so die „wahren Besitzkosten“ deutlich senken – dadurch werde in Zukunft nahezu jeder einen Tesla besitzen können. Ein günstigeres Fahrzeug als das „Model 3“ für 35.000 Dollar müsse damit nicht in die Modellpalette. In Städten, in denen die Abdeckung durch private Teslas nicht ausreiche, wolle das Unternehmen eigene Flotten aufbauen.
Die Behörden ermitteln zu einem Unfall im Mai, bei dem ein 40-jähriger Mann in Florida ums Leben kam, als er mit dem Tesla-Sportwagen im Fahrassistenz-System „Autopilot“ unterwegs war. Die Kameras des Wagens hätten die weiße Flanke eines abbiegenden Sattelzugs vom hellen Himmel nicht unterscheiden können, teilte Tesla mit. Die amerikanische Aufsichtsbehörde NHTSA untersucht das System und forderte von Tesla inzwischen alle „Autopilot“-Unterlagen an.
Wirbel um SolarCity
Musk betonte, dass die Technik „bei korrekter Nutzung“ viel sicherer als der menschliche Fahrer sei. Deshalb wäre es „moralisch verwerflich“ von Tesla gewesen, die Technologie aus Angst vor negativer Medienberichterstattung oder Klagen zurückzuhalten. „Es würde nicht mehr Sinn ergeben, „Autopilot“ zu deaktivieren, wie einige gefordert haben, als den Autopiloten in Flugzeugen abzuschalten, nach dem unser System benannt ist“.
In seinem „Masterplan“ verkündete Musk zudem, das Unternehmen wolle in Zukunft auch Solardächer für Häuser mit integrierten Batteriespeichern anbieten Er warb erneut für die Übernahme und Integration des Solarpaneele-Herstellers SolarCity.
Die Tesla-Chronik
Zwei Teams um den US-Ingenieur Martin Eberhard und den Milliardär Elon Musk entwerfen die Vision eines Elektrofahrzeugs, das mit Akkus angetrieben wird. Auf der Basis des Prototyps T-Zero. Neben Musk stecken auch die Google-Gründer Sergey Brin und Larry Page und der eBay-Gründer Jeff Skoll Geld in das Projekt.
Drei Jahre arbeitet Tesla am ersten Modell, im Juli 2006 stellt das Unternehmen den Roadster vor. Der zweisitzige Sportwagen auf der Basis des britischen Leichtgewicht-Roadster Lotus Elise verfügt über einen 215 kW (292 PS) starken Elektromotor, der seine Energie aus 6.831 Lithium-Ionen-Notebook-Akkus bezieht.
Im August 2007 tritt der damalige CEO Martin Eberhard zurück, im Dezember 2007 verlässt er das Unternehmen komplett. Am Ende landet der Streit der Gründer fast vor Gericht – bis eine außergerichtliche Einigung erzielt werden kann.
Musks finanzielle Mittel alleine reichen zum Wachstum nicht mehr aus. Mit Daimler und Toyota steigen zwei große Autokonzerne bei Tesla ein. Trotzdem schreibt das Unternehmen weiterhin Millionenverluste.
Lange war der Bau einer eigenen Limousine unter dem Codenamen „WhiteStar“ geplant. Auf der IAA in Frankfurt feiert das Model S, eine 5-sitzige Limousine die Premiere. Anfangs übernimmt Lotus die Fertigung. Ab 2011 wird das Modell in einer ehemaligen Toyota-Fabrik in Freemont gebaut. Pro Jahr werden zunächst 10.000 Modelle gefertigt.
Tesla erhält vom US-Energieministerium einen Kredit über 450 Millionen Dollar. Das Geld investiert das Unternehmen in den Aufbau einer eigenen Fertigung.
Musk wagt den Börsengang. Mit einem Ausgabepreis von 17 Dollar geht der Elektrohersteller in den Handel – und macht den Gründer wieder reich. Über Nacht erreicht erreichen die Anteile von Musk einen Wert von 650 Millionen Dollar, obwohl das Unternehmen bis zu diesem Zeitpunkt noch nie Gewinne gemacht hat.
Tesla veröffentlicht Pläne einen eigenen SUV an den Start zu bringen. Das Model X soll im Sommer 2015 erstmals ausgeliefert werden und die Modellpalette von Tesla erweitern. Am Ende verzögern sich die Pläne, die Produktion des Model X läuft erst im Herbst an – und das nur schleppend.
Endlich schreibt Tesla schwarze Zahlen. Auch den Millionenkredit des Staats zahlt das Unternehmen neun Jahre früher als es nötig gewesen wäre. Mit der Ausgabe neuer Aktien und Anleihen nimmt das Unternehmen rund eine Milliarde Dollar ein. Der Aktienkurs des Unternehmens beläuft sich mittlerweile auf 147 Dollar. Damit ist das Unternehmen an der Börse mehr wert als Fiat.
Im Mai haben die Bauarbeiten in Reno, Nevada, für die weltgrößte Batteriefabrik begonnen. Hier will Tesla nicht nur die Akkus für seine Elektroautos und auch sogenannte "Powerwalls" für den Hausgebrauch montieren, sondern auch die Batteriezellen selbst aus Rohstoffen herstellen. Das Investitionsvolumen beträgt fünf Milliarden Dollar, als Partner ist Panasonic mit im Boot.
Tesla gibt Pläne bekannt, mit dem Model 3 ein kompaktes Auto für den Massenmarkt auf den Markt bringen zu wollen. Der Wagen, der rudimentär erstmals im März 2016 gezeigt wurde, soll rund 35.000 Dollar kosten und soll über eine Reichweite von 320 Kilometern (200 Meilen) verfügen.
Nach der Vor-Premiere des Model 3 im März steht zur Jahresmitte ein weiterer Meilenstein an: In der Gigafactory werden die ersten Batteriezellen gefertigt. Diese sind zwar vorerst für die PowerWall-Heimakkus gedacht, bringen das Unternehmen aber einen Schritt näher an die Massenfertigung des Model 3.
Ende Juni 2017 übergibt Tesla die ersten 30 Model 3 an ihre Besitzer übergeben - allesamt sind Tesla-Beschäftigte. Die ersten 30 von mehr als einer halben Million Vorbestellungen, die Tesla erst einmal lange abarbeiten muss.
Tesla erreicht am 1. Juli das Produktionsziel für seinen Hoffnungsträger Model 3. In den sieben letzten Tagen des zweiten Quartals seien 5031 Fahrzeuge hergestellt worden, teilt der Konzern. Vom Erfolg der Serienfertigung beim Model 3 hängt ab, ob sich Tesla mit seinen 40.000 Beschäftigten vom unrentablen Nischenplayer zum profitablen Hersteller wandeln kann.
Als Musk der schwächelnden Solarfirma im Juni ein Übernahmeangebot von bis zu 2,5 Milliarden Dollar (2,26 Milliarden Euro) unterbreitete, gab es laute Kritik, weil bei SolarCity zwei Cousins von Musk involviert sind und er selbst größter Anteilseigner ist. Musk begründete die Offerte damit, dass es Kunden erleichtert werden solle, ihre Elektroautos mit Solarkraft zu bedienen.
Tesla steht an vielen Fronten unter Druck
Dem Kunden ein solches integriertes Produkt aus Solaranlage (SolarCity), Hausspeicher-Batterien (Tesla Powerwall) und einem Elektroauto zu geben, sei nicht möglich, wenn Tesla und SolarCity getrennte Unternehmen seien, so Musk in dem Blogeintrag. „Dass sie angesichts ähnlicher Ursprünge und demselben übergeordneten Ziel einer nachhaltigen Energie überhaupt getrennt sind, ist großteils ein Unfall der Geschichte“, schreibt der Tesla-Gründer. Jetzt sei die Zeit gekommen, sie zusammenzuführen.
Tesla steht nicht nur wegen der Probleme mit dem „Autopilot“, sondern auch wegen Lieferproblemen unter Druck. Im zweiten Quartal hatte Tesla zum zweiten Mal in Folge weniger Autos an seine Kunden ausgeliefert, als in Aussicht gestellt. In der Branche wuchsen zuletzt die Zweifel, ob Tesla es schafft, die wachsende Nachfrage nach Elektroautos zu befriedigen.
Aktuell stellt Tesla eine Luxus-Limousine und ein Crossover-Fahrzeug her. In seinem ersten Strategie-Papier vor zehn Jahren hatte Musk die Entwicklung des Unternehmens bis hin zu einem günstigeren Verbraucher-Modell vorgezeichnet. Das soll jetzt im kommenden Jahr mit dem „Model 3“ auf den Markt kommen. Tesla hatte im vergangenen Jahr erst gut 50.000 Autos gebaut, 2018 sollen es wegen der bereits über 370.000 Vorbestellungen des „Model 3“ schon 500.000 jährlich sein. Die deutlich verzögerte Produktion des SUV „Model X“ läuft erst jetzt in größeren Stückzahlen an.