Aber was können Erwachsene noch lernen? Worauf müssen sie dabei achten? Und wie können Führungskräfte die Lernfähigkeit der Mitarbeiter fördern? Anders gefragt: Kann man Lernen lernen?
Fragen, die den amerikanischen Psychologieprofessor Gary Marcus von der New- York-Universität bereits seit vielen Jahren beschäftigen. Der Wissenschaftler ist Experte auf dem Gebiet der Lernforschung. Und er hat dafür gesorgt, dass das Thema derzeit auch in den USA wieder diskutiert wird.
Das Gehirn zum wachsen bringen
In seinem neuen Buch „Guitar Zero“ beschreibt der Forscher das Resultat eines Selbstversuchs. Marcus, völlig unmusikalisch und talentfrei, versuchte Gitarre zu lernen. Im Alter von 40 Jahren.
Lernen in Prozenten
89 Prozent der Personalchefs glauben, Weiterbildung erhöhe die Motivation der Mitarbeiter.
40 Prozent der Deutschen macht es glücklich, Neues lernen zu können.
72 Prozent der Deutschen lernen an einem Werktag nichts Neues.
Bis vor einigen Jahren hätten ihn Forscherkollegen dafür noch ausgelacht. Denn lange Zeit gingen Wissenschaftler davon aus, dass das menschliche Gehirn irgendwann ausgelernt hat. Doch das gilt inzwischen als widerlegt. Etwa durch eine Untersuchung des Neurologen Arne May vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf. Im Jahr 2008 gab er 20 Männern und 24 Frauen im Alter von 50 bis 67 drei Bälle und drei Monate Zeit. Nun sollten sie lernen, die Kugeln mindestens 60 Sekunden lang zu jonglieren, was keiner der Freiwilligen jemals zuvor geübt hatte. Nach Ablauf der Zeit unterzog May die Teilnehmer einem Hirnscan. Und siehe da: Wer Jonglieren gelernt hatte, bei dem hatte sich der Hippocampus vergrößert – jene Hirnregion, die für das Lernen zuständig ist.
Eine ähnliche Erfahrung machte erst kürzlich die Hirnforscherin Eleanor Maguire vom University College in London. So beliebt die britische Hauptstadt bei Touristen ist, so kompliziert ist sie für Taxifahrer. Wer die Lizenz zum Fahren ergattern will, muss sich 25.000 Straßen merken. Bis zu vier Jahre lernen Anwärter für die Prüfung. Eine erhebliche geistige Anstrengung. Aber eine, die im Gehirn Spuren hinterlässt – und zwar sprichwörtlich.
Maguire durchleuchtete für ihre Studie mehrmals das Gehirn von 79 Taxifahrern und 31 Kontrollpersonen. Vor dem Marathonbüffeln fand sie bei den Probanden keine Unterschiede, hinterher allerdings schon: Zumindest bei den erfolgreichen Prüflingen war der Hippocampus erheblich gewachsen. Bei den gescheiterten Anwärtern und den Kontrollpersonen war das Volumen hingegen gleich geblieben.
Diese und ähnliche Studien von Psychologen, Neurologen und Ökonomen haben das Bild des erwachsenen Gehirns in den vergangenen Jahren revolutioniert. Sie lassen vor allem einen Schluss zu: Lernen ist auch im Alter noch möglich. Was Hänschen nicht lernte, kann Hans immer noch nachholen. Egal, ob ein neues Musikinstrument oder eine neue Fremdsprache.
Der ganz alltägliche Gedächtnisschwund
Vor einigen Jahren beklagten sich in Südkorea immer mehr junge Berufstätige über Gedächtnisschwund. Telefonnummern oder Passwörter konnten sie sich kaum noch merken. Auch Neurologen diagnostizieren, dass die Menschen heute vieles nicht mehr so gut im Kopf behalten wie noch vor einem Jahrzehnt. Für viele Technikskeptiker stehen die Schuldigen fest: Das Internet! Smartphones! Laptops! Die Informationsflut! Manche Psychiater warnen sogar schon vor digitaler Demenz. Doch so ganz stimmt das nicht – zumal das Phänomen keinesfalls neu ist.