Der Knackpunkt ist die Fremdkapital-Rate von 45 Millionen Euro. Zu diesem, dem größten Bestandteil des Capricorn-Angebots wurde den Mitgliedern des Nürburgring-Gläubigerausschusses in der für den Zuschlag entscheidenden Sitzung am 11. März vergangenen Jahres laut Protokoll mitgeteilt: „Die Finanzierungsbestätigung der Deutschen Bank AG ist banküblich und valide.“
Eine höchst fragwürdige Bewertung des englischsprachigen Papiers, das der WirtschaftsWoche inzwischen vorliegt. Die Deutsche Bank hat einen fünfseitigen Brief mit beigefügter Konditionsübersicht („Term Sheet“) an Capricorn geschickt. Gleich im ersten Absatz des Briefes behält sich die Deutsche Bank vor, die Inhalte des Briefs oder des Term Sheets jederzeit zu ändern, zu ergänzen oder zu ersetzen.
Als Voraussetzungen dafür, dass die Deutsche Bank das Kreditengagement eingeht, nennt die Bank im begleitenden Brief unter anderem die Verhandlung und den Abschluss, die Ausführung und Dokumentationszulieferung für jeden Part der Transaktion. Weiterhin fordert die Deutsche Bank als Voraussetzung für den Kredit, dass sich ihre Einschätzung („opinion“) über so ziemlich alles, was am Nürburgring passiert, nicht noch wesentlich ändert – über das Geschäft, über die Vermögenswerte oder die Finanzverhältnisse der Bietergesellschaft zum Beispiel, oder über die Entwicklung der Nürburgring-Ergebnisse 2014 im Vergleich zu den vorgelegten Planzahlen.
Mehrfach verweist das Begleitschreiben auf das beigefügte Term Sheet, in dem dann seitenweise Bedingungen genannt werden, die als Voraussetzung für den Kredit erst noch zu erfüllen sind. Darunter sind erhebliche finanzielle Anforderungen, 15 Millionen Euro Eigenkapital für den Kauf, eine Garantie von Capricorn-Chef Robertino Wild über 20 Millionen Euro, zwei Kreditraten auf einem Sicherheitskonto. Unter den Bedingungen sind auch etliche Dokumentationspflichten – und manche Bedingungen, die Wild schon gar nicht mehr erfüllen konnte, als die Deutsche Bank das Term Sheet am 10. März ausstellte.
So forderte die Deutsche Bank die private Kunstsammlung von Wild als Sicherheit für den Kredit. Diese war aber bereits anderweitig verpfändet – was Anfang dieses Jahres in anderem Kontext für Schlagzeilen sorgte, als die Staatsanwaltschaft Koblenz für eine Razzia bei Wild aufkreuzte. Die bereits beliehene Kunstsammlung hatte Wild nämlich später auch noch den Insolvenzverwaltern als Sicherheit für eine Stundung der ausgefallenen zweiten Kaufpreisrate gegeben.
"Nur zu Diskussionszwecken"
Die Staatsanwaltschaft Koblenz hat deshalb ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts auf Kreditbetrug eingeleitet. Wilds Sprecher hat den Sachverhalt seinerzeit dem Grunde nach bestätigt, wies aber jede Betrugsabsicht zurück. Wild sei einem „Verbotsirrtum“ erlegen, weil der Wert der Kunstsammlung über der Summe der beiden Verpfändungen liege. Dass die zweite Eigenkapitalrate schon scheiterte, weckt jedoch auch Zweifel daran, dass Wild jemals in der Lage gewesen wäre, die Finanzanforderungen der Deutschen Bank zu erfüllen. Für die Bank waren 15 Millionen Euro Eigenkapital ebenfalls Voraussetzung.
Das einen Tag vor dem Zuschlag ausgestellte Term Sheet hat allerdings noch mehr Lücken. Es ist als Entwurf (Draft) gekennzeichnet und als indikative – also noch nicht verbindliche – Vereinbarung zu den Konditionen überschrieben. Gleich auf der ersten Seite weist die Deutsche Bank darauf hin, dass die interne Zustimmung der Gremien noch eingeholt werden muss, und dass am Ende des Term Sheet noch ein „wichtiger Hinweis“ zu beachten sei.
Dieser Hinweis hält fest, das Papier sei „ausschließlich zu Diskussionszwecken und nicht dazu gedacht, rechtlich verbindliche Verpflichtungen zwischen uns zu begründen“. Die „Important Notice“ im Englischen Original: „This term sheet is for discussion purposes only and is not intended to create any legally binding obligations between us.“ Da ist es fast schon müßig, dass die Deutsche Bank ein paar Zeilen weiter unten auch noch klar stellt, „keinerlei Haftung für jegliche direkten, [indirekt] folgenden oder sonstigen Verluste zu akzeptieren, die aus dem Vertrauen auf das Dokument resultieren.“
Für Lieser, Schmidt und KPMG war das eine valide Finanzierungsbestätigung. Wer genau vor den Mitgliedern des Gläubigerausschusses behauptet hat, die Bestätigung sei valide, ist in dem Protokoll der Sitzung nicht vermerkt. Nach Informationen der WirtschaftsWoche soll es Sachwalter Lieser gewesen sein.
Der Sprecher der Insolvenzverwalter, Pietro Nuvoloni von der Kölner PR-Agentur Dictum Law, teilt dazu auf Anfrage mit: „Die Finanzierungsbestätigung des Bieters wurde, als Ergebnis der gemeinsamen Diskussion von Verwaltern und Beratern, als banküblich und valide eingeschätzt.“ Es habe sich nicht um eine Einzeleinschätzung von Lieser gehandelt. Wer die Aussage getroffen hat, sagt er nicht. Auch auf die kritischen Punkte der vorgeblichen Finanzierungsbestätigung geht er in der Stellungnahme mit keinem Wort ein.