Bill McDermott "Daten gehören den Kunden – auch in China"

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Neue Geschäftsfelder

Sie haben als CEO so viele Milliardenkäufe getätigt wie keiner vor Ihnen bei SAP und so die globale Konsolidierung vorangetrieben. Seit dem letzten großen Zukauf 2014 halten Sie sich aber zurück. Warum?
Jeder dieser Zukäufe hat SAP in einem wichtigen neuen Geschäftsfeld schneller vorangebracht, als wenn wir ein entsprechendes Produkt selber entwickelt hätten. Bestes Beispiel ist etwa SuccessFactors fürs Cloud-Computing. Wenn wir wieder eine Gelegenheit bekämen, bei der dies zuträfe, würden wir zugreifen. Es gab aber in der jüngeren Vergangenheit nur wenig wirklich interessante Übernahmeziele für uns.

In welchen solchen neuen Geschäftsfeldern könnten Sie sich Übernahmen vorstellen?
Mit unserer neuen Produktlinie Leonardo drängen wir in neue Technologien wie künstliche Intelligenz, Machine Learning, Quantencomputer und Blockchain ein. Hier gäbe es gewiss viele interessante und passende Übernahmeziele. Aber die Realität ist auch: Das sind meist sehr kleine Firmen mit einer sehr hohen Bewertung. Man würde vor allem Know-how und Kompetenzen erwerben. In den meisten Fällen macht es daher Sinn, uns auf unsere eigenen Stärken zu verlassen. Unsere Strategie lautet: Wir wollen die besten Talente anwerben, um selbst neue Produkte und Services zu entwickeln.

Bei künstlicher Intelligenz und Machine Learning konkurrieren Sie mit Facebook und Google. Wie wollen Sie Talente ausgerechnet zur bald 50 Jahre alten SAP locken, die Software für Geschäftskunden macht?
Das ist eine berechtigte Frage. Aber bedenken Sie: Im Geschäftskunden-Segment sind wir der weltweit größte Anbieter. Praktisch alle angesagten Unternehmen wie Apple oder Facebook steuern ihre Geschäftsprozesse im Hintergrund mit SAP. Die Menschen sind fast immer überrascht, wenn ich ihnen erzähle, dass iTunes – ja, sogar Apple selbst, als wertvollster Konzern der Welt – mithilfe von SAP-Software läuft. Genau dies müssen wir noch stärker herausstellen. Wir tragen dazu bei, dass viele großartige Markenhersteller wie Adidas oder Nike ihre Produkte weltweit vermarkten können. Die jungen Talente werden dies schätzen.

Neue Geschäftsfelder bedeuten auch neue Konkurrenten. Bislang war das immer Erzfeind Oracle. Wen sehen Sie heute als Ihren ärgsten Wettbewerber?
Unser schlimmster Wettbewerber ist die Begrenztheit unserer eigenen Vorstellungskraft. Nehmen Sie ein Produkt wie unser neues Softwarepaket mit integrierter Datenbank Hana: Wir haben damit noch nicht einmal die 20-Prozent-Marke bei unseren Bestandskunden erreicht, für die das Angebot geeignet wäre. Oder unser Geschäftsnetzwerk Ariba: Das verfügt aktuell über drei Millionen Handelspartner, die darüber eine Billion Dollar bewegen. Gleichzeitig ist Ariba eines der am schnellsten wachsenden Cloud-Unternehmen der Welt. All diese Felder verfügen also noch über ein enormes Wachstumspotenzial. Wir stehen erst am Anfang unserer Möglichkeiten.

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Aufsichtsratschef Plattner befürchtete vor gar nicht langer Zeit, SAP könnte zum Übernahmeziel werden. Sogar chinesische Investoren sah er nach SAP gieren. Besteht die Gefahr noch?
Hier gilt ein Motto aus dem Sport: Angriff ist die beste Verteidigung. Ein Unternehmen wie SAP, das erfolgreich ist, steigt im Wert. Es kommen überhaupt nur noch ganz wenige Konzerne infrage, die SAP übernehmen könnten. Hinzu kommt: Aktuell wickelt SAP weltweit 76 Prozent aller Geschäftstransaktionen ab – diese Tatsache ist noch gar nicht richtig in die Bewertung unseres Unternehmens mit eingeflossen.

Vor zwei Jahren hatten Sie einen tragischen Unfall, bei dem Sie ein Auge verloren haben. Was motiviert Sie noch, jeden Tag ins Büro zu gehen, statt irgendwo am Strand zu entspannen?
Ich habe mein ganzes Leben lang hart gearbeitet – und ich konnte mit unbehaglichen Situationen immer gut umgehen. Das hat mich auch vor SAP schon angetrieben. Umgekehrt ist mir oft unwohl, wenn es mir zu gut geht. Das hat mich vor Selbstzufriedenheit bewahrt, privat wie beruflich. Ich mag Veränderungen, ich mag Träume – und ich bin gerne Teil davon, etwas zu erschaffen, das es bisher so noch nicht gab.

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