Volkswagen-Skandal MyRight will verhafteten VW-Manager vernehmen

In Deutschland sind 2,6 Millionen Kunden vom VW-Rückruf betroffen. Am Montag reicht MyRight für einen von ihnen Klage gegen Volkswagen ein. Gleichzeitig beantragen sie die Vernehmung von VW-Manager Oliver Schmidt.

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Myright.de setzt sich für Geschädigte des VW-Abgasskandals ein. Quelle: dpa Picture-Alliance

Volkswagen hat es in Deutschland ziemlich gut: 2,6 Millionen Fahrzeuge musste der Konzern hierzulande bisher zurückrufen, geklagt hat kaum jemand. Insgesamt 120 Urteile sprachen deutsche Richter im Abgasskandal – und nicht immer musste VW zahlen.

Die Plattform myright.de, ein sogenanntes Legal Tech, hat sich vorgenommen, den deutschen Kunden im großen Stil zu ihrem Recht zu verhelfen und reicht am 13. Februar eine weitere Klage vor einem Münchner Gericht ein. „VW hat den Leuten erzählt, in Deutschland könne man keine Ansprüche geltend machen und die haben das geschluckt“, sagt MyRight-Geschäftsführer und Co-Gründer Sven Bode. Sein Unternehmen tritt als Vertreter der auf Verbraucherschutzklagen spezialisierten US-Kanzlei Hausfeld in Deutschland auf.

Ihr Kunde verlangt vom Autobauer sein Geld zurück. Den Wagen will er zurückgeben. Ihm seien die Risiken zu hoch, er habe keine Garantie mehr auf den Wagen und wisse nicht, wie sich das Software-Update langfristig auf das Auto auswirkt. Also trat er seinen Anspruch an die Plattform ab, die nun für ihn klagt.

Der Fall Volkswagen vor Gericht

Das Problem bei solchen Fällen ist, dass der Kunde in Deutschland nachweisen muss, dass ihm ein Schaden entstanden ist und in welcher Höhe. „Kunden in Deutschland können nicht wie die Staatsanwaltschaft bei Volkswagen E-Mails beschlagnahmen oder Zeugen vernehmen, um ihre Ansprüche zu beweisen“, sagt Bode. Überhaupt nutze Volkswagen die Hürden bei einer Verbraucherklage in Deutschland zu seinen Gunsten aus, so Jan-Eike Andresen, Leiter der Rechtsabteilung und Co-Gründer von MyRight.

Also übernimmt MyRight das für die Betroffenen und beantragt ebenfalls am 13. Februar in den USA die Vernehmung des VW-Managers Oliver Schmidt, der dort inhaftiert ist.

FBI nimmt deutschen Manager fest

Möglich macht das die Zusammenarbeit mit der Kanzlei Hausfeld: Über diesen Umweg kann sich MyRight US-Recht zunutze machen. Bode: „Das amerikanische Recht erlaubt, solche Zeugen zu vernehmen. Davon profitieren unsere Kunden und Schmidt kann reinen Tisch machen.“

Das FBI hatte Schmidt Anfang Januar in Florida festgenommen. Ihm drohen in den USA bis zu 169 Jahre Freiheitsstrafe. Laut der gegen ihn und fünf weitere Manager erhobenen Strafanzeige spielte er eine entscheidende Rolle bei der Geheimhaltung der Schummelsoftware.

Der Fall Oliver Schmidt

Aus der 39-seitigen Strafanzeige und der „Darstellung der Fakten“ des US-Justizministeriums, des FBI und der VW-internen Ermittler der Kanzlei Jones Day lassen sich die Geschehnisse zum Teil genau rekonstruieren:

Seit Juli 2012 war demnach der damalige Leiter der VW-Motorenentwicklung und späterer Entwicklungsvorstand der Marke VW, Heinz-Jakob Neußer über Zweck und Bedeutung der Software informiert. Zudem sollen Neußer und Bernd Gottweis, ein leitender Mitarbeiter des Qualitätsmanagements, „das weitere Verschweigen der Software“ gefördert haben, so die US-Ermittler.

„Die Studie ist nur EEO bekannt und so soll es auch bleiben“

Schmidt wurde im Frühjahr 2014 über eine Studie des International Council on Clean Transportation (ICCT) informiert – jene Studie, die später den Anfang vom Ende des Dieselskandals markieren sollte. Damals war Schmidt Leiter des US-Büros für Umweltfragen von Volkswagen. Am 15. April soll er laut den US-Ermittlern eine Kopie der ICCT-Studie an Gottweis weitergeleitet haben. Darin schreibt er unter anderem „Wir werden vorsichtig sein müssen, wie das weitergeht“. Die Mail schließt mit den Worten: „Innerhalb von VW GOA [VW Group of America, Anm. d. Red.] ist die Studie nur EEO bekannt [jenem Büro für Umweltfragen, das Schmidt zu jener Zeit leitete], und so soll es vorerst auch bleiben“.

Was die EU im Abgas-Skandal bemängelt

Ab März 2015 war Schmidt in Wolfsburg als Hauptvertreter von Neußer in der Wolfsburger Motorenentwicklung tätig. Als die US-Behörden das Unternehmen mit immer konkreteren Fragen zum Abgasverhalten der Autos konfrontierten, bildete diese VW-Motorenentwicklung laut den US-Ermittlern eine „ad hoc task force“, die Antworten auf die Fragen aus den USA formulieren sollten. Anstatt den Betrug zuzugeben, sollen die Mitglieder der Task Force – unter anderem Neußer, Gottweis und Schmidt – eine Strategie entwickelt haben, wie die Software verschwiegen werden kann.

Schmidts Aussagen können für die VW-Kunden, insbesondere die deutschen, also von großer Bedeutung sein. „Wir sind sehr zuversichtlich, dass das klappt“, sagt Andresen.

Liegen Schmidts Aussagen erst einmal vor, ist die Erfolgsaussicht für Kläger in Deutschland ungleich höher. Bis Ende 2018 müssen Geschädigte Klage gegen Volkswagen einreichen. Dann verjährt der Schadenersatzanspruch der Kunden gegen den Konzern. „Wir werden unsere große Sammelklage daher bis 2018 einreichen", sagt Bode.

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