Deutsche Bank Wie John Cryan die Deutsche Bank retten soll

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„Es geht ums Überleben“

Doch die Skeptiker könnten sich täuschen. Ihr neuer Chef spricht zwar ungern, aber sehr gut Deutsch. Cryan hat sich bei der UBS einen exzellenten Ruf erarbeitet, Weggefährten beschreiben ihn als sachlich, kompetent, konsequent. Und was fast noch wichtiger ist: Er gilt als ruhiger und verbindlicher Charakter, drängt sich nicht in den Vordergrund, er ist kein Mann für Machtkämpfe und Lagerdenken. Sicher, Cryan ist eine Notlösung, aber er kann trotzdem eine gute, vermutlich sogar die beste Wahl für die Bank sein. Sie könnte einen Glücksfall gut gebrauchen. „Es geht ums Überleben“, sagt ein Aufsichtsrat.

Sein größter Vorzug ist sein fehlendes Vorleben bei der Bank, er ist noch nicht lange dabei, er ist unbelastet. Jain musste von Anfang an gegen das Vorurteil ankämpfen, dass es die falsche Lehre aus der Finanzkrise ist, ausgerechnet den früheren Chefhändler, den obersten Investmentbanker zum Anführer eines Neustarts zu machen. Jain war verantwortlich für all die Irrwege, die Risiken, das Wegschauen. Er wollte es besser machen, aber seine Amtszeit war ein Wettlauf gegen die eigene Vergangenheit.

Hat Achleitner zu spät reagiert?

Sie hat ihn immer wieder eingeholt. Und bei jedem neuen Skandal, jeder neuen Milliardenzahlung, tauchte die Frage auf, ob er denn noch tragbar sei. Doch Achleitner hielt zu ihm, „er hat ihm immer geholfen, ihn immer verteidigt“, sagt ein Aufsichtsrat. Nach außen warb er damit, dass jeder eine zweite Chance verdient habe. Dass Fehler unvermeidlich gewesen seien. Und dass derjenige ein besonders guter Aufräumer sei, der aus eigener Erfahrung wisse, was falsch gelaufen sei.

Intern blockte Achleitner Kritik stets mit dem Argument ab, dass die wichtigsten Investoren keinen Wechsel an der Spitze wollten. Jain zähle zu den drei angesehensten Investmentbankern weltweit. Wenn er gehe, würden etliche seiner Kollegen folgen, das könne sich die Bank nicht leisten. Sie sei auf den Geschäftszweig angewiesen, nur hier könne sie das Geld verdienen, das sie so dringend brauchte – um die Kapitalbasis zu stärken und um all die Prozesse mit all den Milliardenstrafen zu überstehen.

Auf einen Blick: Probleme bei der Deutschen Bank

Die Rechnung ist nur zum Teil aufgegangen. Beim Amtsantritt des Führungsduos 2012 sind etliche Konkurrenten nach zum Teil heftigen Verlusten dabei, sich aus dem Investmentbanking zurückzuziehen. Jain und Fitschen setzen darauf, dass eine Lücke entsteht, in die die Bank hineinstoßen kann. Sie kürzen wenig, investieren sogar in den Ausbau in den USA. Es ist wohl auch die Loyalität zu den alten Kollegen, die Jain vor harten Schnitten zurückschrecken lässt. Angesichts der schwachen Kapitalbasis der Bank ist das eine riskante Wette. Sie scheitert letztlich an den Aufsehern, die eine noch höhere Kapitalausstattung fordern als damals erwartet.

Fitschen stand eher auf der Kippe als Jain

Die Aktionäre werden zunehmend unzufrieden und erhöhen den Druck. Es wird offensichtlich, dass Jain und Fitschen nahezu alle für 2015 angekündigten Ziele verfehlen. Ein Abschied Jains sei in den ersten Monaten des Jahres aber nie ernsthaft ein Thema gewesen, sagen Mitglieder des Aufsichtsrats. Eher habe das Gremium daran gezweifelt, dass Fitschen auf seinem Posten bleiben kann. Der steht derzeit in München mit diversen Ex-Vorständen vor Gericht, sie sollen im Zivilprozess mit den Erben des Medienunternehmers Leo Kirch die Unwahrheit gesagt haben.

Um die Investoren zu beruhigen, beginnt die Bank mit der Suche nach einer neuen Strategie. Und erleidet dabei einen schweren Rückschlag: Sie muss für die Manipulation des Referenzzinssatzes Libor die Rekordstrafe von umgerechnet 2,3 Milliarden Euro zahlen. „Man hat doch gesehen, was schiefläuft, dass es so nicht weitergehen kann“, sagt ein Aufsichtsrat, der Jains Wirken schon lange skeptisch verfolgt. Doch kurz drauf stellen sich die Aufseher einstimmig hinter den Zukunftsplan. Der sieht Einschnitte im Investmentbanking vor und den Abschied von der Postbank.

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