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Christoph Werner im Interview „Nachhaltigkeit ist auch eine soziale Frage“

Christoph Werner führt Deutschlands größten Drogeriekonzern dm. Was Nachhaltigkeit mit individueller Freiheit und einer guten Zukunft zu tun hat, verrät der Juror des Sustainable Impact Awards im Interview.

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Christoph Werner, Jahrgang 1972, ist seit September 2019 Vorsitzender der Geschäftsführung des Drogeriehändlers dm-drogerie markt, kurz dm. 2010 kam der Sohn des Firmengründers Götz Werner ins Familienunternehmen, nachdem er zuvor 15 Jahre lang bei GlaxoSmithKline in den USA und bei L‘Oréal in Frankreich Erfahrungen gesammelt hatte. Quelle: Christina Riedel

Herr Werner, welche Rolle spielt Nachhaltigkeit, wenn Sie privat einkaufen gehen?
Sparsamer Umgang mit den Ressourcen war schon in meiner Kindheit ein geflügeltes Wort in unserer Familie. Das hat mich geprägt. Wenn es sinnvolle ökologische Alternativen beim Einkaufen gibt, nutze ich die. Ich achte auch darauf, nur das zu kaufen, was wir wirklich brauchen. Lebensmittel in den Abfall werfen zu müssen, weil sie verdorben sind, ist mir ein Graus.

Wie definieren Sie Nachhaltigkeit im Unternehmenskontext?
Nachhaltigkeit bedeutet Zukunftsfähigkeit. Denn die eigentliche Frage ist doch, in welcher Welt wir künftig leben wollen. Unsere heutigen Entscheidungen haben Auswirkungen auf die Welt von morgen. Wenn wir ein Leben weiterhin in Freiheit anstreben, ist es sinnvoll, uns heute so zu verhalten, dass unsere Freiheit durch die Lebensumstände morgen größer und nicht kleiner wird. Wir müssen daher die Folgen unseres Handelns in den Blick nehmen. Meine Beobachtung ist, dass Menschen mit dieser Perspektive verantwortungsbewusst Entscheidungen treffen.

Wer den Begriff hört, denkt nicht sofort an Mitarbeiterzufriedenheit beziehungsweise die soziale Komponente von Nachhaltigkeit. Warum gehört beides zusammen?
Auf der Erde wird sich immer wieder ein ökologisches Gleichgewicht einstellen, egal wie viel CO2 wir freisetzen. Nur: Werden wir bei einem anderen ökologischen Gleichgewicht unser Leben auf dieser Erde noch in Freiheit gestalten können? Daher ist Umweltschutz in seiner Konsequenz eine soziale Frage. Aufgeklärte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wissen, dass auch Unternehmen nur langfristig Bestand haben werden, wenn maßvoll mit Ressourcen umgegangen wird. Aufgabe der Unternehmensverantwortlichen ist es, Zusammenarbeitsformen so zu ermöglichen, dass gute Ideen zum Ressourcenschutz eingebracht werden und zu konkreten Handlungen führen.

Sustainability wird zuweilen als Verkaufs- und Marketingbegriff verwendet, Stichwort Greenwashing. Woran erkennt man Ihrer Meinung nach, dass ein Unternehmen den Nachhaltigkeitsgedanken verinnerlicht hat und wirklich lebt?
Hilfreich ist, darauf zu achten, ob Sustainability nur in der Werbung und in der Zusammensetzung einzelner Produkte vorkommt, oder ob die Idee der Nachhaltigkeit auch sonst im Unternehmen zu erkennen ist. Geht es nur um den schnellen Euro oder wird wirklich an den Voraussetzungen für langfristigen Erfolg gearbeitet?

Sie waren vor Ihrer Tätigkeit als Vorsitzender der Geschäftsführung viele Jahre lang bei dm unter anderem für die Beschaffung zuständig. Wie herausfordernd ist es, ein Einzelhandels-Sortiment von circa 18.500 Artikeln nachhaltiger zu machen?
Nachhaltige Produkte anzubieten, ist eine Chance - wenn Kundinnen und Kunden auch tatsächlich solche Produkte wollen. In Deutschland beobachten wir ein zunehmendes Interesse daran und haben daher unser Sortiment entsprechend weiterentwickelt. Wichtig ist, den Kundennutzen so in der Kommunikation zu verdeutlichen, dass er auch leicht verstanden wird.

Damit es sich um, sagen wir, ein nachhaltiges Shampoo handelt, ist es ein Anfang, die Flasche aus recyceltem Material herzustellen. Was muss aus Ihrer Sicht noch erfüllt sein, damit ein Produkt wirklich nachhaltig ist?
Wichtig ist eine belastbare Ökobilanzierung von der Herstellung über alle Schritte des sogenannten Lebenszyklus bis zur sogenannten Entsorgung. Darauf basierend lässt sich entscheiden, wie ein Produkt so hergestellt werden kann, dass der ökologische Fußabdruck so gering wie möglich ist, ohne den eigentlichen Nutzen des Produktes zu opfern.

Ein Credo von dm ist, die Zukunft ökologisch zu gestalten. Damit sind Sie recht erfolgreich. Wird das Bekenntnis eines Unternehmens zu Nachhaltigkeit künftig zwischen Erfolg und Misserfolg entscheiden?
Je wichtiger Nachhaltigkeit für Kundinnen und Kunden wird, umso mehr entscheidet dieser Aspekt über die Zukunftsfähigkeit einzelner Unternehmen.

Coronapandemie, Lieferkettenverwerfungen, die Inflation und jetzt die beispiellose Energiekrise setzen besonders kleinen und mittelständischen Unternehmen arg zu. Erwarten Sie, dass unter diesen Umständen der Trend zu nachhaltigem Wirtschaften in den Unternehmen leiden wird?
Nachhaltiges Wirtschaften bedeutet, sparsam mit den Ressourcen umzugehen. Dieser Ansatz ist dann ökologisch nachhaltig, wenn die durch die Herstellung und den Konsum anfallenden Umweltkosten sich verursachungsgerecht in den Preisen abbilden. Die derzeit sehr hohen Energiekosten führen bereits zu einem sparsameren Umgang mit Energie und zeigen, dass der Marktpreis Auswirkungen auf die Ressourcenallokation hat.

Welche Strategie würden Sie KMU empfehlen, die ernsthaft nachhaltiger werden wollen?
Sie sollten zuerst differenziert verstehen, was die Kundinnen und Kunden wirklich wollen. Dann sollten sie Raum für das Kreativpotential geben und die erfolgversprechendsten Ideen ausprobieren, um einen entsprechenden Nutzen für die Kundschaft zu stiften. Anschließend ist es sinnvoll, die Kundenresonanz genau zu beobachten und in die Weiterentwicklung einzubeziehen.

Sie sind Jurymitglied beim Sustainable Impact Award und haben zahlreiche Beispiele für nachhaltige Unternehmensideen gesehen. Was hat Sie am meisten beeindruckt?
Ich war erstaunt über die Vielfalt an Ideen in den unterschiedlichen Branchen. Diese zeigen, dass Sustainable Impact nicht nur im produzierenden Gewerbe, sondern auch in der Dienstleistung möglich ist. Je mehr es gelingt, die Ideen der Menschen in den Unternehmen mit einzubeziehen, umso vielfältiger werden die Ansätze. Das macht Lust auf Zukunft!

Die Gewinner des Sustainable Impact Awards erhalten ihre Auszeichnung am 22. September bei der feierlichen Verleihung auf dem EUREF Campus in Berlin. Weitere Informationen finden Sie hier.

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