Getränke Jägermeister braucht eine Kurskorrektur

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Mehrheitsaktionär Rehm

Rehm gilt als volkstümlich und unprätentiös. Als „freundlich“ und „kommunikativ“ schildert ihn ein Kommilitone. Rehm sei ein Student wie jeder andere gewesen, kaum jemand habe ihm seinen familiären Hintergrund angemerkt. Von Überlegungen, an die Spitze von Jägermeister zu streben, wurde bisher nichts bekannt. Nach dem Studium, berichten ihm Nahestehende, habe Rehm in Praktika und Hospitanzen ins Berufsleben hineingeschnuppert: bei Jägermeister, bei einem Unternehmen des französischen Spirituosenherstellers Remy und bei der Nord/LB. Danach war er beim regionalen Energieversorger E.On Avacon. Schließlich wechselte er auf das von seinem Großvater geerbte Landgut Reinau und widmete sich der Landwirtschaft.

Neuregelung in einer Viertelstunde

Dann kommt Rehms großer Tag. Schon gut ein Jahr vor ihrem Tod, im Oktober 2008, ordnet seine Großmutter Annemarie Findel-Mast die Besitzverhältnisse bei Jägermeister neu. Im Rahmen einer außerordentlichen Hauptversammlung im Privathaus der Hauptaktionärin überträgt die Seniorin in einem formalen Akt in weniger als einer Viertelstunde gut 18 Millionen Anteile ihrem Enkel. Im Gegenzug wird die Patriarchin zur Ehrenaktionärin erklärt, mit lebenslangem Teilnahme-, Rede- und Fragerecht bei Hauptversammlungen.

Seitdem hält Rehm mehr als 22 Millionen der insgesamt 40 Millionen Stückaktien, das entspricht einem Anteil von 55 Prozent. Florians 35-jährige Schwester Christina Stangl besitzt 15 Prozent. Die Anteile ihrer Mutter Susan Buschke blieben unverändert bei 30 Prozent. Die gelernte Diplomkauffrau zog es an den Starnberger See, wo sie seit über einem Jahrzehnt eine Praxis für Kinesiologie, eine wissenschaftlich umstrittene Heil- und Bewegungslehre, betreibt. Andreas, Florians Halbbruder aus der zweiten Ehe seiner Mutter, muss noch gut zwei Jahre warten. Er wird erst mit Erreichen des 25. Lebensjahrs Anteile übernehmen dürfen.

Schiffe und Top-Immobilien

Rehms unternehmerische Betätigung konzentriert sich auf Immobilien- und Vermögensverwaltungsgesellschaften, die Savarpa oder Solvia heißen. In ihnen überwacht, bündelt und investiert der Millionenerbe als geschäftsführender Gesellschafter das Vermögen der Familie. Dabei steht ihm Ralf Bauderer zur Seite, der ehemalige Vermögensberater der bayrischen Großgrundbesitzerfamilie Thurn & Taxis. Zu den Aktivitäten der Jägermeister-Sippe gehören Beteiligungen an der Frankfurter Privatbank Hauck & Aufhäuser, dem Immobilienunternehmen Conren Land, ebenfalls in Frankfurt, sowie der Hamburger Schiffsbeteiligungsgesellschaft Vilmaris. Conren Land investiert für Unternehmerfamilien wie den Jägermeister-Erben oder den früheren Stahlclan Röchling in hochwertige Immobilien.

Welchen Einfluss Rehm bisher auf die Geschäftspolitik von Jägermeister nahm, bleibt Außenstehenden verschlossen. Aus unternehmensnahen Kreisen heißt es nur, dass sich nach dem Tod seiner Großmutter nur wenig an der grundsätzlichen Firmenpolitik ändern wird. Es sei auch nicht geplant, dass Florian Rehm eine Funktion im Unternehmen einnehme.

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