Dachser gegen Nagel Der Kampf der Lebensmittel-Versorger

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Von einem europäischen Netz würden beide profitieren

Ein Fahrzeug des Logistikkonzerns Dachser Quelle: dpa

Vor allem im Ringen um die Großaufträge von Kraft oder Unilever lieferten sich die Wettbewerber seitdem gnadenlose Bieterkämpfe. „Bis heute bilden die beiden Logistiker in Deutschland bei den frischen Lebensmitteln ein Oligopol – das bedeutet große Marktmacht, verbunden mit einem harten Konkurrenzkampf“, sagt Bretzke.

Die Belegschaften der beiden Lebensmittelspediteure haben den Wettkampf verinnerlicht: „Es ist ein bisschen wie Schalke gegen Dortmund“, sagt ein Nagel-Mitarbeiter. Gerade steht es eins zu null für Nagel. Zwar ist Nagel schon seit mehr als 13 Jahren für die gekühlten Lebensmittel der Metro-Gruppe zuständig. Den Zuschlag für die ungekühlte Ware konnte sich aber bislang Dachser sichern.

In der wegen des anhaltenden Konzentrationsprozesses auf Händler- wie auf Produzentenseite hart umkämpften Lebensmittellogistik kommt der Auftrag den Transporteuren aus Versmold gerade recht: Das Unternehmen hat ehrgeizige Ziele. Auf zwei Milliarden Euro wollen die einstigen Wurstspediteure wachsen, die Marge soll auf rund drei Prozent steigen – in den vergangenen Jahren war sie gerade mal halb so hoch. Zudem hofft Nagel auf eine Sogwirkung des Metro-Auftrags: „Wir haben schon eine Hand voll Folgeaufträge generiert“, freut sich Nagel-Chef Bernhard Heinrich. „Hersteller, bei denen wir jetzt auf den Hof fahren, haben uns auch mit ihrer Logistik beauftragt.“

Gut vernetzt

Zwar sind die Margen für den Transport ungekühlter Lebensmittel meist deutlich niedriger als für Kühlware, zudem ist Metro bei den Spediteuren als knallhart verhandelnder Kunde verschrien, dennoch gilt die Vertragserweiterung bei Experten als Segen für die Westfalen: „Nagel hat mit dem Auftrag im Trockensegment auch den Auftrag für die Logistik frischer Lebensmittel abgesichert und realisiert für die Metro Vorteile aus der Bündelung“, sagt Sven Rutkowsky, Logistikexperte der Unternehmensberatung A.T. Kearney.

Der Gegenangriff von Dachser dürfte nicht lange auf sich warten lassen. „Wir schlagen uns immer das nasse Handtuch um die Ohren – Wettbewerb belebt nun mal das Geschäft“, sagt Nagel-Chef Heinrich. Die Mobilmachung läuft bereits auf Hochtouren: Vor knapp einem Jahr gründeten die Kemptener das European Food Network. Zwölf der führenden europäischen Lebensmittellogistiker haben sich unter Dachsers Führung zu einem Netzwerk zusammengeschlossen, darunter die niederländische Raben Group, die österreichische Brummer Logistik und Papp Italia. Mit zwölf Partnern in 21 Ländern will Dachser mit Nagel um die Spitzenposition streiten.

„Wir wollen das führende Netz für innereuropäische Lebensmitteltransporte werden“, sagt Dachsers geschäftsführender Gesellschafter Bernhard Simon. Erste Erfolge kann er vorweisen: Die Volumina aus den Netzwerk-Ländern nach Deutschland haben sich 2013 im Vergleich zum Vorjahr verdoppelt.

Ein großes europäisches Netz ist für Dachser wie für Nagel von Vorteil: „50 Prozent der Aufträge des Gesamtunternehmens haben einen internationalen Anteil, wir sehen eine ähnliche Entwicklung auch im Food-Sektor“, sagt der Dachser-Chef. „Außerdem sind internationale Transporte immer lukrativer, unter anderem aufgrund der etwas höheren Komplexität“, sagt Logistikexperte Jens Riedl vom Beratungsunternehmen Boston Consulting Group.

Simon hätte sich grundsätzlich zwar auch vorstellen können, ein europaweites Netz für Lebensmittellogistik im Alleingang aufzubauen. Dafür wäre aber eine hohe Grundauslastung nötig gewesen. Zumindest in der Anfangsphase hätte ein solcher Schritt darum Verluste in Millionenhöhe verursacht.

Verschiedene Welten

Rund 600 Kilometer liegen zwischen den Unternehmensstandorten der beiden Logistiker in Kempten im Allgäu und Versmold am Rande des Teutoburger Wald. Versmold ist bekannt für seine Fleisch- und Wurstindustrie. Unternehmen wie Reinert, Wiltmann und Heinrich Nölke mit den Marken Gutfried, Müritzer oder Menzefricke haben hier ihren Sitz.

Kempten dagegen ist Käseland. Hier sind Unternehmen wie Edelweiß mit den Marken Bresso, Brunch oder Milkana und die Käserei Champignon mit Cambozola, Rougette und Hofmeister oder Striegistaler Zwerge ansässig.

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