Österreich lässt sich nicht beirren: Trotz vieler Scharfmacher in der EU tritt die Alpenrepublik bei geplanten Wirtschaftssanktionen gegen Russland möglichst unauffällig auf die Bremse. Das hat gute Gründe: Die österreichische Wirtschaft ist mit der russischen eng verzahnt. Zahlreiche wichtige Unternehmen wie der Öl- und Gasriese OMV, der Baukonzern Strabag, das Öltechnologieunternehmen Catoil oder Banken wie Raiffeisen oder Bank Austria sind im Reich von Wladimir Putin stark engagiert. Harte Wirtschaftssanktionen gegenüber Russland würden die österreichische Volkswirtschaft ins Mark treffen. Entsprechend groß ist der Widerstand in der österreichischen Wirtschafts- und Finanzwelt.
Die rot-schwarze Regierung in Wien ist traditioneller kein Freund einer scharfen Sanktionspolitik. „Wir gehören aber nicht zu jenen, die ständig diese Sanktionskeule schwingen, in dem Vertrauen, das würde das Problem lösen“, sage Werner Faymann, Österreichs sozialdemokratischer Bundeskanzler, zuletzt. Wenn es zu schärferen Maßnahmen seitens der Europäischen Union kommen sollte, gehört Österreich zweifellos zu denjenigen EU-Mitglieder, die für eine moderate und gut überlegte Reaktion eintreten werden. „Wir sagen, das ist das letzte Mittel, um einen Druck zu erhöhen, und der wird sorgsam angewendet. Österreich hat sich da nie an die Spitze gestellt“, erklärte Faymann zu einer härteren EU-Sanktionspolitik gegenüber Russland.
Für Deutschland und die anderen EU-Länder ist die Sonderrolle Österreich keine große Überraschung mehr. Denn noch im Juni – bereits mitten in der Ukraine-Krise – rollte Wien den russischen Präsidenten Wladimir Putin den roten Teppich aus. Dafür handelte sich das neutrale Land herbe Kritik von EU-Partner ein. Der österreichische Bundespräsident Heinz Fischer verteidigt die Einladung Putins nach Österreich bis heute. „Ich hielte es für absolut irrational, den Besuch des Präsidenten vom Juni, der ein reichlich überlegter war, nach der schrecklichen Flugzeugkatastrophe von Juli zu beurteilen. Ich kann auch nicht in die Seele des russischen Präsidenten blicken. Tatsache ist, dass er an dem Tag, an dem er Österreich besucht hat, die Ermächtigung der Duma (für eine mögliche Truppenentsendung in der Ostukraine) zurücknehmen ließ. Ich habe dies als positiven Schritt bewertet“, sagt das österreichische Staatsoberhaupt.
In Österreich haben Russland und Putin einflussreiche Freunde. Zuletzt wurde Siegfried Wolf bei der mächtigen österreichischen Staatsholding ÖIAG, die auch 31,5 Prozent am Energieriesen OMV hält, Aufsichtsratschef. Der frühere Magna-Manager ist ein persönlicher Freund Putins. Zufall oder nicht, ausgerechnet bei Putins umstrittener Wien-Visite im Frühsommer unterzeichnete OMV mit der russischen Gazprom eine enge Partnerschaft. Trotz der Vorbehalte der EU-Kommission unterschrieben OMV-Chef Gerhard Roiss und sein Gazprom-Kollege Alexej Miller während des umstrittenen Österreich-Besuchs von Staatspräsident Putin den Vertrag zum Bau des österreichischen Teilstücks von South Stream. Die Leitung soll russisches Gas nach Südost- und Südeuropa bringen.