Im Namen von Flick bricht Blaschke am 5. Oktober 1993 zu einem diskreten Treffen auf. In Düsseldorf, im Büro des Notars Wolfgang van Randenborgh in der Königsallee 31, unterzeichnet der Flick-Gesandte an diesem verregneten Herbsttag einen geheimen Vertrag, dessen Inhalt jetzt - 20 Jahre später - erstmals bekannt wird: Auch Flick ist so eng mit Sal. Oppenheim und Esch verbunden, dass er den Renditezusagen vertraut und sich direkt am Neubau der VNG-Zentrale in Leipzig beteiligt.
Mit Steuersparmodellen kennt sich Flick bestens aus. Der Name des Industriellen bleibt für immer mit einem der größten Skandale der Bundesrepublik verbunden. Schon in den Siebzigerjahren gelingt es ihm, die Erlöse aus einem Verkauf seiner Beteiligung an Daimler angeblich volkswirtschaftlich sinnvoll wieder anzulegen und dabei durch eine großzügige Ministerentscheidung kaum Steuern zu zahlen. Anfang der Achtziger werden großzügige Spenden an CDU, SPD und FDP öffentlich. Über Jahre suchen Staatsanwälte und ein Untersuchungsausschuss nach möglichen Zusammenhängen. Auch der damalige FDP-Wirtschaftsminister Otto Graf Lambsdorff muss zurücktreten.
Steuersparend angelegt
Steuersparend legt der mehrfache Milliardär auch bei Sal. Oppenheim Geld an. Mit 17,8 Millionen Mark (9,1 Millionen Euro) und einem Anteil von neun Prozent wird Flick zum größten Gesellschafter der Bürohaus Leipzig Nordost GbR. Das geht aus der notariell beglaubigten Urkunde hervor, die der WirtschaftsWoche vorliegt.
Mit Flick als prominentem Zugpferd entsteht eine kleine, aber besonders feine Deutschland AG, die in dieser Zusammensetzung bei keinem anderen Fonds in Erscheinung tritt. Die Crème de la Crème der deutschen Industrie- und Finanzszene beteiligt sich am Neubau der VNG-Zentrale. Dem Kreis der rund 30 Gesellschafter gehören unter anderem an: der Ex-VW-Chef Carl Hahn, der damalige Kaufhof-Chef Jens Odewald, Haniel-Miteigentümer Wolf Baron von Buchholtz, der damalige Chef des Colonia-Konzerns (später: Axa) Claas Kleyboldt, der damalige Allianz-Vorstand Hans-Jürgen Schwepcke, Ex-Bundesbank-Chef Pöhl, der Unternehmensberater Roland Berger sowie die damaligen Thyssen-Manager Vogel und Zimmermann. Die beiden investieren je fünf Millionen Euro.
Die Verbundnetz Gas ist kurz nach der Wiedervereinigung entstanden. Die mit der Privatisierung volkseigener Betriebe beauftragte Treuhandanstalt verkauft im August 1990 die ersten Anteile an private Investoren. Größter VNG-Gesellschafter wird Ruhrgas mit 35 Prozent. Dem neuen Unternehmen fehlt aber noch eine Zentrale für die auf mehrere Standorte verteilten 500 Mitarbeiter.
Die VNG entscheidet sich für die Esch Fonds-Projekt GmbH und die Oppenheim Immobilientreuhand GmbH. Von der Stadt Leipzig kaufen Oppenheim-Esch am 22. Juni 1993 ein knapp 35.000 Quadratmeter großes Areal im Nordosten Leipzigs in der Braunstraße - vergleichsweise günstig zum Quadratmeterpreis von 110 Euro.
Richtig Freude bereitet den Investoren aber ein gut dotierter Mietvertrag mit einer Mindestlaufzeit von 30 Jahren. Als zusätzliches Bonbon gibt es eine Staffelmiete, die sich alle fünf Jahre automatisch erhöht. Statt der ursprünglich 5,7 Millionen Euro nach dem Einzug 1997 zahlt die VNG inzwischen rund 6,5 Millionen Euro Miete pro Jahr. "Der Leipziger Fonds wirft eine richtig gute Rendite ab", schwärmt ein Fonds-Gesellschafter.