Die Söhne ziehen wie von ihren Eltern gewünscht in die Welt. Auch wenn der Vater keinen Druck macht: Seinen großen Wunsch, auch die Gründerenkel in die Firma zu holen, verspüren sie. Dem einen, Andreas, Ebenbild seines Vaters, macht das nichts. Er weiß früh, dass er genau das will. Er promoviert an der ETH Zürich in Elektrotechnik, geht zunächst zum Familienunternehmen Hilti nach Österreich.
Sein Bruder Daniel hat ganz andere Pläne. Seiner Mutter auch äußerlich ähnlich, studierte er Industriedesign, wird Werber und geht ins Marketing, unter anderem bei Procter & Gamble, gründet selbst eine Firma. Erst gereift und mit nachgewiesenen Qualitäten versehen, fällt er den Entschluss doch bei Sennheiser Verantwortung zu übernehmen. Ihre Schwester Alannah entscheidet sich ganz anders. In das Tagesgeschäft des Familienunternehmens zieht es sie weder damals noch heute.
Der Aussteiger
1996 zieht sich Jörg Sennheiser aus dem Tagesgeschäft zurück und wechselt in den Aufsichtsrat. Firmenfremde Manager führen zehn Jahre die Geschäfte. Sennheiser führt die Manager.
Wenn die Söhne, die wie ihre Schwester schon Teilhaber sind, ins Unternehmen einsteigen wollen, ist es nun an der Zeit. Aber Sennheiser ahnt: Geschichte wiederholt sich. Wenn sich seine Kinder auf ihren ersten Stellen im Unternehmen bewähren, ist es nur eine Frage der Zeit, bis sie erst ans Zepter und sich anschließend vom Vater nicht mehr belehren lassen wollen. Und selbst wenn sie ihn noch viele Jahre um Rat bäten: Ab wann geschieht das nur noch aus Nettigkeit statt aus Notwendigkeit? Sennheiser wird in einigen Jahren loslassen müssen.
Aber zuvor schwört er die Sippe auf eine gemeinsame Charta ein: Wie wollen sie in Zukunft zusammenarbeiten? Wer übernimmt wie viel Firmenanteile? An wen dürfen die verkauft werden?
Die Familie legt auch fest: Bei wichtigen Entscheidungen müssen drei der fünf Mitglieder – alle auch Gesellschafter – zustimmen. Das soll Einzelgänge vermeiden und das Unternehmen schützen. Die Mehrheit der Gesellschafteranteile haben die Kinder, der Vater hält heute nur noch zehn Prozent. Doch eine Familiencharta allein ist eine Abrede ohne rechtlich bindende Wirkung.
Der Weg für den Ruhestand ist geebnet
2008 und 2010 ist die dritte Generation tatsächlich ins Wedemarker Unternehmen eingezogen, jeder der Söhne findet für einige Jahre seinen Platz auf einer Leitungsfunktion. 2013 inthronisiert Jörg Sennheiser die Söhne als Geschäftsführer. Eingedenk seiner eigenen Erfahrung war ihm eines an diesem Tag besonders wichtig: eine klare Ansage vor der versammelten Mannschaft. „Der Patriarch muss selber und von ihm verkündet abtreten, damit die Mitarbeiter wissen, wo es langgeht.“ Eine klare Ansage erhalten auch die Söhne: „Wollen sie mich überholen, dürfen sie nicht in meinen Fußstapfen laufen. Jede Generation muss sich ihr Feld suchen.“