Verursacher der Finanzkrise Jagd auf Goldman Sachs, Deutsche Bank & Co.

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Stefan Ortseifen. Der Quelle: APN

Gut möglich, dass es am Ende kein Gerichtsverfahren gibt, sondern einen Vergleich zwischen Bank und Aufsicht. Nach den Skandalen zur Jahrtausendwende, als Analysten der Investmentbanken nach außen noch für Tech-Aktien getrommelt hatten, die sie intern längst als Mist bezeichneten, zahlten die Wall-Street-Banken zusammen mehr als 1,3 Milliarden Dollar.

Mittlerweile ermittelt auch die britische Aufsicht FSA gegen Goldman. Die deutsche Justiz ist alarmiert, immerhin. Die Staatsanwaltschaft in Frankfurt wartet auf Erkenntnisse der Finanzaufsicht BaFin, die wiederum bei der SEC nachgefragt hat.

Auch im politischen Berlin wird das Klima rauer für Goldman — und zunehmend auch für die Deutsche Bank. Mehrere Koalitionspolitiker, unter ihnen CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt, forderten die Regierung auf, vorerst keine Geschäfte mehr an Goldman zu vergeben. „Wir sollten die Geschäftsbeziehungen mit der US-Bank erst einmal ruhen lassen, bis die Vorwürfe eindeutig geklärt sind“, sagt Frank Schäffler, Obmann der FDP-Bundestagsfraktion im Finanzausschuss. Gegen die Deutsche Bank solle der Bund Schadensersatzansprüche wegen deren Rolle in der IKB-Affäre prüfen. Laut Schäffler sei der frühere Bundesfinanzminister Peer Steinbrück „ernst zu nehmenden Vorwürfen nicht richtig nachgegangen“ und habe keine Schadensersatzansprüche geprüft. Das müsse nun Nachfolger Wolfgang Schäuble tun.

Möglicherweise kommt es nun doch noch zu einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss zur IKB-Pleite, die die deutschen Steuerzahler rund zehn Milliarden Euro gekostet hat. In der letzten Legislaturperiode hatte die schwarz-rote Koalition noch dagegen gestimmt, auch die FDP hatte nicht darauf bestanden.

Sperrfeuer aus Berlin

Unter dem Eindruck der neuen Betrugsvorwürfe dreht sich nun die Stimmung im Parlament. „Eine parlamentarische Aufarbeitung ist überfällig“, sagt der grüne Finanzpolitiker Gerhard Schick. „Allein Goldman Sachs wäre zu billig. Die Untersuchungen und Schadensersatzforderungen müssen sich auch gegen die Deutsche Bank richten.“

Indirekt sind die IKB-Geschäfte schon vor Gericht gelandet: Der ehemalige IKB-Chef Stefan Ortseifen verantwortet sich zurzeit vor dem Düsseldorfer Landgericht wegen des Vorwurfs der Börsenpreismanipulation und Untreue. Die IKB hatte fälschlicherweise mitgeteilt, dass ihr nur moderate Verluste am US-Immobilienmarkt drohten. Ortseifen hat vor Gericht der Deutschen Bank die Schuld am Zusammenbruch der IKB gegeben. Ackermann soll auch auf Wunsch der Staatsanwaltschaft am 12. Mai als Zeuge aussagen.

Die Deutsche Bank argumentiert, dass die IKB ebenfalls eine Bank sei und bei heiklen Investments über entsprechende Kompetenz verfügen müsse. Auch zwischen professionellen Geschäftspartnern gibt es jedoch Aufklärungspflichten, wenn nur eine Partei Umstände kennt, durch die die Wette auf die Entwicklung eines Marktes unfair wird. Bei der Deutschen Bank heißt es, dass ihre Skepsis gegenüber US-Immobilien seit 2005 öffentlich bekannt gewesen sei und sie Kunden auf die Risiken dort hingewiesen habe. Das Ausmaß der Verluste, das die Deutsche Bank in Lippmanns Präsentation den Hedgefonds in Aussicht gestellt hatte, dürften Kunden wie die IKB aber nicht ansatzweise erahnt haben.

Bereits im März 2008 hatte die Kanzlei Gauweiler, die die Deutsche Bank seit Jahren wegen der Pleite des Medienunternehmers Leo Kirch mit Klagen traktiert, den Freiburger Strafrechtsprofessor Walter Perron mit einem Gutachten beauftragt. In diesem kommt er zu dem Schluss, dass ein „Betrug durch Unterlassen“ seitens der Deutschen Bank nicht ausgeschlossen werden könne. „Hätte die Deutsche Bank der IKB das Ergebnis ihrer eigenen Analysen wahrheitsgemäß mitgeteilt, hätte die IKB die Anleihen wahrscheinlich überhaupt nicht oder allenfalls zu einem wesentlich geringeren Preis erworben“, so Perron.

Während Milliardenverlierer Ortseifen vor dem Landgericht um seinen Ruf kämpft, genießen die glücklichen Gewinner der Subprime-Krise ihren Reichtum, auch dank der Analyse von Deutsche-Bank-Händler Lippmann. Der stieg bei der Deutschen Bank bis zum Chef des CDO-Handels auf, wird das Institut jedoch jetzt verlassen.

Er geht zu einem Hedgefonds – aber nicht zu Paulson.

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