Stelter strategisch

Weichenstellung an den Kapitalmärkten

Seite 2/2

Trump klärt die Frage

Donald Trump könnte die Streitfrage der Ökonomie beantworten: Ist es wirklich eine säkulare Stagnation, die wir bekämpfen müssen? Oder ist Geldpolitik einfach nicht mehr wirksam, weil wir schon zu lange mit Nullzinsen leben?

Mit Steuersenkungen, einem Umbau des Steuersystems zur Begünstigung heimischer Unternehmen und schuldenfinanzierten Infrastrukturprogrammen plant die neue US-Regierung die Wachstumsraten auf vier bis fünf Prozent zu treiben. Das Problem ist, dass die Zinsen mit Blick auf diese Maßnahmen bereits deutlich gestiegen sind. Damit droht Trump zu scheitern bevor er richtig angefangen hat. Der angesehene US-Vermögensverwalter GMO diskutiert die Folgen in seinem jüngsten Quartalskommentar.

Stimmt die These der Wirkungslosigkeit der Geldpolitik, würde die Wirtschaft die Erhöhung der Zinsen problemlos verkraften. Trotz Zinsen von mehr als drei Prozent für zehnjährige US-Staatsanleihen bliebe die Wirtschaft auf Wachstumskurs und die Maßnahmen der US-Regierung würden Beschäftigung und Wachstumsraten auf ein dauerhaft höheres Niveau heben. Die These der säkularen Stagnation würde also wiederlegt.

Das sind die höchsten Zinssätze in der EU
Finnland Quelle: dpa
Frankreich Quelle: dpa
Deutschland Quelle: dpa
Italien Quelle: dpa
Portugal Quelle: dpa
Griechenland Quelle: dpa
Spanien Quelle: dpa

Aus Sicht der Kapitalmärkte wäre das kurzfristig schlecht und langfristig gut. Der Zinsanstieg würde alle Vermögenswerte (Assets) deutlich unter Druck setzen. Die heutigen Bewertungsniveaus sind nur mit rekordtiefen Zinsen zu begründen. Unternehmensgewinne können gar nicht schnell genug steigen, um den Rückgang der Bewertungsmultiples aufzufangen. Noch schlimmer sieht es bei Anleihen und anderen Assets wie Immobilien und Kunst aus.

Nach der Korrektur dürften wir allerdings wieder mit normalen Renditen in der Kapitalanlage rechnen. Zinsen zwischen vier und sechs Prozent und Aktienrenditen von sechs bis acht Prozent pro Jahr wären wieder möglich. Renten und Lebensversicherungen wären wieder sicherer.

Das andere Szenario ist weitaus fataler. Stimmt die These der Dauerstagnation, dürfte der Zinsanstieg schon bald die Wirtschaft abwürgen. Die Rezession wäre da und zugleich der Beweis, dass wir uns infolge des Schuldenüberhangs in einer säkularen Stagnation befinden. Den Notenbanken bleibt keine andere Wahl als den Zinssenkungsreigen eine noch aggressivere Runde weiter zu drehen. Da Notenbanken weder die Schulden aus der Welt schaffen, noch die Produktivität steigern und die Erwerbsbevölkerung vergrößern, bliebe die Wirkung beschränkt: die realwirtschaftliche Depression verhindert und keine nachhaltige Erholung, dafür aber eine noch größere Party an den Finanzmärkten. Langfristig wären dann keine großen Renditen an den Finanzmärkten zu erwarten. Vielmehr bliebe es bei marginalen Erträgen auf Sicht von Jahrzehnten.

Liest man die Argumentation von GMO, kann man eigentlich nur zu dem gleichen Schluss kommen, wie bei der Lektüre meiner Kolumne in den vergangenen Jahren. Die Wahrscheinlichkeit für das optimistische Szenario liegt nahe Null. Die Eiszeit ist weitaus wahrscheinlicher.

Für uns in der Geldanlage ist die Strategie klar: zunächst, wie hier schon länger gepredigt, die Risiken reduzieren. Bei einer Korrektur an den Märkten wieder massiv einsteigen. Früher, wenn die Realwirtschaft mit einbricht, weil dann die Interventionen der Notenbanken nahen, später, wenn die höheren Zinsen die Realwirtschaft wirklich nicht belasten. Das ist unwahrscheinlich, aber nicht ausgeschlossen.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%