Bilanzskandal bei Steinhoff Die Schauplätze des Möbel-Krimis

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Oldenburg, Dortmund, Wien und Niederlande

Oldenburg

Die Frage, ob Steinhoff bei der Bilanz getrickst hat, beschäftigt auch die Staatsanwaltschaft Oldenburg, wie die WirtschaftsWoche bereits im Mai 2017 berichtete. Die Ermittler hatten kurz vor dem Frankfurter Steinhoff-Börsengang im Dezember 2015 Büroräume und Privatwohnungen durchsuchen lassen und umfangreiche Unterlagen sichergestellt. Es könnten überhöhte Umsatzerlöse in die Bilanzen zweier konzernzugehöriger Steinhoff-Gesellschaften eingeflossen sein, so der Verdacht. Damit wäre der Bilanzwert des Konzerns zu hoch dargestellt worden.

Die Ermittlungen laufen noch und richten sich laut Staatsanwaltschaft gegen „vier aktuelle und ehemalige Verantwortliche eines Konzerns, zu dem unter anderem ein Möbelhandel-Unternehmen in Westerstede gehört, wegen des Verdachts der unrichtigen Darstellung in Bilanzen“. Steinhoff hat seine Europa-Zentrale in Westerstede. Zumindest indirekt dürfte dabei auch eine Auseinandersetzung zwischen Steinhoff und dem früheren Geschäftspartner Andreas Seifert, Eigentümer der XXXLutz-Gruppe, eine Rolle spielen. Es geht um Beteiligungen im Wert von mehreren Hundert Millionen Euro. Der Streit wird zivilrechtlich inzwischen vor Gerichten in Dortmund, Wien und Amsterdam ausgetragen.

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Dortmund

Die heutigen Auseinandersetzungen reichen zurück in die Zeit, als Seifert und Steinhoff sich den stark wachsenden europäischen Billigmöbelmarkt aufteilen wollten. So übernahm Steinhoff mit Poco 2007 mehrere Dutzend von Seiferts deutschen Möbelix-Läden. Auf einen Schlag war er damit Marktführer im Billigsegment. Seifert sicherte sich im Gegenzug eine Option auf 50 Prozent der Poco-Anteile. Ende 2013 zog XXXLutz-Eigner Seifert über seine deutsche OM Handels GmbH diese Option. Seither ist er mit 50 Prozent an Poco beteiligt.

Irgendwann danach muss die Liebe der beiden Partner erkaltet sein. Im Prospekt zum Börsengang im Dezember 2015 bezeichnet Steinhoff Seifert nur noch als "früheren Joint-Venture-Partner", der gegen treuhänderische Verpflichtungen verstoßen und daher kein Recht auf den halben Anteil habe. Wer nun Anteile in welcher Höhe an Poco hält, soll vor dem Landgericht Dortmund geklärt werden.

Brisanz birgt der Fall vor allem für Steinhoff: Der Konzern bilanziert Poco in vollem Umfang. Aus dem Seifert-Umfeld hieß es dazu in einer früheren Einschätzung: "Uns erscheint die Vollkonsolidierung durch einen Gesellschafter fragwürdig. Die OM Handels GmbH tut es jedenfalls nicht."

Wien

Auch vor dem Handelsgericht in Wien duellieren sich die Möbel-Könige: Als Steinhoff sich 2011 für 1,2 Milliarden Euro den französischen Möbelriesen Conforama einverleibte, steuerte Konkurrent Seifert über eine private Firma einen Teil des Kaufpreises in Form eines Wandeldarlehens bei. Obwohl Seigert sein Wandlungsrecht ausübte, habe Steinhoff ihm die versprochenen 50 Prozent nicht eingeräumt, heißt es aus dem Seifert-Umfeld. Seifert reichte daher beim Handelsgericht Wien Klage auf Einräumung der Beteiligung ein. 

Niederlande

Auch in den Niederlanden macht Seifert Druck. Dort hat der Steinhoff-Konzern seinen Rechtssitz. Seiferts Unternehmen haben bei der Handelskammer des Gerichtshofs in Amsterdam einen Antrag auf ein Verfahren im Zusammenhang mit dem Jahresabschluss 2016 gestellt. Eine Entscheidung der Handelskammer über die Eröffnung eines Verfahrens soll am 22. Dezember fallen. Ursprünglich hatte Steinhoff noch im November mit einer Entscheidung gerechnet. 

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