Wahlkampf-Strategen Die Zutaten zum Erfolg - so gewinnt man Wahlen!

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„Eine gute Kampagne ist ein Leuchtturm und keine flackernde Kerze“

Wie muss man sich zum Wahlkampfende die Stimmung vorstellen? Hektik pur?

Stauss: Je belastbarer das Gerüst, desto entspannter wird es.

Ludwig: Entspannt? Haben Sie das schon mal erlebt? Ich nicht.

Stauss: Sie wissen doch, was ich meine. Vorbereitung ist alles, dann können Sie auch auf Unvorhergesehenes sauber reagieren. Es darf nur nicht passieren, dass ein Kandidat drei Wochen vor der Wahl vor Kameras tritt und nicht weiß, was er senden will.

Riegel: Weshalb wir sicher alle verschiedene Wahlkampfphasen mit unterschiedlichen Botschaften einplanen, Alternativen bereithalten, auch noch in der Endphase.

Stauss: Kollabierende Kampagnen zeichnen sich dadurch aus, dass diese Leitplanken nie gesteckt wurden. Eine gute Kampagne ist ein Leuchtturm und keine flackernde Kerze.

Was ist das Geheimnis einer perfekten Wahlkampagne? In einem Satz, bitte.

Ludwig: Eine glaubhafte, kraftvolle Erzählung, die gut organisiert rübergebracht wird.

Stauss: Vision plus Motivation ergibt Momentum, das zum Erfolg werden kann.

Riegel: Da brauche ich nicht viel ergänzen, außer – leidenschaftlichen Dilettantismus.

Was war dann die beste Kampagne?

(Alle schweigen lange)

Stauss: In Deutschland fallen mir zwei ein, beide aus Hamburg. Ole von Beusts Slogan „Michel-Alster-Ole“ 2004 war leider perfekt. Diese Frische war vorher undenkbar und erwischte die SPD eiskalt. Aber für mich persönlich ist und bleibt die erste Olaf-Scholz-Kampagne 2011 die Benchmark: „Vernunft – Verantwortung – Klarheit“.

Ludwig: Mein Liebling war die Bundestagswahl 2005. Da stimmte alles. Selbst wenn das Ergebnis 2009 besser war. Um mal mit Herrn Stauss zu sprechen: Da war das Momentum da. Nichts war konstruiert, die Linke lag einfach in der Luft. Ihre beiden Scholz-Wahlkämpfe in Hamburg mochte ich allerdings auch sehr. Kompliment.

Riegel: Für mich hat bei Winfried Kretschmanns Wiederwahl vergangenes Jahr alles gepasst. Der Slogan „Grün aus Verantwortung“ war auf ihn persönlich gemünzt, bekam dann aber mit der Flüchtlingskrise noch eine ungeplante Dimension. Aus der – vermeintlichen – historischen Einmaligkeit Kontinuität gemacht zu haben macht mich immer noch stolz.

Stauss: Stimmt, die Kampagne hatte alle biederen Zutaten, die mich aus dem Ländle vertrieben haben. Insofern war sie perfekt.

Das Wahlprogramm der AfD enthält maßlose und unrealisierbare Forderungen. Warum das so ist und was die etablierten Parteien damit zu tun haben.
von Ferdinand Knauß

Und jetzt suchen Sie sich eine Partei aus, für die Sie noch nie gearbeitet haben, und entwerfen einen Claim für den Wahlkampf 2017.

(Wieder langes Schweigen)

Stauss: Also gut, ich würde die FDP nehmen. Christian Lindner. Dazu dann: Es ist Zeit, im Jahr 2017 anzukommen.

Riegel: Wenn ich für Angela Merkel Wahlkampf machen würde – da frage ich mich wirklich: Braucht die überhaupt noch einen Satz? Ihr Lächeln. Stabilität. Souveränität. Dazu die Deutschlandfahne. Fertig.

Ludwig: Und ich würde mich für Martin Schulz an der jüngsten SPD-Kampagne in Berlin orientieren: „Müller, Berlin“. Also: „Schulz, Würselen“.

Stauss: Nicht schlecht. Dieses Würselen, das könnte man einfach nicht besser erfinden.

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