All diese Vorbehalte aus ökonomischer Sicht stoßen in den Bundesministerien ebenso auf taube Ohren wie die Bedenken gegen Wärmedämmung aufgrund der besonderen Brandgefahren beim Dämmstoff Nummer eins Polysterol – besser bekannt als Styropor. Mehrere Hausbrände hatten das laut Baustoffklasse schwer entflammbare Dämmmaterial als wahren Brandbeschleuniger entlarvt – was auch Tests durch Sachverständige im Auftrag des NDR eindrücklich bestätigten. Das Material wird insbesondere bei der Außendämmung von Gebäuden bevorzugt eingesetzt, da es kostengünstig und einfach zu verarbeiten ist. Zweifel an der Haltbarkeit sowie hohe Instandhaltungs- und Entsorgungskosten von derart gedämmten Fassaden werden gemeinhin gern verschwiegen. Zwar gibt es ausreichend Alternativen zu Polysterol, doch sind diese in aller Regel auch kostspieliger – und machen die Maßnahme so womöglich noch unwirtschaftlicher.
Die Orientierung am Energie-Bedarfsausweis, der anstatt auf Verbrauchswerten lediglich auf theoretisch ermittelten Bedarfsrechnungen basiert, könnte bei Regierung und Hauseigentümern für Ärger sorgen. Denn die Gesetzesnovelle bei EnEV und EnEG sieht auch vor, den Energieausweis für Gebäude weiter aufzuwerten, indem eine Vorlage- und Übergabepflicht beim Eigentümerwechsel vorgeschrieben wird und die Daten auch Bestandteil von Immobilienanzeigen werden sollen. Sollten die Energieausweise auf unrealistischen Zahlen beruhen, dürfte es zu Anfechtungen und Schadenersatzklagen kommen.
Der bekannte Dämm-Kritiker Konrad Fischer sieht die Hauseigentümer mit der Pflicht zu Energieausweisen und der geplanten Verschärfung der gesetzlichen Mindestanforderungen an energetische Sanierungen zu Unrecht unter Druck gesetzt. „Da wird die Immobilie aufgrund fiktiver Energieverbrauchswerte mit einer schlechten Note versehen und damit der Wert des Gebäudes herabgestuft. Um aber eine gute Note zu bekommen, muss der Eigentümer derart umfangreiche und kostspielige Sanierungen vornehmen, dass die Maßnahmen trotz vielleicht nur fiktiver Energieersparnis weit entfernt von jeder Wirtschaftlichkeit sind.“
Bei der Einführung der Energieeinsparverordnung EnEV im Jahr 2002 war beschlossen worden, die Einspareffekte bei Energiebedarf und CO2-Ausstoß zu überprüfen. Belastbare Daten wurden dafür jedoch bisher nicht vorgelegt „Die bislang erfolgten Wirtschaftlichkeitsberechnungen für die EnEV-Novellen sind ein Witz“, urteilt Konrad Fischer. „Die Vergleiche beziehen sich nur auf die Änderungen gegenüber den bisherigen Regelungen und betrachten nicht die Effekte gegenüber einem unsanierten Gebäudebestand – also ausgehend vom Nullpunkt.“ Dass die von Regierung und Bauwirtschaft in Aussicht gestellten Energieeinsparungen tatsächlich erreichbar sind, hält Konrad Fischer für ausgeschlossen. „Die Berechnungen des Energiebedarfs anhand des U-Wertes gehen an der Realität vorbei. Die finanziellen Vorteile durch eine staatliche Förderung der Dämmmaßnahmen durch die KfW decken nicht einmal ansatzweise die Mehrkosten, die durch die Wärmedämmung entstehen“, so Konrad Fischer.