EU-Sanktionen gegen Russland Die Furcht vor dem Bumerang-Effekt

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Italien

„Sanktionen sind immer ein Problem – sowohl für jene, denen sie auferlegt werden als auch für jene, die sie verhängen“, hat Italiens Wirtschafts- und Finanzminister Pier Carlo Padoan vergangene Woche auf die Frage geantwortet, was die Sanktionen für Italien bedeuten würden.
Tatsächlich treffen die Sanktionen Italien mitten in einer Phase, in der das Land und seine Unternehmen verstärkt auf Moskau gesetzt haben. Der Export nach Russland ist im vergangenen Jahr um zehn Prozent gestiegen.
Mario Monti war als Premierminister nach Russland gereist, auch um die Abkommen der italienischen Industrie mit der russischen voranzutreiben. Auch sein Nachfolger Enrico Letta förderte die Zusammenarbeit der beiden Länder und deren Unternehmen.

Wo deutsche Unternehmen in Russland aktiv sind
E.On-Fahnen Quelle: REUTERS
Dimitri Medwedew und Peter Löscher Quelle: dpa
Dem Autobauer bröckelt in Russland die Nachfrage weg. Noch geht es ihm besser als der Konkurrenz. Martin Winterkorn hat einige Klimmzüge machen müssen - aber theoretisch ist das Ziel erreicht: Volkswagen könnte in Russland 300.000 Autos lokal fertigen lassen. Den Großteil stellen die Wolfsburger in ihrem eigenen Werk her, das 170 Kilometer südwestlich von Moskau in Kaluga liegt. Vor gut einem Jahr startete zudem die Lohnfertigung in Nischni Nowgorod östlich Moskau, wo der einstige Wolga-Hersteller GAZ dem deutschen Autoriesen als Lohnfertiger zu Diensten steht. Somit erfüllt Volkswagen alle Forderungen der russischen Regierung: Die zwingt den Autobauer per Dekret dazu, im Inland Kapazitäten aufzubauen und einen Großteil der Zulieferteile aus russischen Werken zu beziehen. Andernfalls könnten die Behörden Zollvorteile auf jene teuren Teile streichen, die weiterhin importiert werden. Der Kreml will damit ausländische Hersteller zur Wertschöpfung vor Ort zwingen und nimmt sich so China zum Vorbild, das mit dieser Politik schon in den Achtzigerjahren begonnen hat. Die Sache hat nur einen Haken: Die Nachfrage in Russland bricht gerade weg - nicht im Traum kann Volkswagen die opulenten Kapazitäten auslasten. 2013 gingen die Verkäufe der Marke VW um etwa fünf Prozent auf 156.000 Fahrzeuge zurück. Wobei die Konkurrenz stärker im Minus war. Hinzu kommt jetzt die Sorge um die Entwicklungen auf der Krim. VW-Chef Martin Winterkorn sagte der WirtschaftsWoche: "Als großer Handelspartner blicekn wir mit Sorge in die Ukraine und nach Russland." Er verwies dabei nicht nur auf das VW-Werk in Kaluga, sondern auch auf die Nutzfahrzeugtochter MAN, die in St. Petersburg derzeit ein eigenes Werk hochfährt. Der Lkw-Markt ist von der Rezession betroffen, da die Baukonjunktur schwächelt. Quelle: dpa

Die Zusammenarbeit reicht von dem Hubschraubhersteller Augusta Westland – eine Finmeccanica-Tochter- , der mit Russian Helicopters Hubschrauber herstellt, bis zu den Milliardenschweren Abkommen zwischen des Industrie-Konzerns Techint und Norislskij Nickel. Aber auch der Öl- und Gaskonzern Eni hat zuletzt seine ohnehin schon starke Präsenz mit einer Partnerschaft mit der Putin-nahen Rosneft gestärkt.

Der italienische Staatsfonds Fondo Strategico italiano hat 2013 ein Abkommen mit dem Russian Direct Investment Fund (Rdif) unterschrieben, nach dem die Italiener und die Russen jeweils 500 Millionen Euro in gemeinsame Projekte investieren.

Angesichts der aufblühenden Geschäfte mit Russland haben sich auch Italiens Banken stärker in dem Land engagiert. Mit Unicredit hat Italien zudem eine Bank, die extrem stark in Osteuropa ist und auch in Russland mit einer eigenen Bank vor Ort ist. Italiens Banken stehen mit ihrem Exposure gegenüber Russland von 30 Milliarden Euro an zweiter Stelle nach den französischen.

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