Vier Worte, ein Satz: "What would Jesus do"? Die Armbänder mit dem entsprechenden Aufdruck waren unter Christen mal schwer in Mode. Die Frage sollte die Träger dazu ermuntern, sich bei kniffligen Entscheidungen zu fragen, wie Jesus sich in derselben Situation verhalten hätte.
Zugegeben, über die Sinnhaftigkeit des Rituals lässt sich durchaus streiten. Aber bisweilen treffen Menschen tatsächlich bessere Entscheidungen, wenn sie sich in die Lage eines anderen hineinversetzen.
Das fand im Jahr 2012 auch der israelische Psychologieprofessor Ilan Yaniv von der Hebräischen Universität in Jerusalem heraus: Bei einem Experiment sollten knapp 100 Studenten schätzen, wie viele Kalorien 20 Lebensmittel enthielten – darunter zum Beispiel ein Becher Naturjoghurt, eine Ofenkartoffel oder ein Teller überbackene Nudeln.
Zunächst sollten sie Yaniv ihre Entscheidung mitteilen. Danach konfrontierte der Wissenschaftler sie mit den Angaben anderer Personen. Die Hälfte der Probanden sollte sich nun vorstellen, wie ein anderer Teilnehmer wohl entscheiden würde. Sie nahmen also die Sicht eines Fremden ein. Und siehe da: Das wirkte. Die zweite Antwort war durchweg präziser als die erste. "Wer die Perspektive wechselt und sich in jemand anders hineinversetzt, trifft häufig bessere Entscheidungen", sagt Yaniv.
Der Psychologe glaubt, dass Menschen sich dadurch vor dem egocentric bias schützen – also der Neigung, sich auf sich selbst zu verlassen, eigene Ansichten nicht anzuzweifeln und schon gar nicht zu ändern. Der gedankliche Rollentausch hingegen bewahrt Menschen vor geistigen Scheuklappen – und führt zu besseren Entscheidungen.