Zuletzt hieß es, dass sich auch die deutsche Regierung in die Gespräche eingeschaltet habe. Allzu offensive politische Interventionen von deutscher Seite wären jedoch eine durchaus heikle Sache. Als die französische Großbank BNP Paribas ihre Strafe wegen Verstößen gegen US-Embargo-Vorschriften verhandelte, legte sich die Regierung ordentlich für das Institut ins Zeug. Mit dem Ergebnis, dass die Bank eine unerwartet hohe Strafe von knapp zehn Milliarden Euro zahlen musste.
Analysten gehen nahezu einhellig von einer zwar schmerzhaften, aber nicht existenzgefährdenden Strafe aus. Bei ihren Berechnungen stützen sie sich allerdings allein auf den Marktanteil der Bank bei den zweifelhaften Geschäften. Der ist nicht mehr als ein Indikator. Wie wenig aussagekräftig dieser für sich allein ist, zeigt eine Studie der Ratingagentur Moody’s. Danach zahlten die US-Banken, die sich bereits verglichen haben, zwischen zwei und acht Millionen Dollar für einen Basispunkt Marktanteil. Selbst im Maximalszenario kommen die Moody’s-Analysten für die Deutsche Bank auf dieser Grundlage auf einen Schadenersatz von umgerechnet fünf Milliarden Euro.
Dass solche Schätzungen ins Leere gehen können, hat ein anderes Verfahren der Deutschen Bank gezeigt. Die Strafe für die Manipulation des Referenzzinses Libor fiel im Frühjahr 2015 deutlich höher aus als allgemein erwartet. Sie war allerdings weit davon entfernt, existenzbedrohend zu sein.
Vermutlich hat die Deutsche Bank etwa die Hälfte ihrer Rückstellungen von aktuell 5,5 Milliarden Euro für das US-Verfahren reserviert. Damit könnte sie sich eine Strafe von um die acht Milliarden Euro leisten, ohne dass ihre Kapitalquote unter das regulatorische Mindestmaß fällt. Höher dürfte die Strafe wohl kaum ausfallen.
In jedem Fall ein Rückschlag für die Deutsche Bank
Allerdings ist jede weitere Schwächung der Kapitalbasis für die Bank ein herber Rückschlag. Je näher sie in die Nähe des regulatorischen Mindestmaßes gerät, desto anfälliger wird sie, desto mehr leidet das Vertrauen der Kunden. Und desto schwieriger gestaltet sich die Zukunft. Die Kapitalanforderungen werden sich in den kommenden Jahren nochmals deutlich verschärfen. Auch ohne große Sondereffekte zweifeln Investoren längst daran, dass die Bank die erforderliche Schwelle aus eigener Kraft überschreiten kann.
Deshalb gehen Investoren und Analysten davon aus, dass Cryan auf Dauer nicht ohne Kapitalerhöhung auskommt. Angeblich soll es aktuell Gespräche mit Wall-Street-Banken geben. Der Zeitpunkt wäre allerdings ungünstig. Die Aktie ist so tief gefallen, dass der Erlös eines solchen Schritts in einem schlechten Verhältnis zu dessen Ertrag steht. Deutlich besser sähe es vermutlich nach einer Einigung mit dem Justizministerium aus. Bis dahin muss die Bank dann aber mit der gefährlichen Unsicherheit leben.