Hörgeräte Kampf gegen Korruption in der Hörgeräte-Branche

Seite 5/5

Mehr Gewinn

Akustiker-Innungschef Quelle: Christof Mattes für WirtschaftsWoche

Immer mal wieder haben Biha-Mitglieder gegen HNO-Ärzte geklagt, die mit Focus Hören zusammenarbeiten, und dabei, wie etwa vor dem Oberlandesgericht Celle, auch recht bekommen. Biha-Hauptgeschäftsführer Jakob Stephan Baschab sieht das Geschäftsmodell von Focus Hören aus diesem Grund auch „juristisch kritisch“. Von einer Diskriminierung könne jedoch keine Rede sein.

„Die Zahl der sogenannten Ärzte-GmbHs hat in den vergangenen Jahren enorm zugenommen“, sagt Baschab. „Wir wehren uns dagegen, dass einige HNO-Mediziner ihren Patienten die eigenen Fachgeschäfte empfehlen und der Wettbewerb außen vor bleibt.“

Überhöhte Preise?

Umgekehrt wirft Stinnesbeck den herkömmlichen Akustikern überhöhte Preise vor. Dazu zähle der Trick, Billiggeräte vorsätzlich falsch an die Bedürfnisse von Patienten anzupassen, damit diese unzufrieden seien und auf ein teureres Modell mit entsprechend mehr Gewinn für den Akustiker springen würden. Auf diese Weise verkauften klassische Akustiker Hörgeräte für 2500 bis 2800 Euro, die im Einkauf gerade mal 1200 bis 1300 Euro kosten.

Die Biha weist die Vorwürfe freilich zurück. „Eine vorsätzliche Falschanpassung von Hörsystemen durch Akustiker ist uns nicht bekannt“, sagt ihr Hauptgeschäftsführer Baschab, „es ist auch falsch, dass die Hörgeräteakustiker überhöhte Preise erzielen.“

Tatsache ist aber, dass die preiswerteren Hörgeräte, die Patienten ohne eigene Zuzahlung erwerben, nach Branchenschätzungen nur etwa 20 bis 30 Prozent aller verkauften Geräte in Deutschland ausmachen.

Die Kunden

Die Angst der Etablierten vor Preisbrechern wie Focus Hören, so fragwürdig die Beteiligung der Ärzte am Geschäft auch sein mag, wurzelt tief und geht zurück auf den Dezember 2010. Damals machte Mitbegründer Stinnesbeck seine Vorwürfe erstmals im ZDF-Politikmagazin „Frontal 21“ publik.

Die Wirkung auf die Kunden einzelner Hörgeräteakustiker war verheerend. „Seitdem der Beitrag im Fernsehen lief, sind die Kunden viel misstrauischer geworden“, sagt einer aus Bayern, der seinen Namen aber lieber nicht genannt wissen will. Er habe in der Folgezeit etliche Kunden verloren. Das Geschäftsjahr 2011 sei schlecht gelaufen, ebenso 2012. „Ich habe Existenzängste“, gesteht der Händler. Eine Auszubildende habe er damals nicht übernehmen können.

Die Aussichten, dass die Geschäfte des bayrischen Hörgeräteakustikers einmal wieder wie früher laufen, sind schlecht: Wenige Meter von ihm entfernt eröffnete kürzlich eine Filiale von Focus Hören.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%