Chefsuche bei Lufthansa Carsten Spohr ist zu gut für den Schleudersitz

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Alles richtig, nur eben nicht gerade jetzt

Alles richtig, nur eben nicht gerade jetzt. Denn in der gegenwärtigen Phase „würden Spohrs Stärken ein wenig verschenkt“, glaubt Branchenkenner Adam. Bevor der Passagechef als charismatischer Stratege für gute Laune sorgen könne, brauche die Linie erst einen harten Hund, der zwei, drei Jahre lang die von Franz begonnene Sanierung beende. Idealer Mann für den Job wäre Ralf Teckentrup, Ex-Lufthanseat und heute Chef der Charterlinie Condor. Denn wer beenden soll, was Franz begonnen hat, darf vor allem keine Angst haben, sich unbeliebt zu machen. Und das muss jeder, der jetzt Lufthansa-Chef wird. Etwa beim Sanierungsprogramm Score, das den Gewinn bis 2015 um mindestens 1,5 Milliarden Euro steigern soll.

Zwar versuchte Franz, die Kritik an seinem Abgang damit zu entkräften, dass der Umbau praktisch geschafft sei, wenn er Ende Mai 2014 gehe. „Doch er sollte wirklich wissen, dass das Sparziel trotz aller Erfolge noch weit weg ist“, schimpft ein Manager des Konzerns. „Bei jedem Sparprogramm kommen die härtesten Zeiten am Schluss.“

Gefährlich für den Vollender sind zudem die Fallstricke, die Franz durch seine Personalpolitik hinterlassen hat. Er fand, dass die Lufthansa-Führung mit ihren vielen Ingenieuren und Managern aus den eigenen Reihen mit wenig Auslandserfahrung neben den Fluglinien vom Golf oder Billigairlines etwas ideenlos wirkte. Er heuerte darum bevorzugt Seiteneinsteiger und Branchenfremde an. Diese Querdenker, oft aus der Schweiz, wo Franz die Lufthansa-Tochter Swiss auf Kurs gebracht hatte, eckten wie erwünscht an der alten Garde an.

Verlieren die Neulinge nun ihren Mentor, stehen Top-Leute wie Personalchefin Bettina Volkens oder IT-Leiter Christoph Kollatz ohne Rückendeckung von ganz oben da. Es drohen Grabenkämpfe mit Managern, die die Kompetenz seiner „Schweizer Garde“, wie die Neulinge intern verspottet werden, anzweifeln. Franz’ direkter Nachfolger müsste sich auf die Seite der Fremden schlagen und seinen eigenen Rückhalt im Unternehmen gefährden.

Darum reift im Aufsichtsrat die Einsicht, die Mühen der Ebene einem Interimsmanager zu überlassen und Spohr vor der Landeerlaubnis auf den Chefsessel noch eine Warteschleife drehen zu lassen. „Eine Sanierung ist wie eine Staffel“, sagt Berater Adam. „Da geht der beste Läufer in der Regel als letzter an den Start.“

Zwar warnen Konzernkenner, Spohr könne sich übergangen fühlen und wie Franz kündigen. Ein Vertrauter hält das für überzogen. „Mit einem Übergangskandidaten kann er sicher leben.“

Auch Spohr selbst hat sich wohl auf einen Übergang einrichtet. Er baut derzeit in München ein Haus und bemüht sich, auch durch mehr Heimarbeit Zeit mit seinen beiden kleinen Töchtern zu verbringen. „Das“, meint ein Aufsichtsrat, „wäre als Konzernchef wohl nicht mehr drin.“

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