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Abschied von der grünen BiotechnikGenfood: Deutschland steht sich selbst im Weg

Massiver Verbraucherwiderstand auf der einen – Arroganz und Übertreibung auf der anderen Seite: Ein dogmatischer Grabenkrieg hat Deutschland um die grüne Biotechnik gebracht.Susanne Kutter 18.01.2014 - 15:30 Uhr

Die Angst vor dem Genfood hat Forscher in Deutschland ausgebremst.

Foto: AP

Petunien waren die ersten Opfer. Als Forscher vom Kölner Max-Planck-Institut für Pflanzenzüchtungsforschung (MPIPZ) im Frühsommer 1990 gut 30.000 Exemplare dieser lachsroten, weil gentechnisch veränderten Balkonpflanzen unter freiem Himmel anbauten, erkoren Gentechnikgegner Köln zu ihrem Lieblingsziel: Mehrfach buddelten sie die Blumen aus und verwüsteten Versuchsfelder.

Keinen Deut besser erging es in den Jahren danach Kartoffeln, Zuckerrüben und Mais in Deutschland, wenn Forscher deren Erbgut verändert hatten. Daneben demonstrierten Verbraucher und Umweltschutzverbände auf legale Weise ihren Unmut. Und auch Politiker wie die ehemalige CSU-Landwirtschafts- und Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner stellten sich gegen Gentechnik auf dem Teller.

Verbraucher wollen keine Gentechnik. Etwa 83 Prozent der deutschen Verbraucher lehnen nach einer Forsa-Umfrage (Juni 2012) gentechnisch veränderte Lebensmittel ab. Ein Grund, warum es hierzulande kaum Lebensmittelhersteller gibt, die Zutaten aus Gen-Pflanzen direkt verarbeiten. Nicht ganz so erfreulich schaut es hingegen bei tierischen Artikeln wie Fleisch, Eiern und Milch aus, denn 80 Prozent der Gen-Pflanzen landen am Ende im Tierfutter.

Foto: dpa

Die Umweltorganisation Greenpeace präsentiert in ihrer neuen Broschüre „Essen ohne Gentechnik“ die Ergebnisse einer spannenden Untersuchung. Die Experten haben getestet, ob Markenhersteller bei tierischen Produkten Gen-Pflanzen im Tierfutter einsetzen und zeigen, welche Supermarktketten auf Produkte ohne Gentechnik setzen.

Foto: dpa

Platz 1: Alnatura

Der südhessische Bio-Händler Alnatura schneidet am besten ab. Hier werden nur Produkte aus biologischer Produktion verkauft, die frei von Gentechnik sind. Die Naturkostkette vertreibt auch Bio-Lebensmittel unter einer eigenen Marke, die auch in Partnerschaft mit anderen Händlern wie dm, Tegut und Budni verkauft werden.

In der ökologischen Landwirtschaft sind Gentechnik in Lebensmitteln oder im Tierfutter sowie chemisch-synthetische Spritzmittel tabu. Auch die Tierhaltung erfolgt nach strengeren Kriterien und Kontrollen.

Foto: dpa

Platz 1: Dennree

Der Bio-Großhändler Dennree, der seinen Hauptsitz im Nordbayrischen Töpen hat, teilt sich den ersten Platz mit Alnatura und setzt ebenfalls keine Gen-Pflanzen ein; auch in der Tierfütterung nicht. Mit einem Umsatz von 420 Millionen Euro hat Dennree im vergangenen Jahr ein zweistelliges Wachstum von 12,8 Prozent erreicht. Das 1974 gegründete Unternehmen gilt als Bio-Pionierunternehmen und startete damals mit vier Bio-Milchprodukten in den Handel. Inzwischen sind täglich gut 200 firmeneigene Lkws unterwegs, um über 1.300 Naturkostfachgeschäfte in Deutschland, Österreich, Luxemburg und Südtirol/Italien mit inzwischen über 11.000 Artikeln zu beliefern.

(Foto: Dennree GmbH)

Foto: PR

Platz 2: Tegut

Die deutsche Supermarktkette Tegut legt viel Wert auf Bio-Ware und Produkte ohne Gentechnik. Kunden, die in einem Tegut-Markt einkaufen, erkennen das an dem Logo auf den Produkten. Die Firma hat als erste Kette ihre Eigenmarken bei Milch, Sahne, Schmand und Joghurt mit dem „Ohne Gentechnik“-Siegel ausgezeichnet und betreibt sogar eine eigene Fleischerei für Schweineprodukte. Unter der Eigenmarke „LandPrimus“ garantiert Tegut eine gentechnikfreie Fütterung.

Andere Eigenmarken, bei deren Herstellung auf Gentechnik verzichtet wird, sind „tegut...Bio“, „Herzberger Bäckerei“ und „Rhöngut“. Außerdem alle Eiermarken.

Foto: dpa

Platz 3: Aldi Nord

Bio-Lebensmittel vom Discounter sind beliebt und müssen nicht mehr teuer sein. Inzwischen gibt es auch bei Aldi eine Menge Natur-Lebensmittel. Im Greenpeace-Ranking landet Aldi Nord auf dem dritten Platz, weil der Konzern seit zehn Jahren bei der Geflügelfütterung auf Gentechnik verzichtet. Nur bei Schweine- und Rindfleisch könnte das Engagement wohl noch etwas mehr sein.

Mit „Gut Bio“ bietet Aldi Nord eine Eigenmarke an, bei deren Herstellung auf den Einsatz von Gentechnik verzichtet wird - das gilt auch für alle Eiermarken. Bei Hähnchen- und Putenfleisch sind es die Marken „Bauernglück“ und „Farmfreude“.

Foto: dpa

Platz 4: Aldi Süd

Identisch sieht es bei dem Discounter Aldi Süd aus, der ebenfalls mit zusätzlichen Bio-Produkten mehr Kunden in seine Filialen locken will. Vor zehn Jahren hat sich das Unternehmen bei der Geflügelfütterung von Gentechnik verabschiedet. Nachholbedarf besteht jedoch noch bei Schweine- und Rindfleisch.

Aldi Süd hat mit der Eigenmarke „bio“ ein garantiert gentechnikfreies Produkt im Regal. Außerdem sind alle Eiermarken gentechnikfrei.

Foto: dpa

Platz 4: Kaufland

Der Handelskonzern Kaufland „liegt beim Verzicht auf Gentechnik im besseren Bereich“, schreiben die Greenpeace-Experten. Der Grund: Er verkauft bereits einige gekennzeichnete Produkte und befindet sich damit, ebenso wie die Discounter, auf dem "richtigen Weg". Vor allem bei der Eigenmarke „Kaufland Bio“, im Auftrag der Kette hergestellt, wird auf den Einsatz von Gentechnik ganz verzichtet. Das gilt auch für alle Eiermarken und beim Hähnchenfleisch für die Marke „K-Klassic“

Geziert wird sich noch bei der Kennzeichnung der Produkte mit dem „Ohne Gentechnik“-Siegel, das im Mai 2008 eingeführt wurde. Damit können Hersteller tierische Produkte wie Fleisch, Eier und Milch in Deutschland kennzeichnen.

Foto: dpa

Platz 5: Lidl

Auch der Lebensmitteldiscounter Lidl kann inzwischen in fast jeder Warengruppe ein Bio-Produkt anbieten. Beim Verzicht auf Gentechnik liegt das Unternehmen „im besseren Bereich“. Lidl hat außerdem mit „Biotrend“ eine regionale gentechnikfrei hergestellte Marke im Angebot. Auch alle Eiermarken sind gentechnikfrei, beim Hähnchen- und Putenfleisch gilt dies für die Marke „Landjunker“, bei Milch und Molkereiprodukten wie Butter, Quark, Rahmjoghurt und Rahmkäse für „Ein gutes Stück Heimat“.

Foto: AP

Platz 6: Penny

Der Lebensmittel-Discounter Penny, der zum zweitgrößten deutschen Handelskonzern Rewe gehört, startet mit einer Umstellung auf gentechnikfreie Futtermittel aus Europa. Schon jetzt wird bei der eigenen Marke „Columbus“ ganz auf den Einsatz von Gentechnik verzichtet, bei Milch ist es die Marke „Penny/Pro Planet“.

Nachholbedarf hat der viertgrößte Discounter nach Aldi, Lidl und Netto noch bei der Auszeichnung der Produkte mit dem „Ohne Gentechnik“-Siegel.

Foto: dpa

Platz 6: Rewe

Auch der Mutterkonzern und Handelsriese Rewe will in Zukunft auf europäische Futtermittel setzen, die Gentechnik ausschließen. Mit regionalen Marken ist die Umsetzung bereits in vollem Gange und mit der Eigenmarke „Rewe Bio“ hat die Kette bereits ein Produkt im Regal, bei dem völlig auf den Einsatz von Gentechnik verzichtet wird. Die Umstellung auf gentechnikfreie Futtermittel mit Milchprodukten der Marke Pro Planet startet derzeit in Mittel und Westdeutschland.

Bei Eiern sind die „ja!“- und „Rewe“-Marken gentechnikfrei, bei Hähnchen- und Putenfleisch die Marken „Brandenburg“ und „Juwel“, bei Milch „ja!/Pro Planet“

Foto: dpa

Platz 7: Norma

Auch der Supermarkt Norma befindet sich wie seine Kollegen von Aldi, Kaufland, Lidl, Rewe und Penny bereits auf dem richtigen Weg und verkauft gekennzeichneten Käse („Leckerrom Genussländer“, „St. Alpine“). Es gibt auch eine Eigenmarke, bei der ganz auf Gentechnik verzichtet wird: „Bio Sonne“. Das gilt auch beim Hähnchen- und Geflügelfleisch für die Marke „Gut Langenhof“.

Foto: WirtschaftsWoche

Platz 8: Coop

Der größte Schweizer Handelskonzern - nach Umsatz und Mitarbeiterzahl - versteht sich als regionale Kette und forciert die Nähe zu Produzenten und Kunden. Ganz auf Gentechnik verzichtet der Konzern bei der Eigenmarke „Unser Norden Bio“. Bei Eiern bei den Marken „Unser Norden Freiland“, „Bodenhaltung Landeier“, „Bodenhaltung Korn“ und „Freiland lose L-XL“.

Foto: PR

Platz 9: Edeka

Die größte deutsche Lebensmittelkette kommt laut Greenpeace nicht gut weg und schneidet in dem Ranking besonders schlecht ab. Zwar will das Unternehmen künftig auf Gentechnik verzichten, jedoch nur in der Sojafütterung. Außerdem, so Greenpeace, mangelt es derzeit noch an konkreten Umsetzungsplänen. Während andere Supermärkte wenigstens bei frischem Hähnchen und Putenfleisch gentechnikfreie Fütterung bei ihren Eigenmarken zusichern, habe Edeka selbst dabei noch Probleme. Immerhin wird bei der Eigenmarke „Edeka Bio Wertkost“, allen Eier-Eigenmarken und bei der Molkereimarke „Unsere Heimat“ auf den Einsatz von Gentechnik verzichtet.

Foto: dpa

Platz 9: Netto

Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm: Auch die Edeka-Tochter Netto rangiert auf einem der letzten Plätze, denn, so Greenpeace, „noch weiß der Kunde hier nicht, wie die Gentechnik zukünftig vermieten werden soll.“ Bislang gibt es die Eigenmarke „NettoBio“, bei der - wie bei allen Eiermarken - ganz auf Gentechnik verzichtet wird.

Foto: dpa

Platz 10: Tengelmann

Mit ihrem Klimamarkt in Mülheim an der Ruhr verbraucht die Tengelmann-Gruppe zwar 50 Prozent weniger Energie als vergleichbare Märkte. Geht es allerdings um den Verzicht auf Gentechnik, liegt der Konzern im schlechteren Bereich und belegt im Greenpeace-Ranking den vorletzten Platz. Zwar sei man mit Produzenten in Diskussion, der Verzicht ist aber noch nicht überall schriftlich festgehalten. Als gentechnikfreie Eigenmarke hat Tengelmann „Naturkind“ im Regal.

Foto: dpa

Platz 11: Real

Der Handelskonzern Metro, zu dem die Supermarktkette Real gehört, hat einiges aufzuholen, um den Wunsch nach Fütterung ohne Gentechnik nachzukommen. Das Urteil von Greenpeace fällt entsprechend hart aus: „Hier stecken die Bemühungen um gentechnikfreie Ware noch in den Kinderschuhen oder werden nur halbherzig ohne konkrete Zeitpläne vorangetrieben.“ Mit „real Bio“ hat der Händler aber eine Eigenmarke im Programm, bei der ganz auf Gentechnik verzichtet wird.

Foto: dpa

So wurde bewertet

Die Greenpeace-Bewertung basiert auf firmeneigenen Auskünften. Es wurden Fragebögen an 16 Supermarktketten verschickt, die gebeten wurden, detaillierte Fragen zu Gentechnik im Essen und Tierfutter zu beantworten. Zu folgenden Themen konnten die Konzerne Stellung nehmen:

1. Fütterung heute: Kann bei der Produktion von Milch, Eiern, Fleisch eine Fütterung ohne Gentechnik zugsichert werden? Welche Produkte wurden bereits umgestellt?

2. Fütterung bis 2014: Wird in den nächsten drei Jahren eine Fütterung ohne Gentechnik angestrebt? Wenn ja: für welche Produktsparten und Eigenmarken?

3. Transparenz: Wie kann der Verbraucher bei den Eigenmarken erkennen, ob tierische Produkte ohne gentechnisch veränderte Pflanzen im Tierfutter hergestellt wurden?

Foto: dpa

Im grünen Bereich

Bei der Beantwortung konnten maximal 818 Punkte erreicht werden, die in Prozentpunkte umgerechnet wurde. Bei 100 Prozent garantiert ein Unternehmen, auf Gen-Pflanzen in der Produktion zu verzichten und liegt damit im obersten grünen Bereich.

Je geringer die Prozentzahl, desto unklarer ist laut Greenpeace, wie der Supermarkt mit Gentechnik und Verbrauchertransparenz umgeht. Dabei bedeutet die Prozentzahl jedoch nicht, dass dieser Anteil der Produkte gentechnikfrei ist.

Alnatura: 99,4 %

Dennree: 99,4 %

Tegut: 76 %

Aldi Nord: 55,4 %

Aldi Süd: 55,4 %

Kaufland: 54,6 %

Lidl: 54,5 %

Penny: 52,4 %

Rewe: 52,4 %

Norma: 50,4 %

Coop: 38,6 %

Edeka: 37,7 %

Netto: 37,7 %

Kaiser`s/Tengelmann: 37,3 %

Real: 34,4 %

Foto: dpa

So viel ist klar: Die meisten Deutschen und Europäer wollen (siehe Grafik unten) die vermeintlich beängstigenden Biotech-Produkte nicht haben. Auch wenn Beweise für konkrete Gefahren fehlen, ist den meisten Menschen nicht geheuer, wie Forscher munter Erbanlagen aus dem einen Organismus in den nächsten bugsieren – etwa Quallengene im Weizen.

International abgeschlagen

Die Folgen dieser Ablehnung reichen aber viel weiter als die Frage, ob eine Sorte Kartoffeln mehr oder weniger auf den Märkten landet: Die Freiheit zum Verbraucherwiderstand bremste die Freiheit der Forscher aus. Diffuse Ängste auf der einen und Unfähigkeit zur Kommunikation in Teilen der Industrie auf der anderen Seite ramponierten den Forschungsstandort Deutschland.

Waren gerade die Kölner Forscher in den Achtzigerjahren weltweit hoch angesehen, weil sie viele der Methoden zum Verschieben der Gene entwickelten, ist Deutschland durch die Ablehnung der Verbraucher und strenge Gentechnikgesetze bei der Forschung heute abgeschlagen. Die industrielle Forschung bei der Pflanzenbiotechnologie ist sogar fast ganz gestoppt.

Wie viel Prozent der Landwirte und Verbraucher gentechnisch veränderte Pflanzen für notwendig halten, um genügend Lebensmittel zu produzieren.

(zum Vergrößern bitte anklicken)

Foto: WirtschaftsWoche

Während Vertreter der sogenannten „roten“, der medizinischen Biotechnologie mit hochwirksamen Gentech-Medikamenten etwa gegen Krebs Ängste der Verbraucher verscheuchen konnten, ist das den „grünen“ Forschern mit ihren genoptimierten Gewächsen nie gelungen. Als Folge davon haben die großen Agrarchemiekonzerne Bayer und BASF ihre Entwicklungsaktivitäten in Sachen grüner Gentechnik komplett ins Ausland verlegt.

Transgene Pflanzen sind nun in Deutschland tabu – sowohl an den BASF-Standorten Limburgerhof und Gatersleben als auch auf dem 200 Hektar großen Bayer-Versuchsgut Laacher Hof bei Monheim. Mehr als 100 Stellen verlegte die BASF Plant Science (BPS) Anfang 2012 in die USA und ins benachbarte Belgien nach Gent, zusammen mit Forschungssummen von jährlich rund 150 Millionen Euro.

Gestreckter Kaffee

Um mehr Geld zu verdienen kommt es immer wieder vor, dass Hersteller ihren Kaffee strecken. Dafür mischen sie laut einer NDR-Reportage den gemahlenen Bohnen zu etwa zehn Prozent den Stoff Maltodextrin bei. Dabei handelt es sich um eine Zuckerart, die in der Lebensmittelindustrie als günstiger Füllstoff eingesetzt wird. Auch Karamell wird zum Strecken verwendet. Kunden sollten im Supermarkt bei der Aufschrift "Melange" hellhörig werden. Auch im Kleingedruckten geben die Hersteller an, ob sie das Produkt gestreckt haben. Damit gibt es keine rechtlichen Konsequenzen.

Foto: dpa

Ewig frisches Fleisch

Seit Tagen liegt das Hackfleisch im Kühlschrank und noch immer sieht es frisch aus. Die Lebensmittelindustrie macht es möglich, indem sie einfach ein Gasgemisch mit viel Sauerstoff in die Verpackung pumpt. Dadurch bleibt das Fleisch optisch frisch. Am Geschmack lässt sich das Alter dann aber doch erkennen. Das Max-Rubner-Institut hat herausgefunden, dass derartig behandelte Ware ranzig schmeckt. Außerdem soll das Gasgemisch das Wachstum bestimmter Bakterien fördern.

Foto: dpa

Gefärbte Oliven

Im Handel werden sowohl schwarze als auch grüne Oliven vertrieben. Schwarze Oliven gelten dabei als besondere Delikatesse, da sie schon reif und damit vollmundiger im Geschmack sind. Die grünen Oliven sind noch sehr jung und damit eher herb und säuerlich im Geschmack. Weil sich die schwarzen Exemplare besser verkaufen lassen, sind findige Hersteller auf die Idee gekommen, grüne Oliven einfach schwarz zu färben. Rein optisch ist es sehr schwer die echten von den gefälschten schwarzen Oliven im Glas unterscheiden zu können. Wer wissen will, welche Oliven er kauft, muss einen Blick auf die Zutatenliste werfen. Sind die Stabilisatoren Eisen-2-Gluconat oder Eisen-2-Lactat aufgelistet, handelt es sich um Trickserei.

Foto: Blumenbüro Holland/dpa/gms

Natürliche Aromen
Vielen Verbrauchern ist es wichtig, dass in Produkten keine oder zumindest wenig Chemie enthalten ist. Wer aber darauf vertraut, dass in einer Erdbeermarmelade mit "natürlichen Aromen" nur Erdbeeren und Zucker enthalten sind, der kann sich täuschen. Natürliche Aromen können nämlich auch pflanzliche Öle sein, die dem Obstgeschmack nahe kommen.

Foto: dpa

Pesto

So beklagt die Verbraucherorganisation Foodwatch, dass beispielsweise im Pesto Verde der Marke Bertolli (Unilever) Cashewnüsse, Pflanzenöl, Aroma und Säuerungsmittel enthalten sind. Dabei wirbt Unilever mit "original italienischer Rezeptur", "nur die besten Zutaten", "feinstes Bertolli Olivenöl" und Pinienkernen. Mehr als ein Fingerhut voll Olivenöl muss aber gar nicht drin sein und auch die teuren Pinienkernen müssen nur zu einem geringen Teil enthalten sein.

Foto: Fotolia

Pudding

Auch im Pudding muss nicht drin sein, was draufsteht: So reicht es beispielsweise, wenn im Schokoladenpudding ein Prozent echtes Kakaopulver enthalten ist. Der Rest darf eine bunte Mischung aus Aromen, Zucker, Fett und Gelatine sein. Nur wenn weniger als ein Prozent Kakao - also Schokolade - im Schokopudding ist, muss das entsprechend deklariert werden.

Foto: dpa/dpaweb

Fruchtsaftgetränke

Auch bei Fruchtsäften müssen Verbraucher aufmerksam sein. Nur, wenn auf der Packung "Fruchtsaft aus 100 Prozent Frucht" steht, ist tatsächlich nichts anderes drin. Die deutsche Fruchtsaftverordnung erlaubt allerdings auch die Verwendung von Fruchtsaftkonzentrat und 15 Gramm zusätzlichem Zucker pro Liter Saft. Saft aus Zitronen, Limetten, Bergamotten und schwarzen, roten oder weißen Johannisbeeren darf mehr Zucker zugesetzt werden.

Beim Fruchtnektar handelt es sich dagegen um eine Mischung aus Fruchtsaft und/oder Fruchtmark, Wasser und Zucker. Der Fruchtanteil beträgt 25 bis 50 Prozent. Noch niedriger ist der Fruchtanteil bei Fruchtsaftgetränken: Bei Orangensaft liegt dieser bei sechs Prozent, bei Traubensaft und Apfelsaft bei 30 Prozent.

Bei Eistees reicht es, wenn Obst auf der Packung abgebildet ist, enthalten sein muss keins. So beanstandet Foodwatch den Pfanner-Eistee "Zitrone-Physalis", in dem die Menge an Physalis ist so gering ist, dass sie nicht einmal deklariert werden muss. Im zwei-Liter-Karton sind außerdem enthalten: 44 Stück Würfelzucker, 15 Prozent gelber Tee, Aromen und E330 (Zitronensäure).

Foto: dapd

Getränke

Doch auch in anderen Getränken ist nicht immer nur das enthalten, was die Verbraucher erwarten. So ist in zahlreichen Produkten - neben Gummibärchen und Weingummis auch in Coca Cola und Säften von Granini - Gelatine enthalten. Die besteht aus Haut und Knochen von Schweinen und Rindern und fungiert als billiger Träger von Farbstoffen und Vitaminen.

Foto: dpa

Leberwurst

Der Leberanteil in Leberwurst ist gering: Er beträgt zwischen zehn und 30 Prozent - mehr würde die Wurst bitter schmecken lassen. In Kalbsleberwurst müssen nur 15 Prozent Kalbsleber enthalten sein, der Rest kann Schweine-, Rinder- oder Geflügelleber sein. Wer dagegen Kalbfleischleberwurst kauft, braucht keine Kalbsleber erwarten: In solchen Produkten muss nur maximal 15 Prozent Kalbfleisch enthalten sein.

Fleischwurst dagegen muss nur zu acht Prozent aus Muskelfleisch bestehen. Der Rest sind Fett, Schwarte, Speck, Sehnenfleisch und Gewürze.

Foto: AP

Geflügelwurst
Eine ähnliche Mogelpackung ist die Geflügelwurst. Damit sich ein Produkt das Etikett "Geflügel" geben darf, reicht es, wenn der Geflügelfleischanteil 15 Prozent beträgt. Der Rest kann vom Schwein oder Rind sein. So beschwerte sich Foodwatch beispielsweise über die "Puten-Cervelatwurst" der Marke Gutfried: Die Putenwurst bestand fast zur Hälfte aus Schweinefleisch. Nach mehreren tausend Verbraucherbeschwerden ist der Hinweis auf den hohen Schweinefleischanteil nun nicht länger im Kleingedruckten versteckt.

Foto: gms

Fleisch- und Fischsalate
Auch im Fleisch- oder Wurstsalat ist weniger drin, als erwartet: Der Fleisch- beziehungsweise Wurstanteil muss 25 Prozent betragen. Der Rest besteht aus Mayonnaise, Gurke und diversen Zusatzstoffen. Im Heringssalat muss sogar etwas weniger Fisch enthalten sein, als Fleisch im Fleischsalat. 20 Prozent Hering genügen, damit sich das Produkt Heringssalat nennen darf. Geringe Mengen Rindfleisch in Fischsalaten müssen nicht extra deklariert werden.

Foto: dpa/dpaweb

Körnerbrot
Und wer gesundes Vollkornbrot möchte, sollte darauf achten, dass auch tatsächlich Vollkornbrot auf der Packung steht. Bei "Körnerbrot" handelt es sich oft um dunkel gefärbten Teig mit ein paar Dekokörnern auf der Kruste.

Foto: gms

Pflanzenmargarine
Vegetarier aufgepasst: Zwar müssen in Pflanzenmargarine 97 Prozent pflanzliche Fette und Öle enthalten sein, die restlichen drei Prozent dürfen aber auch gerne Rindertalg oder andere tierische Stoffe sein.

Foto: CLARK/obs

Kirschjoghurt
Wer einen Kirschjoghurt oder einen Erdbeerjoghurt kauft, sollte nicht zu viel Obst erwarten: Fruchtjoghurt muss nur sechs Prozent Früchte enthalten, Joghurts mit Fruchtzubereitung sogar nur 3,5 Prozent.

Foto: dpa

Bereits Wissenschaftler der Antike interessierten sich für Fragen der Vererbung. Etwa 500 vor Christus erklärte der griechische Philosoph Anaxagoras, dass der Embryo im männlichen Spermium bereits vorgeformt sei. Dass nur der Mann Erbanlagen besitze, behauptete auch Aristoteles etwa 100 Jahre später. Ähnliche Vorstellungen hielten sich noch bis in die Neuzeit hinein, da es an Instrumenten und Technik fehlte, um tiefer in die Forschung eintauchen zu können.

Foto: Gemeinfrei

Den Grundstein zur sogenannten modernen Vererbungslehre legte Gregor Johann Mendel. Der Augustinermönch schrieb 1865 die sogenannten Mendelschen Regeln nieder. Sie erfassen bis heute die Prinzipien für die Vererbung körperlicher Merkmale. In seiner Forschung experimentierte Mendel mit Erbsen, und zwar mit sieben unterschiedlichen Merkmalen reinrassiger Erbsenlinien, und fasste die Ergebnisse seiner Kreuzungsversuche zu drei Grundregeln zusammen.

Foto: Gemeinfrei

1869 wurden in Fischspermien erstmals Nukleinsäuren, die Bausteine der DNA (Desoxyribonukleinsäure), entdeckt. Den Zusammenhang zur Struktur der Erbsubstanz konnten Wissenschaftler bis dahin jedoch nicht herstellen. Erst 19 Jahre später entdeckte Wilhelm von Waldeyer (im Bild) die Chromosomen in menschlichen Zellen.

Foto: Gemeinfrei

1890 wies dann der deutsche Biologe Theodor Boveri nach, dass die Chromosomen Träger der Erbinformation sind. 

Foto: Gemeinfrei

William Bateson war es, der 1906 den Begriff "Genetik" für die Vererbungsgesetze einführte.

Foto: Gemeinfrei

Bereits 1903 vermutete der amerikanische Biologe Walter S. Sutton, dass paarweise auftretende Chromosomen Träger des Erbmaterials sind. Dieser Ansatz wurde ab 1907 von Thomas Morgan an der Drosophila melanogaster (eine Taufliegenart) verfolgt und ausgebaut. Morgan gelang es, Gene als Träger der geschlechtsgebundenen Erbanlagen an bestimmten Stellen der Taufliegen-Chromosomen zu lokalisieren. Für diese Leistung erhielt er 1933 den Nobelpreis für Medizin.

Foto: dpa

James Watson (im Bild) entdeckte gemeinsam mit seinem Kollegen Francis Crick 1953 die Doppelhelixstruktur der DNA. Sie stellten fest, dass das DNA-Molekül ein dreidimensionaler, spiralförmiger Doppelstrang ist, in dessen Innenraum sich die vier Basen immer paarweise zusammenschließen. Das Besondere an dieser Struktur sei, so die beiden Forscher, dass sie sich selbst kopieren könne. Damit hatten Watson und Crick auch den Mechanismus der Vererbung erklärt. Dafür erhielten auch sie den Nobelpreis.

Foto: dpa

Das Bild zeigt die Forschungsleistung Jonathan Roger Beckwiths. Der amerikanische Biochemiker isolierte 1969 als erster ein einzelnes Gen aus dem Erbgut von Coli-Bakterien.

Foto: rtr

Der "genetische Fingerabdruck" wurde 1984 von Alec Jeffreys entwickelt.

Foto: Jane Gitschier

1990 startete das "Human Genome Project" (HUGO). Das ehrgeizige Ziel: Forscherteams auf der ganzen Welt wollten bis zum Jahr 2003 das gesamte menschliche Erbgut entschlüsselt haben.

Foto: Presse

Weil parallel dazu kleine, vielversprechende deutsche Biotech-Gründungen von großen Konzernen geschluckt wurden – zum Beispiel Plantec von Bayer, Metanomics und Sungene von BASF –, wandern deren Forscher gleich mit ab. „Sungene schließt Ende 2013 die Pforten“, sagt etwa deren Mitgründer Uwe Sonnewald. Er hat sich in Erlangen wieder auf die Grundlagenforschung verlegt. Aber selbst da falle es schwer, sehr gute Studenten für Pflanzenwissenschaften zu begeistern.

Umso mehr als auch der Europäische Gerichtshof Mitte Dezember wegen Verfahrensfehlern die Zulassung der gentechnisch veränderten Amflora-Kartoffel gekippt hat. Auf deren Zulassung hatte BASF 13 Jahre lang gewartet.

Besserung ist nicht in Sicht – schon gar nicht in Deutschland. „Weit ab von jeder rationalen Begründung wird der Forschungsstandort Deutschland auf diesem wichtigen Zukunftsfeld ausgebremst“, sagt Ulrich Wobus. Er leitete bis 2007 das Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung in Gatersleben in Sachsen-Anhalt – neben Köln und Potsdam das deutsche Zentrum für die Anwendungsforschung transgener Pflanzen.

Dabei verfolgten die Gen-Ingenieure hehre Ziele: Sie wollten per Gentransfer Pflanzen leistungsfähiger und robuster gegen Schädlinge und Klimaschwankungen machen – und so auch die Ernährung für immer mehr Erdenbewohner sichern.

Warum gerade die Europäer bei Gentechnik im Essen so misstrauisch sind, hat mehrere Gründe. Angst ist einer davon. Die Enthüllungen rund um die BSE-Krise in den Neunzigerjahren haben das Vertrauen der Verbraucher in die Lebensmittelindustrie nachhaltig erschüttert. Übertreibung ist ein weiterer: Anfangs habe die Branche grüne Gentechnik viel zu positiv dargestellt, räumt Philip von dem Bussche ein, der Chef des Saatgutherstellers KWS: „Da müssen wir uns als Branche an die eigene Nase fassen.“ Auf Genfood gegen Herzinfarkt und Falten etwa können die Verbraucher wohl noch lange warten.

Das passt zum grundlegenden Marketingproblem der grünen Gentechnik: Anders als bei Biotech-Medikamenten haben die Verbraucher bisher keinen erfahrbaren Nutzen vom Genfood. Und die Landwirte, die von ertragreicheren Sorten profitieren könnten, setzen in Europa mit seiner landwirtschaftlichen Überproduktion ohnehin eher auf Klasse statt Masse.

Hersteller schließen Zusätze aus

Offenbar Gentech-Gemüse in Babynahrung von Hipp und Demeter

von Susanne Kutter

Hinzu kommt, dass auch bei der Vermittlung des Themas allerhand schiefging: So brachte etwa der US-Saatgut- und -Spritzmittelkonzern Monsanto, den Gentech-Gegner nur „Monsatan“ nennen, 1996 gentechnisch veränderte Sojabohnen in Europa auf den Markt – ohne Kennzeichnung. Die wurde damals zwar von den Verbrauchern gefordert, war aber in der EU noch nicht vorgeschrieben. In quasikolonialistischer Manier versuchte Monsanto die vermeintlich technophoben Europäer zu belehren, was gut für sie sei. Gezielte Fehlinformationen und ultraplumper Lobbyismus gehörten dabei zum Repertoire.

Der Streit eskalierte über die Jahre, sodass heute kaum noch eine sachliche Debatte möglich ist. Und dieser Dogmatismus hat längst beide Seiten befallen.

Einziger Hoffnungsschimmer scheint in diesen trüben Zeiten Einbeck in Südniedersachsen zu sein. Dort hält der Weltmarktführer für Zuckerrübensaatgut – die 3.500 Mitarbeiter starke KWS – die Fahne grüner Gentechnik made in Germany hoch: „Wir bleiben hier“, sagte KWS-Chef von dem Bussche, als BASF den Rückzug aus Deutschland bekannt gab. Er baut keine Arbeitsplätze ab, sondern 70 neue Stellen in der Forschung und Züchtung auf.

„Wir wollen, dass unsere Molekularbiologen eng mit unseren Pflanzenzüchtern zusammenarbeiten, damit wir weltweit immer besseres Saatgut für die Landwirte anbieten können“, sagt von dem Bussche. Allerdings verkauft auch er in Europa nur noch konventionell hergestelltes Saatgut. Die Gentech-Ware geht ausschließlich nach USA, Südamerika und Asien.

Um das Ruder hier noch einmal herumzureißen, sind vielleicht ganz neue Ansätze nötig. Etwa Aquarienfische, die dank eines Fluoreszenzgens aus einer Qualle knallgrün oder neonorange aufleuchten, wenn das Aquarienlicht einen hohen Blauanteil enthält. Yorktown Technologies aus Texas verkauft die Fische unter dem Namen Glofish seit 2003. Während die Zierfische in Europa nicht vertrieben werden dürfen, hat der US-Künstler Zack Denfeld sie bereits in einem Koch-Video zu Sushi-Rollen verarbeitet. Beim Essen darf die UV-Lampe nicht fehlen, damit der Leuchteffekt auf dem Teller zur Geltung kommt.

Ob solche Partygags europäische Genfood-Gegner auf den Geschmack bringen werden, bleibt allerdings abzuwarten.

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