Klimaschutz Die globale Ohnmacht

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Forscherstreit

Aktivisten mit einem schmelzenden Globus Quelle: REUTERS

7. Nicht jeder folgt den Warnungen der Klimaforscher. Was ist von den Einwänden der Kritiker zu halten?

Ist der vom Menschen verursachte Klimawandel nur eine Erfindung übereifriger Wissenschaftler? Das glauben Scharen von Hobbyforschern, die in Hunderten Internet-Blogs versuchen, die wissenschaftlichen Erkenntnisse zum Klimawandel zu widerlegen. Ihre Argumente sind vielfältig: Das Treibhausgas CO2 sei gar nicht schädlich sagen die einen; andere meinen, die Erwärmung habe natürliche Ursachen wie eine erhöhte Sonneneinstrahlung. Nur haben Wissenschaftler diese Argumente mehrfach widerlegt. Erst Ende Oktober hebelte ein Team der Universität Berkeley unter Führung des Physikers Richard Muller einen der Haupteinwände der Klimawandelleugner aus. Das Argument: Viele Messstationen hätten früher in freier Natur gelegen, befänden sich heute wegen der Urbanisierung aber in wärmeren Städten. Deshalb seien die Temperaturkurven unglaubwürdig, die etwa der Weltklimarat verwendet. Nach Analyse von 1,6 Milliarden Messdaten aus 39 000 Wetterstationen fand Mullers Team heraus, dass nur ein statistisch unbedeutender Prozentsatz der Messungen vom Urbanisierungseffekt betroffen ist. Die Berkeley-Ergebnisse zeigen sogar noch eine stärkere Erwärmung der Erde als vom Weltklimarat beobachtet.

Neben der Arbeit im Internet organisieren sich die Skeptiker auch in Thinktanks wie dem Europäischen Institut für Klima und Energie (Eike) in Jena. Dessen Team rekrutiert sich vor allem aus pensionierten Hochschullehrern und lobbyiert bei CDU- und FDP-Politikern und in Unternehmen. Vorbild für Eike sind klimawandelskeptische Denkfabriken in den USA. Dort glaubt fast die Hälfte der konservativen US-Wähler nicht an den Klimawandel, ermittelten Wissenschaftler der US-Universität Yale.

An den Universitäten dagegen zweifelt kaum noch jemand am Treibhauseffekt: Mehr als 90 Prozent der Klimaexperten sind überzeugt, dass der Mensch für die jüngste globale Erwärmung verantwortlich ist. Das ergab schon 2009 eine Umfrage der Universität von Illinois in Chicago unter 3146 Forschern.

Dabei gibt es durchaus Bedarf für eine kritische Debatte. Immerhin sind insbesondere die Folgen, die eine Temperaturerhöhung auf das Klima der Erde hat, noch immer unklar: Richard Lindzen etwa, Forscher am renommierten Massachusetts Institute of Technology in den USA, versucht seit Jahren nachzuweisen, dass die aus den höheren Temperaturen resultierende Wolkenbildung langfristig zur Abkühlung der Erde führt – denn Wolken reflektieren die Sonnenstrahlung stärker. Bisher aber konnte Lindzen die Fachkollegen mit seiner Theorie nicht überzeugen.

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