Bezahlsysteme der Zukunft "Viele Banken haben mobiles Bezahlen unterschätzt"

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Banken bremsen neue Dienstleister

Viele Nutzer haben Angst vor Betrug. Sind unsere Sicherheitsstandards bei Online-Banking oder Kartenzahlung im Vergleich mit anderen Ländern zu schlecht?

In Deutschland setzen wir beim Online-Banking zum Beispiel immer noch auf Key-Nummer und Passwort. Beide sind bei den meisten deutschen Banken statisch. In Belgien hingegen wird das Passwort immer dynamisch erzeugt, es ist für jede Online-Banking-Session anders. Selbst wenn ein Dritter die Zugangsdaten unberechtigt erhalten sollte, hätte er damit keinen erneuten Zugriff auf die Kontoinformationen. Soweit die Ausführung von Transaktionen von der Eingabe einer dynamischen Transaktionsnummer abhängig ist, besteht zusätzlicher Schutz vor unberechtigter Geldverfügung. Solche sinnvollen Sicherheitsstandards sind keine Raketentechnik. Für mehr Sicherheit ließe sich also durchaus sorgen.

Viele fürchten den Missbrauch ihrer persönlichen Daten noch mehr als den Betrug.

Dabei eröffnet die Nutzung der Zahlungsinformationen Unternehmen und Konsumenten ganz neue Möglichkeiten und sollte nicht voreilig, pauschal oder grundsätzlich abgelehnt werden. Bankkunden sollten die Wahl haben. Sie sollen darüber entscheiden dürfen, welche digitalen Kontodaten sie Dritten zur Auswertung bereitstellt. Das ist auch mit voll anonymisierten Daten möglich. Die Vertrauensfunktion ist zentral für das Bankgeschäft. Aber wenn Banken für sich entscheiden, so etwas nicht selbst anzubieten, dürfen sich daraus keine Verbote für ihre Kunden ableiten, das vertrauenswürdigen Dritten zu erlauben. Bei veralteten Sicherheitsstandards und Prozessen, die noch nicht ganz an die Anforderungen der digitalisierten Wirtschaft angepasst sind, können sich hieraus unter Umständen unklare Haftungsansprüche bei Schadenfällen ergeben. Die rechtliche Reform des europäischen Zahlungsverkehrs muss diesbezüglich Rechtssicherheit für Kreditinstitute und deren Kunden liefern.

Wer zieht denn besonders großen Nutzen aus diesen Auswertungen der Datenbestände?

Zunächst die Unternehmen. Schon seit vielen Jahren fordern Unternehmen eine bessere Aufbereitung der Zahlungsverkehrsdaten aus ihren Geschäftsbeziehungen. Beispielsweise können Großhändler durch zeitnahe Kontoinformationen Bonitätsrisiken in neuen Geschäftsbeziehungen mit kleineren Einzelhändlern reduzieren. Anonymisierte Massendaten über Bezahlvorgänge können für Marktbewertungen oder für Marketingzwecke ausgewertet werden. Schon heute stellen für Einzelhandelsketten wie Metro, Tesco oder Carrefour Datenbestände über historische Umsätze einen großen Schatz dar. Ihre Datenbestände helfen ihnen bei der Generierung zukünftiger Umsätze. Anonymisierte Daten des Zahlungsverkehrs könnten zusätzliche Informationen bieten, die über die eigenen Umsätze hinausgehen. International gibt es mehrere Beispiele, die zeigen, wie derartiges „Data-Based-Marketing“ funktioniert. Solche Marketingstrategien anhand von anonymisierten Kundendaten könnten durch moderne Zahlungssysteme selbst kleine Händler nutzen, um zum Beispiel Trendverschiebungen frühzeitig zu identifizieren.

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