Investor Relations Die Kursmacher der Konzerne

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Rolf Woller

Investoren wollen vor allem wissen, was mit ihrem Geld passiert. Aktien zurückkaufen? Ausschütten? Akquisitionen planen? Wer für eine Kapitalerhöhung keine plausible Geschichte präsentiert, den straft der Markt ab – und der Kurs fällt. Besonders in kleineren Firmen muss der IR-Chef auch schon mal vermitteln, wenn ein Investor ein größeres Aktienpaket abgeben will. „Die Institutionellen rufen an und sagen: Du hast 24 Stunden Zeit, sonst schmeiße ich alle Papiere auf den Markt, dann rappelt es aber im Kurs“, sagt Bommer. Ein guter IR-Leiter kennt Anleger, die vermutlich Aktienpakete – „Blöcke“ im Fachjargon – kaufen möchten.

Wer Investoren gut kennt und ihnen vertraut, kann vor Akquisitionen oder dem Verkauf einer Tochter auch schon mal „ein paar Dinge anonym antesten“, sagt Schmitt. „Wie würdest du reagieren, wenn wir eine Akquisition in einem bestimmten Segment tätigen würden?“ Manchmal, sagt Gruber, könne man einfach ein bisschen offener sein – „Investoren schreiben ja nicht direkt etwas, so wie die Presse“. Es ist eine Art Geben und Nehmen. Denn IR-Manager sind auch Sparringspartner der Investoren, sie helfen ihnen, die eigene Einschätzung zu überprüfen. „In Gesprächen mit IR merkt man, welche Trends man übersehen kann. Gespräche mit der IR-Abteilung sind für mich ein wichtiger Teil meines Meinungsbildungsprozesses“, sagt UniCredit-Analyst Woller. „Ich kann mir so mit einem überschaubaren Aufwand eine Meinung bilden“, sagt Köcher von Deka.

Konferenz über lebensgroße Bildschirme

Solche vertraulichen Tête-à-Têtes können riskant sein. Der Investor, immer darauf gedrillt, besser informiert zu sein als andere, darf keine Insiderinformationen bekommen, nichts Relevantes eher erfahren als der Markt. Gute IR-Manager schaffen diese Gratwanderung.

Für Gruber gehört das zum Alltag, wie Investorengespräche in Frankfurt, die Kundenmesse in Orlando, die Hauptversammlung in Mannheim, das Büro in Walldorf. Von dort leitet er seine acht Mitarbeiter, darunter zwei in New York.

Gruber und sein Team konferieren regelmäßig über lebensgroße Bildschirme mit den Staaten, sie können sich dank moderner Kameratechnik fast wie im persönlichen Gespräch in die Augen schauen. Bei der Team-Sitzung im Videokonferenzraum duzt er seine Leute, erteilt ihnen in rascher Folge das Wort, lacht und scherzt, trotz enormen Zeitdrucks. Keiner hat in der Teambesprechung mehr Redezeit als zwei Minuten pro Thema. Die Kollegin in New York kümmert sich um Nachhaltigkeits-Investoren und die Internet-Seite, einer in Walldorf berichtet über verstärktes Interesse von australischen Investoren in letzter Zeit, eine Mitarbeiterin muss noch die Präsentation für die Hauptversammlung am nächsten Tag mit der Rechtsabteilung durchgehen. Nach einer guten halben Stunde ist alles vorbei, es ging über drei Kontinente und um ein Dutzend Themen.

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