Medikamente Wie die Pharmaindustrie mit Schmerzen gewinnt

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Acetylsalicylsäure, Ibuprofen und Paracetamol

Seit Jahren ist kein neuer Wirkstoff auf den Markt gekommen. Die Pharmafirmen haben fast ausschließlich die drei Optionen Acetylsalicylsäure, Ibuprofen und Paracetamol, die sie in immer neuen, kreativen Möglichkeiten vermarkten: Trotz geringer Auswahl an Inhaltsstoffen gibt es mehr als 250 rezeptfreie Schmerzmittel zu kaufen. So werden die immer gleichen Wirkstoffe mal als Mittel gegen Migräne, mal als Mittel gegen Gelenk- und mal als Hilfe bei Regelschmerzen verkauft.

Einmal entwickeln, vielfach verkaufen. Alle paar Jahre wird das alte Mittel neu verpackt, und weiter sprudeln die Einnahmen.

Die größten Irrtümer über Depressionen
"Depression äußert sich nur psychisch"Psychische Anzeichen wie zum Beispiel Antriebslosigkeit, Konzentrationsschwäche, Trauer und Niedergeschlagenheit gehören klar zum Krankheitsbild der Depression. Sie gehen jedoch gelegentlich mit körperlichen Symptomen einher. „Manchmal verbergen sich hinter Magen- oder Darmbeschwerden, Schwindel sowie Kopf- und Rückenschmerzen starke Depressionen“, weiß Doktor Friedrich Straub, Facharzt für Psychiatrie, Psychotherapie und Neurologie und Chefarzt der Schlossparkklinik Dirmstein. Um sicher zu gehen, dass diese körperlichen Symptome mit der depressiven Verstimmung zusammenhängen, ist eine intensive ärztliche Untersuchung erforderlich. Diese kann Klarheit darüber verschaffen, ob neben der Depression auch andere Krankheiten wie Diabetes oder Schilddrüsenprobleme als Auslöser der Symptomatik in Frage kommen. Quelle: Fotolia
"Ein frohes Gemüt schützt vor Depressionen"„Einen sicheren Schutz gibt es nicht“, betont der Experte. Die Krankheit kann jeden treffen - und zwar ganz unabhängig von der Persönlichkeit. Die gute Nachricht: Gewisse Risikofaktoren für die Begünstigung einer Depression lassen sich mindern. Laut Straub können vor allem Sport und ausreichend Bewegung an der frischen Luft sowie Entspannung eine heilende Wirkung für die Seele haben. Auch ein erfülltes Sozialleben mit vielen engen Freunden und abwechslungsreiche Freizeitaktivitäten senken das Risiko für depressive Verstimmungen. Quelle: Fotolia
"Depressionen verschwinden von selbst wieder" Quelle: dpa
"Nur Frauen sind von Depressionen betroffen" Quelle: Fotolia
"Angehörige sollten den Depressiven aufmuntern"Depressionen sind nicht nur für den Betroffenen schwer erträglich, auch die Angehörigen brauchen viel Kraft. Auch bei lang anhaltenden depressiven Phasen nicht die Geduld zu verlieren ist eine der wichtigsten Verhaltensregeln für Freunde und Familie. Sprüche à la: "Jetzt reiß dich mal zusammen", "Nimm das Leben nicht so schwer" oder Witze und Aufmunterungsversuche sind eine schlechte Idee. „Grundsätzlich sollte man gut gemeinte Ratschläge besser für sich behalten“, so Straub. Tabu sind vor allem Anweisungen, die den Betroffenen noch mehr unter Druck setzen oder dessen Schuldgefühle verstärken könnten. Ersparen sollte man sich auch Kommentare, die das Leiden herunterspielen. Quelle: Fotolia
"Ein Urlaub bringt dich in bessere Stimmung"Ein Tapetenwechsel, um den depressiv Erkrankten auf andere Gedanken zu bringen, erscheint oberflächlich betrachtet wie eine gute Idee. Jedoch kann ein Urlaub fernab der Heimat sogar entgegengesetzt wirken: „Für viele Erkrankte ist eine andere, fremde Umgebung zusätzlich beängstigend und beunruhigend“, warnt Straub. Ein geregelter Tagesablauf ist für depressive Menschen wichtig. Angehörige sollten sie deshalb darin unterstützen, Terminen oder Verpflichtungen nachzukommen, insbesondere Therapiesitzungen. Quelle: dpa
Schatten eines Pärchens Quelle: dpa

In vielen Fällen unterscheiden sich die Präparate nicht voneinander. Johnson & Johnson etwa bietet Ibuprofen als Dolormin, Dolormin Extra, Dolormin Migräne an. Als jüngste Produktinnovation feierte Bayer gerade eine neue Darreichungsform des Uralt-Kassenschlagers Aspirin: Da die Wirkstoffpartikel nun um 90 Prozent kleiner sind als bisher, wirkt das Mittel doppelt so schnell.

Geringes Interesse an der Erforschung neuer Substanzen

Das Interesse an der Erforschung ganz neuer Substanzen ist seit dem Flop mit den angeblich nebenwirkungsarmen, sogenannten selektiven COX-2-Hemmstoffen wie in Vioxx komplett eingeschlafen, räumt auch der Verband Forschender Arzneimittelhersteller in Berlin ein. Damals traten unerwartet tödliche Nebenwirkungen durch Herzinfarkte auf. Deshalb bleiben die Hersteller bei den altbekannten Wirkstoffen – trotz der seit Jahren bekannten großen Gefahren.

Die Bielefelder BUKO Pharma-Kampagne begleitet die Aktivitäten der Pharmaindustrie seit über 30 Jahren. „Die Hersteller lassen sich immer neue Ideen einfallen, in welchen Situationen Schmerzmittel helfen sollen und wer sie schlucken kann. Dieser Wettbewerb trägt auch dazu bei, dass zu viele Schmerzmittel geschluckt werden“, sagt Jörg Schaaber, Geschäftsführer der Initiative.

Wenn Schmerztabletten krank machen

In deutschen Krankenhäusern gibt es jedes Jahr mehrere Tausend Patienten, die allein wegen der Nebenwirkungen von Schmerzmitteln behandelt werden. Acetylsalicylsäure verursacht mitunter Magen-Darm-Blutungen, Hirnblutungen, Atemnot und Nierenversagen. Bei Ibuprofen stehen auf der Liste: Magen-Darm-Durchbrüche, Asthma-Anfälle, Nierenversagen sowie Herzinfarkt. Und neun Prozent aller Fälle von Leberversagen entstehen durch Paracetamol.

Auch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte kennt diese Entwicklung. Die Experten der Medikamenten-Zulassungsbehörde waren sich schon vor vier Jahren einig: Schmerzmittel werden zu leichtfertig geschluckt, zu beiläufig, zu arglos. Sie erarbeiteten einen Vorschlag: Man könnte die Packungen kleiner machen. So werde deutlich, dass Medikamente keine Nahrungsergänzung sind. Alle fanden die Idee gut, sie wurde einstimmig im entsprechenden Sachverständigenrat beschlossen. Das ist nun über vier Jahre her. Das zuständige Bundesgesundheitsministerium unternahm fast nichts. Lediglich bei Paracetamol wurde die Größe so begrenzt, dass man sich mit einem Packungsinhalt nicht umbringen kann. Warum so wenig passiert ist, begründet das Ministerium damit, dass man derzeit nicht wisse, wie hoch der Gebrauch der frei verkäuflichen Schmerzmittel tatsächlich sei. Um den Sachverhalt zu klären, gab das Ministerium verschiedene Studien in Auftrag. Die würden nun „hinsichtlich des weiteren regulatorischen Vorgehens ausgewertet“.

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