Zukunft der Mobilität Maschinen können besser steuern

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Bahn als schnellstes Transportmittel

Die Wertschöpfung entsteht aber bei den digitalen Plattformen. Wie schaffen Sie es, Herr Grube, nicht ­zurückzufallen?
Grube: Indem wir selbst Plattformen entwickeln und unsere digitale Kompetenz ausbauen, wir uns aber auch an Start-ups beteiligen. Wir verknüpfen schon heute über Qixxit verschiedene Verkehrsträger. Außerdem investieren wir in spannende Start-ups. Ein Beispiel ist Clever Shuttle: Für die letzte Meile bringen wir künftig Kunden mit Elektrofahrzeugen nach Hause. Das Angebot testen wir bereits in München und Leipzig. Es ist günstiger als ein Taxi, weil der Fahrer unterwegs weitere Fahrgäste mitnehmen darf. Die Fahrer besitzen einen Personenbeförderungsschein. Das ist aber nur ein Beispiel von vielen.


Also „Uber der Bahn“?
Grube: Das sind nicht meine Worte. Im Schwarzwald testen wir ein ähnliches Produkt namens Flinc. Wir schicken Fahrzeuge in dünn besiedelte Gebiete, um Kunden an ihr Ziel, beispielsweise zum Bahnhof, zu bringen. Alles mithilfe einer Mobilitäts-App.

Wo öffentlicher Nahverkehr am teuersten ist
Platz 10: San Francisco und Chicago Wer in der berühmten Cable Car von San Francisco (Foto) oder in der Hochbahn von Chicago unterwegs ist, muss zwei US-Dollar für das günstigste Ticket bezahlen. Das macht den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) dieser beiden Städte zum zehntteuersten der Welt, hat die Deutsche Bank ausgerechnet. Dafür hat sie die Preise des jeweils günstigsten Nahverkehr-Tarifs in Städten weltweit in US-Dollar umgerechnet und verglichen. Um einzuordnen, wie teuer oder günstig die Preise sind, hat die Deutsche Bank New York als Bezugspunkt gewählt: Die Preise in Chicago und San Francisco sind beispielsweise 20 Prozent günstiger als im Big Apple. Quelle: dpa
Platz 9: Berlin und ParisBerlin teilt sich den neunten Platz mit Paris. In beiden Städten kostet der günstigste ÖPNV-Tarif umgerechnet 2,06 US-Dollar. Das sind gerade mal 82 Prozent des New Yorker Preises. Quelle: dpa
Platz 8: SydneyWer im australischen Sydney im öffentlichen Nahverkehr unterwegs ist, zahlt 2,14 US-Dollar für das günstigste Ticket – und damit 15 Prozent weniger als in New York. Quelle: AP
Platz 7: Edinburgh und OttawaDen siebten Platz teilen sich wieder zwei Städte: Im schottischen Edinburgh und im kanadischen Ottawa (Foto) kosten die günstigsten ÖPNV-Tickets jeweils umgerechnet 2,48 US-Dollar. Das ist ein Prozent weniger als in New York. Quelle: AP
Platz 6: New YorkWer einmal in New York ist, muss in den Central Park, ins Empire State Buildung – und eine U-Bahn-Fahrt mitmachen. Ein Ticket des günstigsten Tarifs kostet 2,50 US-Dollar, was die Deutsche Bank als Bezugspunkt für alle anderen weltweiten Preise genommen hat. Quelle: REUTERS
Platz 5: TorontoIn der größten Stadt Kanadas kostet ein ÖPNV-Ticket des kleinsten Tarifs umgerechnet 2,73 US-Dollar. Damit zahlen Menschen in Toronto neun Prozent mehr als in New York. Quelle: dpa
Platz 4: FrankfurtAuch Deutschlands Bankenmetropole hat es ins Ranking geschafft: Wer mit der S-Bahn vom Hauptbahnhof zum Hauptsitz der Deutschen Bank fahren möchte, muss umgerechnet 2,88 US-Dollar zahlen. Das sind 15 Prozent mehr als der niedrigste Tarif in New York und platziert Frankfurt im weltweiten Vergleich auf Platz 4. Quelle: dpa

Hat die Bahn auf der Schiene eine Zukunft, wenn selbstfahrende Autos Kunden von Tür zur Tür bringen?
Grube: Ja. Die Bahn ist und bleibt das sicherste, schnellste, komfortabelste und effizienteste Transportmittel. Staus auf der Autobahn und in der Stadt bekommen sie auch mit Google-Autos nicht gelöst.

Intelligente IT-Systeme werden Verkehrsflüsse in ­Zukunft optimal steuern ...
Grube: Da sprechen wir aber über einen Punkt weit in der Zukunft. Autonomes Fahren wird zum Standard, vielleicht 2025, 2030 oder 2035. Wann genau, weiß ich nicht. Aber ich spüre bei jeder Teambesprechung zu dem Thema, dass die Einführung eher früher als ­später kommen wird. Deshalb lässt sich ja auch die ­extrem hohe Bewertung von Uber erklären. Aber das autonome Auto wird die Bahn nicht ersetzen. Und Uber …

... das Unternehmen wird gerade mit einem Marktwert von rund 55 Milliarden Euro bewertet ...

Grube: Uber hat eine Vision für ein Geschäftsmodell, das eine Art Brücke zum autonomen Fahren darstellt. Heute werben wir bei der Deutschen Bahn mit dem Spruch: „Diese Zeit gehört dir“, das heißt, wir verkaufen Reisezeit als Qualitätszeit. Wenn das in Zukunft auch autonom fahrende Autos können, dann wird der Betreiber dieser Autos Gleiches über seine Dienstleistung sagen können. Wir werden mit neuen Geschäftsmodellen konkurrieren. Deswegen müssen wir autonom fahrende Autos mit in unser Portfolio aufnehmen. Auch wir arbeiten an Projekten und werden mit Sicherheit in Zukunft Flotten mit fahrerlosen Autos betreiben.

Dann sind aber doch selbstfahrende Autos eine Bedrohung für Ihr Geschäft!

Grube: Nur dann, wenn wir als Deutsche Bahn selber nichts unternehmen würden. Aber das wird nicht ­passieren. Wir sind ein Mobilitätskonzern, wir investieren in neue Geschäftsmodelle und Angebote. ­Arroganz und Ignoranz gegenüber neuen Mobilitätsformen wird es bei uns nicht geben. Veränderungen verstehen wir nicht als Bedrohung, sondern als Motor für Fortschritt.

Justus: Wir reden bei dem Thema ohnehin zu viel über Bedrohung und Ängste und viel zu wenig über die Chancen. Jedes Jahr sterben weltweit 1,2 Millionen Menschen bei Verkehrsunfällen, fast immer ist der Mensch schuld. Bei keiner anderen Technologie würden wir solche Unfallzahlen akzeptieren. Maschinen machen weniger Fehler als Menschen. Beim autonomen Fahren sind wir heute noch nicht fehlerfrei, aber da werden wir hinkommen. Die Sensorik verbessert sich, und die Datenverarbeitung wird schneller. Wir werden antizipativ verstehen, was um einen herum vor sich geht.

Die größten Pannen der Deutschen Bahn
Juli 2015Wegen der großen Hitze sind die Luftkühlungen mehrerer IC-Züge ausgefallen. Anders als im Sommer 2010 reagierte die Bahn diesmal schnell: Sie stellte für die besonders betroffene Linie Berlin-Amsterdam zwei Ersatzzüge bereit. Sie sollen eingesetzt werden, wenn die Luftkühlung in anderen IC auf der Strecke versagt, wie ein Sprecher mitteilte. Außerdem wurden in Osnabrück mehrere Busse stationiert. Dort mussten insgesamt mehrere Hundert Fahrgäste in nachfolgende Züge umsteigen, weil in ihren Zügen die Klimaanlage ausgefallen war. Es habe aber kein Fahrgast gesundheitliche Probleme bekommen, so der Sprecher. Bei etwa einem Dutzend älterer Intercitys auf der Linie Berlin-Amsterdam hatten die Klimaanlagen ihre Arbeit eingestellt. Quelle: dpa
Oktober 2014Ein Warnhinweis sorgt für Lacher, Spott und eine Entschuldigung der Deutschen Bahn: „Cannstatter Wasen: Es ist mit Verspätungen, überfüllten Zügen und verhaltensgestörten Personen zu rechnen“ ist am Samstag auf den Anzeigetafeln an mehreren Bahnhöfen in der Region Stuttgart zu lesen gewesen, wo das Volksfest an seinem letzten Wochenende in diesem Jahr wieder Tausende Besucher anlockte. „Wir entschuldigen uns dafür“, sagte eine Bahn-Sprecherin am Sonntag und bestätigte Online-Berichte der „Stuttgarter Nachrichten“ und der „Stuttgarter Zeitung“. Ein Mitarbeiter habe den Text entgegen aller Vorgaben verfasst. Er werde Anfang der Woche zum Rapport bestellt. Dann solle auch der gesamte Vorgang aufgeklärt werden. Quelle: dpa
August 2013Ein ungewöhnlich hoher Krankenstand in der Urlaubszeit sorgte im August 2013 für ein Fahrplanchaos am Mainzer Hauptbahnhof - und für massiven Ärger bei den Fahrgästen. Die Deutsche Bahn hat für das Chaos am Mainzer Hauptbahnhof wegen massiver Personalprobleme auf Facebook um Entschuldigung gebeten. „Für die derzeitigen Einschränkungen möchte ich mich entschuldigen“, antwortete ein Mitarbeiter in dem Sozialen Netzwerk auf Beschwerden einer Nutzerin. Die Situation sei „wahrlich nicht schön“. Quelle: dpa
August 2013Um dem Problem der häufig verstopften und verdreckten Zugtoiletten Herr zu werden, setzt die Bahn ab sofort neue Reinigungskräfte, sogenannte Unterwegsreiniger, in ICE-Zügen ein. Die Reinigungskolonne, die auf der Fahrt die Toiletten putzt, wird um 50 Beschäftigte auf 250 aufgestockt, wie der Vorstandsvorsitzende DB Fernverkehr, Berthold Huber, ankündigte. Die Mitarbeiter sollen zugleich stärker entsprechend der Zugauslastung eingesetzt werden. Damit würden die Toiletten in besonders gefragten Bahnen mindestens zweimal und damit doppelt so oft auf der Fahrt gereinigt wie bisher. Der Fahrgastverband Pro Bahn und die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) lobten die Initiative, wiesen aber zugleich auf andere Probleme hin. „Neben den kaputten oder dreckigen Toiletten gibt es tagtägliche Kundenbeschwerden vor allem über die Klimaanlagen und Verspätungen“, sagte Pro-Bahn-Bundessprecher Gerd Aschoff. Und das sind nicht die einzigen Pannen der Deutschen Bahn... Quelle: dpa
November 2011Nach der persönlichen Anmeldung im neuen elektronischen Ticketsystem „Touch & Travel“ waren für nachfolgende Nutzer die Kundendaten sichtbar. Quelle: dpa
Juli 2010Am einem Wochenende fallen in mehreren ICE-Zügen die Klimaanlagen aus. Fahrgäste kollabierten, Schüler mussten dehydriert ins Krankenhaus eingeliefert werden. Im Zuge der Panne wurde bekannt, dass die Klimaanlagen der Bahn nur bis 32 Grad funktionieren. Damals fielen in Dutzenden Zügen die Klimaanlagen aus. Quelle: dpa
April 2010 - ICE verliert TürBei voller Fahrt verliert ein ICE auf dem Weg von Amsterdam nach Basel eine Tür. Das Stahlteil schlägt in einen entgegenkommenden ICE ein. Auf der Hochgeschwindigkeitsstrecke zwischen Frankfurt und Köln werden sechs Menschen leicht verletzt. Ursache für den Unfall ist eine lose Stellmutter an der Verriegelung. Foto: dpa

Der US-Bundesstaat Kalifornien hat weltweit als erste Regierung ein Gesetz auf den Weg gebracht, das ­autonomes Fahren regulieren soll. Der Inhalt fällt strenger aus als erwartet: Der Mensch muss die Kontrolle über das Fahrzeug behalten. Das Gesetz hat Google nicht gefallen, oder?
Justus: Natürlich müssen Länder Rahmenbedingungen für diese neue Technologie schaffen. Es sind ja fundamentale Fragen zu klären. Wer hat zum Beispiel die Verantwortung bei einem Unfall: der Fahrer oder der Hersteller? Aber wenn jemand in einem selbstfahrenden Auto unterwegs ist, dann will er E-Mails lesen, Musik hören und andere Dinge machen. Wenn der Fahrer wieder die Kontrolle übernehmen muss, ist das nicht intuitiv. Das ist realitätsferne Gesetzgebung, die die Einführung dieser Technologie erheblich erschweren wird.

Und wie soll ein Auto in Zukunft entscheiden, wenn ein Zusammenprall mit der einen oder anderen Menschengruppe unausweichlich ist?
Justus: Das sind Fragen, die wir als Unternehmen nicht beantworten können. Interessanterweise gehen wir fast selbstverständlich davon aus, dass der Fahrer dieses Dilemma besser entscheiden kann. Ich habe meine Zweifel, dass das so ist. Wenn man sich darüber strukturiert Gedanken macht, treffen Maschinen in solch einer Situation bessere Entscheidungen. Davon bin ich überzeugt.
Grube: Die heutige Infrastruktur ist auf autonomes Fahren natürlich noch nicht vorbereitet. Wir bekommen frühestens 2021 den Mobilfunkstandard 5G der nächsten Generation. Erst dann steht eine digitale Übertragungsrate zur Verfügung, die die Kommunikation von und mit Autos ermöglichen würde.

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