Alles richtig und wichtig. Allein: Solche gut gemeinten Ratschläge verhindern nicht die subtilen Mechanismen, die in jedem Bewerbungsgespräch über Erfolg und Misserfolg entscheiden. Vorurteile gegenüber bestimmten Gruppen, eigene Erfahrungen und äußerliche Merkmale beeinflussen weiterhin, wer eine Stelle überhaupt erst bekommt und im weiteren Verlauf eventuell Karriere macht – und wer nicht. Zugegeben: Solange Menschen über andere Menschen richten, wird man diese Mechanismen niemals komplett beseitigen. Aber ihre Kenntnis kann zumindest ihre Macht beschränken. Doch genau hier besteht noch Nachholbedarf. Auf beiden Seiten.
1. Nonverbale Zeichen
In Zeiten des Fachkräftemangels konkurrieren Unternehmen um die besten Nachwuchstalente. Daher müssen sich nicht nur die Bewerber anstrengen, sondern auch die Personaler – und das beeinflusst ihr Verhalten. Wie verbreitet unterschwellige Signale im Alltag wirklich sind, untersuchte erst kürzlich die Psychologin Annika Wilhelmy von der Universität Zürich. Für ihre Studie befragte sie Dutzende von Personalverantwortlichen und nahm an mehreren Bewerbungsgesprächen teil.
Dabei stellte sie fest, dass auch Personaler unterschiedliche nonverbale Signale abgeben. War ihnen der Bewerber sympathisch, nickten sie ihm zu. Wollten sie Distanz erzeugen, sprachen sie mit lauter, tiefer Stimme. Wer Bewerber irritieren wollte, vermied Augenkontakt oder blätterte gelangweilt in Dokumenten. Wilhelmys Studie zeigt: Selbst jene, die es besser wissen sollten, können ihre Gefühle nicht völlig verbergen. Offenbar sind Interviews anfällig für gedankliche Verzerrungen.
20 fiese Fragen, 20 clevere Antworten im Vorstellungsgespräch
Ich bin sehr ungeduldig. Deshalb erwarte ich, dass ich mich schon bei der ersten Aufgabe beweise - und mute mir manchmal zu viel zu. Aber ich arbeite an mir: Ich versuche, gewisse Aufgaben abzulehnen oder zu delegieren.
Vielleicht in 20 Jahren - aber dann werden Sie wahrscheinlich auf einer anderen Position sein. Falls Sie dann einen guten, treuen Angestellten brauchen, kann ich Ihnen vielleicht helfen.
Ich habe durch die häufigen Wechsel viele Erfahrungen gesammelt - und davon habe ich profitiert. Denn dadurch kann ich Probleme kreativ lösen.
Ich schätze mich selbst als ehrgeizig ein, aber auch als realistisch. Solange ich in meiner Position lernen und mich verbessern kann, bin ich zufrieden.
Ich habe hart daran gearbeitet, meinen Job zu behalten, während viele Kollegen gekündigt wurden. Daher hatte ich keine Gelegenheit, mich nach einem anderen Job umzusehen.
Ich würde neue Absatzmärkte suchen und gleichzeitig unsere Ingenieure dazu anregen, das Produkt so zu verändern, dass es wieder mehr Marktwert bekommt.
Nachdem ich mich von dem Schock erholt habe, haben mich die Kündigungen stärker gemacht. Ich habe immer geschafft, wieder aufzustehen und mir einen neuen Job zu suchen, der mir mehr Verantwortung gibt, mehr Gehalt einbringt und mich langfristig zufriedener macht. Ich habe die Kündigungen einfach als Chance auf einen Neustart gesehen.
Manchmal muss man einen Schritt zurückmachen, um die Karriere voranzubringen. Außerdem könnte ich das Unternehmen dann von Grund auf kennenlernen.
Philosophie hat mich nicht für dieses Berufsfeld speziell qualifiziert. Aber es hat mich dazu gebracht, meine Zukunftsaussichten zu überdenken. Und nun weiß ich: Es ist sinnlos, nach einem Beruf zu streben, nur weil er Prestige und Geld bringt.
Ich denke, dass ich am besten geeignet bin - und nur das sollte zählen. Ich habe bereits im Ausland gearbeitet. Daher bin ich flexibel und würde kaum Einarbeitungszeit benötigen.
Dieser Job ist mein Traumberuf, sonst säße ich jetzt nicht hier. Ich würde mich freuen, Ihrem Unternehmen beim Aufstieg zu helfen und meine Qualitäten sinnvoll einzubringen.
In den USA leben rund 320 Millionen Menschen. Angenommen von ihnen fahren 25 Millionen gerne Ski. Davon haben sicherlich gut 20 Millionen ein eigenes Paar Ski. Bleiben also fünf Millionen Menschen übrig, die sich Ski leihen müssen. Rechnet man die Touristen dazu, kommt man vielleicht auf etwa 7,5 Millionen Paar im Jahr.
Ich würde vorschlagen, beide Kandidaten für eine Testphase einzuladen. Sie könnten zwei Wochen lang im Unternehmen arbeiten und wir würden beobachten, wie sie sich schlagen. Qualität hat nichts mit dem Geschlecht zu tun.
Ich versuche, jede Aufgaben so sorgfältig wie möglich zu erledigen und gucke nicht pausenlos auf die Uhr. Daher kann ich die genaue Stundenzahl nicht sagen. Aber mir ist Qualität eh wichtiger als Quantität.
Zunächst würde ich immer zuerst meinen Chef fragen, wie er oder sie mit einem Projekt umgehen würde. Wenn sich dann herausstellt, dass mein Chef sich einen Angestellten wünscht, der ein "Macher" ist, zeige ich gerne Eigeninitiative. Die eigentliche Herausforderung ist doch, sich an sein Arbeitsumfeld anzupassen - und da bin ich flexibel.
Ich kann glücklicherweise sagen, dass mir noch nie ein wirklich teurer Fehler unterlaufen ist. Aber generell finde ich Fehler - solange sie keine fatalen Folgen habe - nicht schlimm. Solange man sie nicht zwei Mal macht.
Ich persönlich denke, es ist wichtiger glücklich zu sein, auch wenn es nie schaden kann, kompetent und erfahren zu sein. Das hilft dabei, sich neue Möglichkeiten zu schaffen. Oft geht aber auch beides zusammen, das ist dann die ideale Kombination.
Ich bin weder schüchtern noch eine graue Maus. Also kann es gut sein, dass ein oder zwei frühere Arbeitskollegen dachten, ich sei unflexibel. Aber in Mitarbeitergesprächen und in meinen Referenzen fiel und fällt dieses Adjektiv nie, ebenso wenig wie „verbissen“. Ich kann gleichzeitig hartnäckig und flexibel sein.
Zuerst würde ich versuchen, diese Person für ihre eigenen Erfolge stärker zu loben. Manchmal hilft das schon. Wenn das nichts hilft, würde ich eine Verabredung mit dem Kollegen treffen, dass wir jeweils unsere eigenen Ideen dem Chef vorstellen - damit dieser sieht, wer welchen Erfolg erzielt. Funktioniert auch das nicht, würde ich das Problem offen ansprechen und ausdiskutieren.
Es könnte ein mögliches Risiko sein, dass man kaum in Kontakt mit den wichtigen Personen kommt - zumindest nicht in idealem Maße. Auf der anderen Seite können Telefonkonferenzen und Email ja auch weiterhelfen.
Das zeigt ein Experiment von Sara Pollak Levine vom Fitchburg State College. Sie wollte herausfinden, wie das nonverbale Verhalten von Frauen und Männern Bewerbungssituationen beeinflusst. Knapp 140 BWL-Studenten stellten sich einem konstruierten Gespräch, das Levine aufzeichnete. Und siehe da: Studentinnen, die viel Augenkontakt zum Personaler suchten, schnitten wesentlich besser ab als jene Kommilitoninnen, deren Augen im Raum umherschauten. Bei Männern löste zu viel Blickkontakt hingegen Unbehagen aus – sie erzielten schlechtere Werte, wenn sie dem Personaler häufig direkt in die Augen schauten.
2. Faktor Schönheit
Doch der Einfluss vermeintlich überholter Geschlechterrollen geht noch weiter. Bradley Ruffle von der israelischen Ben-Gurion-Universität in Be’er Scheva präparierte für sein Experiment 5300 Bewerbungen für 2600 Stellenanzeigen. Zuvor hatte er Profilbilder von Studenten eingesammelt, die acht Personen nach Attraktivität bewerteten. Ruffle dachte sich nun einen fiktiven Lebenslauf aus und bastelte sechs verschiedene Bewerbungen: vier mit Foto, zwei ohne. Auf jede Stellenausschreibung schickte Ruffle zwischen Juli 2008 und Januar 2010 zwei Bewerbungen – jeweils mit identischem Lebenslauf, einmal mit und einmal ohne Foto. Insgesamt erzielte er mit seinen Bewerbungen eine Rückrufquote von 14,5 Prozent.
Doch die Unternehmen reagierten auf die Bewerbungen von Männern und Frauen völlig unterschiedlich. Die beste Rücklaufquote erzielten Bewerbungen mit attraktiven Männern – ihre Resonanz war doppelt so hoch wie jene ohne Foto. Anders ausgedrückt: Im Schnitt musste ein gut aussehender Mann fünf Bewerbungen verschicken, um eine Antwort zu erhalten. Bei einem durchschnittlich aussehenden Mann waren es immerhin elf Anschreiben.
Ein völlig anderes Bild lieferten die Bewerbungen der Frauen. Hier waren jene Anschreiben ohne Foto am erfolgreichsten – und die attraktiven Frauen wurden am seltensten zurückgerufen. Aber warum wurden hübsche Bewerberinnen diskriminiert? Ruffle hakte nach, wer für die Auswahl zuständig war – und entdeckte, dass die Personalabteilung vor allem aus Frauen bestand. Und die, so zumindest die These des Forschers, lehnen attraktive Kolleginnen tendenziell eher ab als Männer.