Chancen und Risiken Alle 30 Dax-Aktien im Check

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Lanxess, Linde, Lufthansa, Merck

Die Aktie von Henkel hat sich in zwei Jahren fast verdoppelt Quelle: dpa

Lanxess - Hängt am Reifen

Der Chemiekonzern leidet unter der derzeit schwachen Kautschuknachfrage. Vor allem die Reifenhersteller kaufen weniger, weil die Autoindustrie in einem Konjunkturtal hängt. Zusätzlich machen dem ehemaligen Bayer-Ableger Konkurrenten aus China zu schaffen, die ihre Kapazitäten ausgebaut haben. Preise und Margen sind unter Druck. Etwa 54 Prozent des Konzernumsatzes hängen am Segment Performance Polymers, zu denen auch die Reifenvorprodukte gehören. Wichtigster Abnehmer für diese Kunststoffe ist die Autoindustrie. Wer als Anleger Lanxess kauft, spekuliert daher auf ein Comeback der Autobauer. Zwar melden die Lobbyisten der Autoindustrie auch in Europa wieder steigende Absatzzahlen, aber es bleibt abzuwarten, wie nachhaltig die Erholung ist. Wirklich attraktiv wäre Lanxess, wenn es dem Management gelänge, sich aus der Abhängigkeit von der Kautschukproduktion zu befreien. Denkbar wäre ein Zukauf bei Pflanzenschutzmitteln, ein Chemiesektor, der derzeit brummt. Bisher sind überzeugende Akquisitionen Fehlanzeige.

Linde - Wachablösung

Den Börsenwert rund versechsfacht, den Unternehmenswert fast verfünffacht, den Umsatz verdoppelt und den Gewinn seit Jahren dauerhaft über die Milliardengrenze gehoben – so liest sich die Erfolgsgeschichte von Wolfgang Reitzle. Der Chef der Münchner Linde wird im Mai 2014 nach gut elf Jahren seinen Posten räumen, zugunsten von Wolfgang Büchele, der seit April 2012 Vorsitzender des Vorstands des eher unbekannten finnischen Chemieunternehmens Kemira ist. Seit der Bekanntgabe des Wechsels konnte die Linde-Aktie nicht mehr zulegen, während der Dax sechs Prozent gewann. Vorschusslorbeeren sehen anders aus. Allzu große Skepsis ist aber nicht angebracht. Linde steht vor allem mit seinem Gasegeschäft (84 Prozent des Umsatzes) auf breiten Füßen. Reitzle hat auch mit geschickten Übernahmen den Konzern hervorragend aufgestellt. Europa macht 42 Prozent der Erlöse aus, Asien 30 und Nordamerika 17 Prozent, den Rest steuern Afrika und Südamerika bei. Linde ist relativ konjunkturunempfindlich, die Cash-Flows sind gut kalkulierbar. Dass der Kurs jetzt durchatmet, liegt weniger am Chefwechsel als an der insgesamt knackigen Bewertung.

Lufthansa - Zu hohe Erwartungen

Die Luftverkehrsteuer bleibt und kostet die Branche jährlich eine Milliarde Euro. Der Ausbau des Frankfurter Flughafens ist fraglich. Das größte Problem aber sind staatlich subventionierte Konkurrenten, wie Etihad, die die Preise drücken. Zwar hat die Lufthansa ein Sparprogramm aufgelegt, das zu greifen scheint; geholfen hat 2013 auch der moderate Kerosinpreis. Der könnte 2014 aber wieder steigen. Und da alle anderen Kosten schon gedrosselt werden, schlügen die Spritpreise mehr auf die Gewinne durch. Und die Erwartungen der Anleger sind im Steigflug, was sich an jüngsten Kursgewinnen und den Analystenschätzungen ablesen lässt: Die erwarten 2014 eine Verdopplung des Gewinns. Ambitioniert.

Merck - Pipeline ist trocken

Kurz vor Jahresende zündete der Pharmakonzern den Kursturbo. Die Ankündigung, den britischen Spezialchemiehersteller AZ Electronic Materials zu übernehmen, ließ die Aktie um sechs Prozent nach oben schnellen. AZ stellt Chemikalien für integrierte Schaltkreise her, die in Tablet-Computern, Smartphones oder Spielkonsolen gebraucht werden. Der AZ-Deal ist konsequent, weil die Pharmasparte auf der Stelle tritt und mögliche Biotech-Übernahmen zu teuer erscheinen. Schon jetzt ist Merck weltweit Marktführer bei Kristallen, die in Flachbildschirmen, Laptops und Handydisplays eingesetzt werden. AZ produziert unter anderem auch LEDs, die Mercks Kristalltechnologie künftig ersetzen könnten. Derzeit macht Merck mit Spezialchemie zwar nur 15 Prozent des Umsatzes, die Marge aufs Ergebnis vor Zinsen und Steuern ist mit zuletzt 43,5 Prozent jedoch mehr als doppelt so hoch wie in den übrigen drei Sparten. Merck dürfte die Übernahme von AZ vor keine finanziellen Probleme stellen, da die Kriegskasse gut gefüllt ist. Mittelfristig fehlt der Aktie vor allem im Pharmageschäft die Fantasie. Das Kostensparprogramm läuft im kommenden Jahr zum großen Teil aus. 1100 Stellen fallen bis Ende 2015 in Deutschland weg. Die Kosten werden zwar reduziert, es fehlt jedoch an Erfolg versprechenden Neuentwicklungen. Die Kooperationen mit Pharmaentwicklern werden wahrscheinlich frühestens 2017 Früchte tragen und sind zu klein, um Merck insgesamt spürbar wachsen lassen. Bis dahin steht der Pharmasparte, die etwa 60 Prozent des Umsatzes ausmacht, eine lange Durststrecke bevor. Da die Aktie in den vergangenen Monaten gut gelaufen ist, sollten Anleger erst nach einem Rücksetzer wieder einsteigen. Wer hohe Gewinne auf Merck hat, sollte sie mitnehmen.

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