Energieversorger Warum bei E.On, RWE und Co. die Nerven blank liegen

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Getrenntes Revier - Großer Sprung

In einer solchen Situation ist es auch wurscht, dass viele Kommunalpolitiker, die gegen die Stromwirtschaft argumentieren, den Beiräten der Regionalversorger angehören und dort die Geschäftspolitik gutheißen. Nach außen hin kündigen Ämter und Behörden massenwirksam Stromverträge bei Vattenfall, dem verhassten Betreiber der Pannen-Kernkraftwerke Krümmel und Brunsbüttel im Hamburger Umland. Gleichzeitig aber kündigt der Hamburger-Stadtwerke-Chef Michael Beckereit an, seine Strompreise würden nicht viel niedriger sein als die von Vattenfall. Die Leipziger Strombörse EEX, an der sich der Strompreis nun einmal orientiert, ist schuld an diesem Umstand. In Wahrheit wollen die Vorstände der neugegründeten kommunalen Stadtwerke so schnell wie möglich die Kosten für den Aufbau ihres Vertriebs hereinholen. Ein hoher Strompreis kommt da gelegen.

In der Zange des Kartellamts

„Es gibt keinen Wettbewerb“, heißt es in schöner Regelmäßigkeit im Bonner Bundeskartellamt. Tatsächlich tun sich die großen vier überregionalen Versorger – E.On, RWE, Vattenfall und EnBW – nicht weh, indem sie sich aus dem Weg gehen. Deutschland ist von ihnen noch immer in Einflusszonen (siehe Grafik) aufgeteilt. RWE ist im Ruhrgebiet vertreten und kaum in München. E.On tritt im Süden stark auf, auch in Hamburg. Umgekehrt hat EnBW nur sehr wenige Kunden in Berlin, wo Vattenfall der Platzhirsch ist.

Das steigert inzwischen den Argwohn der Kartellbehörden. Grund für die verschärfte Gangart sind die dauernden Stromerhöhungen im Lichte eben dieser Einflusszonen. Anders als etwa im Mobilfunk kommt es in der Energiebranche trotz der Liberalisierung im Jahr 1999 zu keinen Preiskriegen, Tarifsenkungen für Haushaltskunden gibt es nicht. Zwar argumentiert die Branche immer wieder mit den ihnen auferlegten Einspeisungen teuren Solar- und Windstroms. Doch dass niedrigere Rohstoffpreise und billigere oder kostenlose Emissionszertifikate gleichzeitig die Kosten der Stromerzeugung merklich senkten, fiel dabei stets unter den Tisch. „Der Strompreis steigt immer“, spottet ein Insider.

Die nächste Welle kommt. 17 Regionalversorger haben eine Erhöhung der Strompreise von zehn Prozent zum 1. Januar angekündigt.

Frontlinien in der Branche

Endgültig vorbei ist die Zeit der friedlichen Eintracht in der Branche. Die Unternehmen der Energiewirtschaft sind einander inzwischen alles andere als hold. Die Abnehmer der großen Versorger, die Stadtwerke, sorgten früher zwar durchaus für Scharmützel um Strommengen und Preise, aber eher diskret und hinter den Kulissen. Inzwischen ist der Nichtangriffspakt aufgekündigt. Unlängst prangerten 50 Stadtwerke in überregionalen Zeitungsanzeigen in einer Weise die Gewinnsucht der Energiekonzerne an, die Greenpeace alle Ehre gemacht hätte. Auslöser war die Anzeige auf RWE-Initiative, die der Verlängerung der Atomlaufzeiten vorausging.

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