Der 60-Jährige warnt seit Jahrzehnten vor den Folgen und Risiken des Klimawandels durch ständig steigende Emissionen von Treibhausgasen. Deshalb hofft der Wissenschaftler auf die Investoren, die nun anfangen, ihre Portfolios umzuschichten und Investments aus Öl und Kohle abzuziehen. Der Kapitalmarkt könne beim notwendigen Strukturwandel in der Energiewirtschaft eine wichtige Rolle spielen. „Klar, den Investoren geht’s um ihre Rendite. Aber, wenn die erkennen, dass sich ihre Investments in die fossilen Energien wegen der Klimakrise nicht mehr lohnen, und stattdessen hoffentlich in erneuerbare Energien investieren, dann beschleunigen sie den Strukturwandel und befördern damit das Ende des fossilen Zeitalters“, sagt Latif.
Die Zeit drängt. Der Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur soll auf maximal zwei Grad begrenzt werden. „Wollen wir das Ziel noch schaffen, müssen wir die weltweiten Treibhausgas-Emissionen bis zur Mitte des Jahrhunderts halbieren und bis zum Ende des Jahrhunderts praktisch auf null kommen. Technisch ist das möglich“, sagt Klimaforscher Latif. „Die Frage ist, wollen wir das wirklich?“
Aachen: Der Anlageberater
Coca-Cola, Apple und Co. kämpfen gegen den Klimawandel
Anlageberater Streuer-de Haan fährt mit den besten Voraussetzungen für ein harmonisches Beratungsgespräch zu seinem langjährigen Kunden Manfred Lieber nach Aachen. Vor Jahren legte Ingenieur Lieber sein Geld noch dort an, wo es ein paar Prozentpünktchen mehr Zinsen gab. Dann traf er Streuer-de Haan, der ihm erklärte, er könne sinnvoller investieren. Lieber hat es nicht bereut. Sein Depot hat sich gut entwickelt. Es enthält unter anderem eine Mischung verschiedener Nachhaltigkeitsfonds, bei denen Kohleinvestments verpönt sind.
Der Pioneer Global Ecology und der Prima Global Challenges haben seit August 2010 pro Jahr im Schnitt elf Prozent zugelegt. Sie konzentrieren sich auf Aktien von Unternehmen, die mit erneuerbaren Energien Geld verdienen und Technologien bieten, die den Energieverbrauch reduzieren können oder Ressourcen schonen.
Auch beruflich beschäftigt sich Lieber mit dem Klimawandel. Mit seiner Projektgesellschaft arbeitete er etwa an einem Forschungsvorhaben für die Ruhrgebietsregion Emscher-Lippe und untersuchte, welche Folgen der Klimawandel bis zum Jahr 2070 für die Region haben könnte.
Zudem, da ist sich Lieber sicher, die Rechnung mit der vermeintlichen Wirtschaftlichkeit fossiler Energiestoffe so eine Sache ist. Günstig seien die weder für die Depots ihrer Anleger noch für die Volkswirtschaft als Ganzes. Er verweist zum Beleg auf die Ewigkeitskosten. „Auch wenn im Ruhrgebiet keine Steinkohle mehr gefördert wird, muss unter hohem Energieeinsatz kostspielig Wasser abgepumpt werden, sonst stehen Teile des Ruhrgebiets unter Wasser.“ Die Gewinne der Aktionäre von früher sind in dem Fall die Verluste des Steuerzahlers von heute.
So sehen Obamas Pläne zur CO2-Reduzierung aus
Die US-Umweltbehörde will nach Medienberichten mit neuen Regeln den Ausstoß von Treibhausgasen durch Kohlekraftwerke bis 2030 um fast ein Drittel reduzieren.
Obama fußt seinen Plan auf den Clean Air Act, einem Bundesgesetz aus den 1970-er Jahren zur Kontrolle gesundheitsschädlicher Luftverschmutzung auf nationaler Ebene. Es ist in der Vergangenheit bereits wiederholt zur Regulierung von Schadstoffen wie Ruß, Quecksilber und Blei angewendet worden, aber erst seit kurzem auch im Kampf gegen die Treibhausgase.
Im Gegensatz zu den Emissionen neuer Kraftwerke kann die US-Regierung den Schadstoffausstoß bestehender Anlagen nicht direkt regulieren. Stattdessen wird sie Richtlinien zur Verringerung der Emissionen erlassen und dann jeder Bundesstaat seinen eigenen Plan entwickeln, um diesen Richtlinien zu folgen. Wenn sich ein Staat weigert, kann die EPA einen eigenen Plan aufstellen.
Kraftwerke sind die größte Quelle von Treibhausgas-Emissionen in den USA. Ohne kühne Aktionen, so warnen Umweltschützer und das Weiße Haus, werde sich der Klimawandel intensivieren und die Gesundheit der Menschen rund um die Welt gefährden. In ihrer diesjährigen Klima-Einschätzung warnte die Obama-Regierung, dass Erwärmung und unberechenbares Wetter ohne Gegenmaßnahmen zunehmend in das Leben der Menschen eingreifen würden. „Das ist nicht irgendein entferntes Zukunftsproblem. Das ist ein Problem, das die Amerikaner heute betrifft“, sagte Obama im Mai.
Genau weiß das noch niemand. Die Regierung hat bisher nicht klar gesagt, ob sie sich für einen einheitlichen Standard oder verschiedene Standards für die einzelnen Bundesstaaten entschieden hat. Aber einer von Obamas Spitzenberatern, John Podesta, kündigte an, dass die Reduzierungen durch Flexibilität für die Staaten „so kosteneffektiv und effizient wie möglich“ gestaltet würden. Das könnte freie Wahl der Wege bedeuten, wie das Ziel erreicht wird: etwa durch eine stärkere Nutzung der Solar- und Atomenergie oder sauberer Brennstoffe, Programme zur Senkung des Energiebedarfs oder einen Emissionshandel zwischen verschiedenen Bundesstaaten.
Die Abhängigkeit von Kohlekraftwerken ist in den einzelnen Bundesstaaten unterschiedlich. Aber es ist durchaus möglich, dass die Strompreise steigen werden. Die USA produzieren 40 Prozent ihrer Elektrizität aus Kohlekraft. Aber Umweltschützer argumentieren, dass ein Teil der Kosten durch sinkende Ausgaben für die Gesundheitsfürsorge ausgeglichen werden.
Nicht in diesem Fall. Nach einer Entscheidung des höchsten US-Gerichts im Jahr 2007 ist die EPA befugt, Kohlendioxid-Emissionen unter dem Clean Air Act zu regulieren. Aber das heißt nicht, dass es nicht heftigen Widerstand und langwierige gerichtliche Vorstöße gegen die Regeln geben wird. Die Regierung selbst erwartet das und bereitet sich darauf vor.
Auch ohne massive Opposition würden die Reduzierungen nach der Verkündung des Plans am Montag noch lange nicht anfangen. Erstmal wird es ein ganzes Jahr lang die Möglichkeit zu öffentlichen Kommentaren und Revisionen geben, und dann haben die US-Staaten ein weiteres Jahr Zeit, der EPA ihre Pläne zur Umsetzung der Regeln vorzulegen.
Und auch für den Anleger von heute ist die Rechnung nicht zwangsläufig positiv. Streuer-de Haan kann seinem Kunden zeigen, wie schlecht es im Depot ausgesehen hätte, wenn er den größten US-Steinkohleförderer, Peabody Energy, im Portfolio gehabt hätte. Die Aktie hat in einem Jahr 90 Prozent an Wert verloren. Wenig besser sieht es am Ölmarkt aus: Weil sich die großen Förderländer, auch aus Angst vor schnellen politischen Restriktionen, seit Monaten einen Ausverkaufswettlauf bieten, befindet sich der Ölpreis auf rekordverdächtig niedrigem Niveau.
Die US-Ölmultis ExxonMobil und Chevron haben vor allem deswegen das zweite Quartal 2015 schlecht abgeschlossen. Die Aktien verloren auf Euro-Basis seit Januar 10 beziehungsweise 19 Prozent. Der weltweite Aktienindex von MSCI legte dagegen um zehn Prozent zu. Auch die deutschen Energieriesen wie E.On und RWE büßten in den vergangenen Jahren aufgrund der Energiewende in Deutschland an Performance ein. E.On verlor seit Anfang des Jahres rund 19 Prozent, die RWE-Aktie sogar 38 Prozent. Der Dax legte in der gleichen Zeit um elf Prozent zu.