Die stille Reserve stellt in der Tat eine Sicherheit für Anleger dar. Doch die Zinsen können mit ihr erst mal nicht gezahlt werden. Erst wenn Reserven verwertet, also etwa Windräder verkauft wurden, kommt hierdurch Bargeld in die Prokon-Kasse. Prokon erklärt hierzu: „Es ist richtig, dass stille Reserven eigentlich erst mit dem Verkauf der Windparks liquiditätswirksam werden.“ Als Teil des Anlagevermögens stellten sie aber auch so einen Gegenwert für die eingezahlten Genussrechte dar.
Doch das löst nicht das grundlegende Problem, dass die Prokon-Gruppe aktuell mehr auszahlt, als sie verdient. Darüber hinaus ist fraglich, ob Prokons in der Bilanz angegebene Werte realistisch sind:
Laut Homepage hat der noch nicht gebaute Windpark Freesenheede einen Verkehrswert von etwa 2,6 Millionen Euro. Der Park soll ab 2014 in Betrieb genommen werden. Doch das scheint unwahrscheinlich. Die Samtgemeinde Barnstorf, zu der Freesenheede gehört, wird zwar weitere Flächen für Windparks ausweisen, aber gerade in Freesenheede, wo Prokon bereits Land gepachtet hat, „wird das wohl nicht möglich sein“, sagt Bürgermeister Jürgen Lübbers. Zum einen aus Naturschutzgründen. „Zum anderen kann dort der Mindestabstand zu anderen Windparks nicht eingehalten werden.“
Kampf um den Abschluss
Der Windpark von Projektierer BARD wird als einiger der wenigen termingerecht ans Netz gehen.
Leistung: 400 Megawatt
Der verhältnismäßig kleine Windpark von Projektierer EWE/Enova soll termingerecht ans Netz angeschlossen werden können.
Leistung: 108 Megawatt
MEG 1 ist einer von drei Windreich-Projekten. Der Windpark soll termingerecht seinen Netzanschluss bekommen.
Leistung: 400 Megawatt
Der Windpark ist bereits in Bau und geht dank eines Interimsanschlusses termingerecht ans Netz.
Projektierer: Windreich
Leistung: 400 Megawatt
Ebenfalls dank Interimsanschluss geht der dritte Windreich-Park "Deutsche Bucht" termingerecht ans Netz.
Leistung: 273 Megawatt
Der Park von Projektierer BARD bekommt einen Interimsanschluss. Geht aber mit ca. 12 Monaten Verspätung ans Netz.
Leistung: 400 Megawatt
Der Windpark von Trianel befindet sich im Bau. Auf den Netzanschluss müssen die Betreiber rund 6 Monate warten.
Leistung: 400 Megawatt
Der Vattenfall-Windpark muss sechs Monate auf seinen Netzanschluss warten.
Leistung: 288 Megawatt.
Die Mühlen von Projektierer wpd gehen ebenfalls mit rund sechs Monaten Verspätung ans Netz.
Leistung: 288 Megawatt
Der Park von Projektierer Dong muss ein halbes Jahr auf den Netzanschluss warten.
Leistung: 277 Megawatt
Der Windpark befindet sich im Bau.
Verzögerung beim Netzanschluss: rund 12 Monate
Projektierer: Wind MW
Leistung: 288 Megawatt
Verzögerung beim Netzanschluss: ca. 12 Monate
Projektierer: Energiekontor
Leistung: 111 Megawatt
Der Windpark befindet sich im Bau.
Verzögerung beim Netzanschluss: mehr als 12 Monate
Projektierer: RWE
Leistung: 295 Megawatt
Der Windpark befindet sich im Bau.
Verzögerung beim Netzanschluss: mehr als 12 Monate
Projektierer: EnBW
Leistung: 288 Megawatt
Verzögerung beim Netzanschluss: mehr als 12 Monate
Projektierer: E.On
Leistung: 288 Megawatt
Ebenfalls fraglich ist, ob Prokon in Ovelgönne je wie geplant zwei Windparks in Betrieb nehmen kann. Zwischen der Gemeinde Ovelgönne und dem Landkreis Wesermarsch tobt seit Jahren ein Streit darüber, wo in der Gemeinde Windparkflächen auszuweisen sind. Der Landkreis bevorzugt die Fläche, auf der sich Prokon Grundstücke gesichert hat, die Gemeinde will woanders bauen lassen.
Prokon erklärt hierzu: „Speziell in Freesenheede und Ovelgönne ist uns die ablehnende Haltung einzelner Amtsträger bekannt.“ Derzeit ginge man aber davon aus, „die Projekte realisieren zu können“.
Wie viel Genussrechtskapital Prokon bereits in das Ovelgönne-Projekt gesteckt hat, ist unklar. Ende November 2011 schrieb Prokon im Internet, es seien 5,3 Millionen Euro gewesen. Mitte 2012 sind es dann angeblich nur noch 1,8 Millionen Euro.
Weit hinter dem Expansionsplan
Prokon geht in einer Stellungnahme auf diesen Widerspruch nicht konkret ein und sagt, dass es je nach Planungsstand zu unterschiedlichen Bewertungen kommen könne. Das erklärt aber nicht, warum das angeblich bereits investierte Anlegergeld in sieben Monaten von 5,3 Millionen auf 1,8 Millionen Euro geschrumpft sein soll.
Hinzu kommt: Prokon liegt weit hinter dem Expansionsplan. In den vergangenen zwei Jahren sollten in Deutschland etwa 26 neue Anlagen in Betrieb gehen. Tatsächlich waren es 15. Kein einziges Rad, das Ende 2010 noch für 2012 geplant war, nahm den Betrieb auf. In Polen sollten sich 78 neue Windräder drehen, ans Netz gingen aber nur 23.
Prokon verweist auf die Unwägbarkeiten der Planungsphase eines Windparks und erklärt, dass im Gegenzug „Investitionen in den Bereichen Biomasse und Biogene Kraftstoffe vorgezogen“ sowie Bankdarlehen in Höhe von 90 Millionen Euro abgelöst worden seien.
Aber: Wenn sich Projekte verzögern, ist das ein ernstes Problem für Gesellschaft und Anleger. Jeder Park, in dem sich kein Rad dreht, bindet Millionen Genussrechtskapital, bringt aber kein Geld. Zinsen für die Anleger werden aber trotzdem fällig.