Spotify, Amazon, Apple, Google Wie kreative Zerstörer die Medien-Branche aufmischen

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Wer verdient das große Geld?

Noch sind reinrassige Musik-Streaming-Dienste an der Börse selten: Anleger haben die Wahl zwischen Pandora und Sirius XM. Oder sie können via RealNetworks in Rhapsody investieren, das in Europa und Asien Napster heißt, nicht zu verwechseln mit der ersten Napster, deren Piraterie-Seite die Gerichte 2001 schlossen. Real Networks gehören nach der Ausgliederung von Napster noch knapp 50 Prozent der Rhapsody-Anteile.

Im Bild-Streaming ist Netflix aus den USA Marktführer, bietet Filme, TV-Shows und zahlreiche populäre Serien wie „House of Cards“ oder „Breaking Bad“. Laut Umfrage des Marktforschers Harris ist der TV- und Film-Streamer bei den 18- bis 36-Jährigen in den USA schon genauso weit verbreitet wie Kabelfernsehen, hat das Satelliten-TV überholt. In wenigen Wochen geht der Streaming-Dienst in Deutschland an den Start. Die größten Konkurrenten sind Hulu, ein Joint Venture von Kabelanbieter Comcast, 21st Century Fox und Disney, sowie Amazons „Prime TV“. Netflix meldet eindrucksvolle Wachstumszahlen, wird an der Börse aber sportlich bewertet: Für 4,4 Milliarden Dollar Umsatz (2013) bezahlen Anleger knapp 27 Milliarden Dollar ; das Kurs-Gewinn-Verhältnis liegt bei 115, gemessen an den Schätzungen für das laufende Jahr.

Wahrscheinlich ist es langfristig gar nicht mal die beste Idee, auf die Pure-Plays zu setzen. „Das Geschäftsmodell der reinrassigen Streamer funktioniert zwar, sobald sich mehr Leute dafür gewinnen lassen, und da sieht es sehr gut aus“, sagt Investor Dreide, „aber die Frage ist, wer am Ende das große Geld verdienen wird.“ Auffällig drängen in den letzten Wochen die Web-Giganten Apple, Google und Amazon in das Streaming-Geschäft. Apple kaufte für drei Milliarden Dollar den kleinen Anbieter Beats, besser bekannt durch seine Kopfhörer. Google übernahm den Musik-Streamer Songza und hat mit YouTube 90 Prozent Marktanteil bei Internet-Videos, die auf dem PC, Tablet oder Handy geschaut werden. Amazon bietet seit Kurzem Musik-Streaming für seine „Prime“-Kunden; Yahoo macht sich einen Namen beim Streamen exklusiver Live-Konzerte.

Die größten Plattensammlungen im Internet
BaboomKim „Dotcom“ Schmitz hat den lange angekündigten Streamingservice Baboom veröffentlicht. Dabei handelt es sich um einen „Spotify-iTunes-Hybriden“ mit einem ungewöhnlichen Vertriebsmodell. Baboom will ein Browserplugin veröffentlichen, das auf Websites eingebundene Anzeigen austauscht, Nutzern einen Anteil am daraus generierten Werbeumsatz verspricht und damit den „kostenlosen“ Download von ansonsten kostenpflichtigen Musikalben ermöglicht. Momentan besteht Baboom nur aus wenigen Unterseiten, Schmitz spricht von einer „Sneak Peek Demo“. Im Mittelpunkt steht dabei sein selbst produziertes Musikalbum „Good Times“. Seine 17 Lieder können kostenlos über die Plattform heruntergeladen werden. Quelle: Screenshot
Google Play Music Google drängt auch in Deutschland ins Geschäft mit dem Musik-Streaming. Die App "Google Play" bekommt außerdem eine Radiofunktion. Das Angebot startet am Freitag unter dem Namen "Google Play Music All Inclusive". Bis zum 15. Januar kostet der monatliche Beitrag für die Musik-Flatrate mit Offline-Nutzung 7,99 Euro. Dafür stehen den Nutzern 20 Millionen Titel zur Verfügung. Anbieter wie Simfy, Spotify, Rdio, Deezer und Napster haben auch günstigere Monatsabos.Quelle: Foto: Rainer Jensen / Google Germany Quelle: dpa
VevoVevo gehört Sony und dem weltgrößten Musikkonzern Universal Music. Der Dienst ist kostenlos und finanziert sich über Werbung. Deshalb wird nach jeweils drei Musikvideos ein Werbeclip eingespielt. Die Nutzer können in Deutschland über die Website, die Apps für Smartphones und Tablets, die Settop-Box Apple TV sowie die Spielekonsole Xbox auf Vevo zugreifen. Quelle: Screenshot
Der Live-Stream der seit März 2012 existierenden Plattform Spotify bietet Millionen Songs an. Eine Gratis-Version steht zum Download bereit, zusätzlich kann sich der Nutzer per Facebook oder Twitter mit seinem Spotify-Account verlinken und so seine erstellten Playlists teilen. Anfang 2013 hat der schwedische Internet-Dienst seine Angebote für das Musikhören unterwegs weiter ausgebaut. Auf der Mobilfunkmesse MWC in Barcelona gab der Automobilhersteller Ford bekannt, dass der Spotify-Dienst serienmäßig in seiner neuen Geländelimousine EcoSport integriert werde. Dabei komme eine spezielle Technik zur Sprachsteuerung von Apps zum Einsatz, erklärte der für Forschung zuständige Ford-Manager Paul Mascarenas nach einer Pressemitteilung. Damit könnten Autofahrer Smartphone-Apps verwenden, ohne die Hand vom Steuer nehmen zu müssen. Quelle: Screenshot
Die Streaming-Plattform Deezer ist vor allem in Frankreich sehr beliebt. 2007 startete sie als erster Gratis-Streamingdienst auf dem Markt. Heute kostet eine Mitgliedschaft, wie auch bei vielen anderen Diensten, Geld. Kostenlos gibt es nur ein Radio-Angebot und Lied-Ausschnitte. Die Plattform ist mittlerweile in mehr als 180 Ländern verfügbar.Preis: kostenlos bis 9,99 Euro monatlich Quelle: Screenshot
Die Dienste des aus Ingolstadt stammenden Programms Juke sind nur über iOs und Android abzurufen. Die Plattform bietet zwar ein 14-tägiges Probe-Abo, jedoch nur einen einzigen Kostentarif, in dem alle Premiumfunktionen schon enthalten sind. Durch eine zweiwöchige, kostenlose Probeanmeldung bei Juke hat der User zusätzlich Zugriff auf Mixtapes und diverse Radiosender.Preis: 9,99 Euro monatlich Quelle: Screenshot
Die nach einem haitischen Tanzstil benannte Musik-Plattform rara bietet, ähnlich wie Rdio, Spotify und co., eine Musikauswahl von rund 22 Millionen Titeln. Auf Wunsch kann der User über rara Songs nach Stimmungslage sortieren und eine Multifunktionsplattform benutzen.Preis: 4,99 bis 9,99 Euro monatlich Quelle: Screenshot

„Apple will die Kunden für seine Hardware, wie iPad und iPhone, über Inhalte an sich binden“, sagt Analyst McQuivey. Dazu gehören Musik, TV, Film. Wer etwa sein iPhone durch ein Konkurrenzmodell ersetzt, kann weder seine Musiksammlung, noch seine Filme und Apps weiter nutzen.

Zusätzlich wollen die Web-Giganten über Musik- und TV-Kunden an die großen Werbebudgets: 2014 werden global laut Marktforscher Wilkofsky Gruen rund 509 Milliarden US-Dollar für Werbung ausgegeben, der größte Teil davon für TV-Clips (204 Milliarden Dollar); doch rein digitale Werbeformate haben Radio und Print schon überholt, „sie werden in den kommenden Jahren am schnellsten wachsen“, sagt McKinsey-Director Bird.

„Schon in zehn Jahren wird der Großteil der Werbebudgets an Internet-Plattformen wie YouTube, Google oder Facebook gehen“, sagt Franz Blach, Direktor beim Trendforscher Ideo. „Der Vorteil aus Sicht der Werbetreibenden ist, dass Apple, Google, Amazon und Spotify, weil sie Kunden aktiv in den Auswahlprozess der Inhalte einbinden, viel mehr werberelevante Daten sammeln können als TV-Sender oder Printverlage “, sagt Blach.

„Die traditionellen Anbieter haben es versäumt, konkurrenzfähige Gegenangebote aufzubauen“, sagt Bird von McKinsey. Wer will schon eine halbe Million für eine Kampagne ausgeben, bei der man nicht weiß, wen man erreicht, wenn Google oder Apple genau das haarklein darlegen?

Google hat über YouTube 90 Prozent Marktanteil beim Video-Streaming, de facto ein Monopol, werbefinanziert und deshalb gratis. Noch finden sich dort vor allem kurze Schnipsel und Amateurvideos, die von Nutzern lizenzfrei hochgeladen werden. Google wird seinen populären Web-Streaming-Kanal aber zum interaktiven Musik- und TV-Sender ausbauen, schließt bereits Lizenzverträge mit professionellen Anbietern. Dabei nutzt Google seine Marktmacht.

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