Sagte der Chef einer Fluglinie, dass er sich über einen schärferen Wettbewerb freut, war er bisher entweder ein Heuchler – oder Ryanair-Chef Michael O‘Leary. „Wer wie Michael die niedrigsten Kosten und das dickste Konto Geld hat, findet das Hauen und Stechen vielleicht gut“, so ein führender Airline-Manager. „Wer wie fast der ganze Rest kaum Geld verdient, mag das garantiert nicht.“
In diesem Frühjahr dürfte nun selbst der Ryanairchef die wachsende Konkurrenz nicht mehr so recht mögen. „Die vergangenen Monate waren die bisher schlimmste Zeit für alle Airlines“, sagt Easyjet-Chefin Carolyn McCall im Hinblick auf die Verbindung aus Terrorangst und Streiks. „Diese Kombination ist neu und macht das Geschäft fast unberechenbar“. so McCall.
Nun gehören harte Zeiten und auch Pleiten im Fluggeschäft zum Alltag. Seit der Billigflugboom nach der Jahrtausendwende richtig losging, gab es in Europa laut Schätzungen bereits weit über 200 Pleiten. Doch weil am Ende der Konsolidierungswelle gut ein halbes Dutzend mehr oder weniger solider Airlines mit deutlichen Stärken übrig blieb – wie der in Osteuropa starken Wizz Air aus Ungarn – hätte sich die Branche eigentlich beruhigen können.
Die wichtigsten Billigflieger in Deutschland
Transavia
Starts pro Woche: 64
Sitze: 9616
Strecken: 19
Vueling
Starts pro Woche: 67
Sitze: 12.160
Strecken: 11
Aer Lingus
Starts pro Woche: 71
Sitze: 12.354
Strecken: 8
Norwegian Air Shuttle
Starts pro Woche: 106
Sitze: 19.929
Strecken: 33
flybe
Starts pro Woche: 130
Sitze: 10.800
Strecken: 16
Wizz
Starts pro Woche: 208
Sitze: 38.590
Strecken: 73
Easyjet
Starts pro Woche: 531
Sitze: 86.868
Strecken: 90
Ryanair
Starts pro Woche: 1058
Sitze: 199.962
Strecken: 243
Euro-/Germanwings
Starts pro Woche: 2595
Sitze: 390.692
Strecken: 516
Tatsächlich ist das Gegenteil der Fall. „Unsere Krisenhandbücher helfen uns jetzt wenig“, so McCall.
Dafür sorgt eine fast einmalige Lage. Der offensichtlichste Grund ist die Angst vor dem Terror. Mit der Angriffsserie von Paris, der Flugzeugbombe im ägyptischen Sharm el-Sheikh und den Anschlägen von Brüssel gab es gleich drei direkte Attacken auf Touristen innerhalb eines Vierteljahres.
Der Dreifachschlag hat zwar bislang die Zahl der Reisenden noch nicht gedrückt, denn das Gros der Urlaubsreisenden will ihre im Sommer oder Herbst gebuchten Flüge nicht verfallen lassen. Doch die Vorausbuchungen sind deutlich zurückgegangen und werden von den Airlines durch mehr Sonderangebote angetrieben. So wirbt derzeit selbst die sonst so krisenresistente Emirates aus Dubai damit, dass sie ihren Kunden auf vielen Strecken eine Gratisübernachtung in Dubai schenkt.
Die Nebeneinkünfte der Airlines abseits des Ticketverkaufs
Alaska Air Group
Jahresergebnis 2014: 921 Millionen US-Dollar
Vorjahr: -
Quelle: „Yearbook of Ancillary Revenue 2015” der IdeaWorksCompany
Qantas Airways
Jahresergebnis 2014: 1,4 Milliarden US-Dollar
Vorjahr: Platz 09, 1,3 Milliarden US-Dollar
easyJet
Jahresergebnis 2014: 1,5 Milliarden US-Dollar
Vorjahr: Platz 07, 1,4 Milliarden US-Dollar
Lufthansa
Jahresergebnis 2014: 1,6 Milliarden US-Dollar
Vorjahr: Platz 08, 1,3 Milliarden US-Dollar
Southwest
Jahresergebnis 2014: 1,9 Milliarden US-Dollar
Vorjahr: Platz 06, 1,6 Milliarden US-Dollar
Ryanair
Jahresergebnis 2014: 1,9 Milliarden US-Dollar
Vorjahr: Platz 05, 1,7 Milliarden US-Dollar
Air France/KLM
Jahresergebnis 2014: 2 Milliarden US-Dollar
Vorjahr: Platz 04: 1,7 Milliarden US-Dollar
Delta
Jahresergebnis 2014: 3,2 Milliarden US-Dollar
Vorjahr: Platz 02, 2,5 Milliarden US-Dollar
AirwaysAmerican/US Airways
Jahresergebnis 2014 (Vorjahr): 4,7 Milliarden US-Dollar
Vorjahr: Platz 03, 2 Milliarden US-Dollar (American)/ Platz 10, 1,1 Milliarden US-Dollar (US Airways)
United
Jahresergebnis 2014: 5,9 Milliarden US-Dollar
Vorjahr: Platz 01, 5,7 Milliarden US-Dollar
Das bedeutet nicht nur weniger Geld aus den Vorauszahlungen der Kunden. Weil die Flugpreise steigen, je voller der Flieger wird, fehlen am Ende vor allem die teureren Tickets, die den Airlines das meiste Geld bescheren. Somit bringt jeder Flug weniger Umsatz als geplant.
Doch die Probleme gehen tiefer. Denn gerade im Europaverkehr standen schon vorher die Zeichen auf Sturm.